Und so verpasse ich auch das Anlegen in Hammerfest. Erst die Durchsage des Kapitäns, dass er sein Werk vollendet habe und die Behörden das Schiff bereits freigegeben haben, holt mich aus den Träumen.
Es ist jetzt kurz vor 10 – also durchaus Zeit, mal übers Aufstehen nachzudenken. Naja, nicht nur nachzudenken, sondern es auch zu tun. Zumal es ja nur bis 11.00 Uhr Frühstück gibt (und das ist auch schon nur noch das „kleine Frühstück“ im Calpyso).
Dort stelle ich allerdings fest, dass ich nicht der einzige bin, der die anderen Frühstückszeiten ignoriert (oder verpasst) hat – das Calypso ist randvoll. Und so verwundert es auch nicht, dass das kleine Frühstück dann doch eher dem normalen ähnelt – zumindest bekomme ich alles das, was ich sonst auch frühstücke.
Das Schiff haben inzwischen vermutlich nur diejenigen verlassen, die heute einen Ausflug gebucht haben, alle anderen sitzen hier beim Frühstück zusammen. Und es werden irgendwie nicht viel weniger – diejenigen, die gehen, werden durch die ersetzt, die noch kommen. Und nur vereinzelt sieht man Leute individuell das Schiff verlassen.
Das ändert sich dann erst gegen 11.00 Uhr, als auch die letzte Frühstücksmöglichkeit ihre Pforten schließt. Und da es bis zum Mittagessen ja noch 1 ½ Stunden sind, kann man in der Zeit auch genauso gut mal schauen, was es in Hammerfest so zu sehen gibt.
Und das sind eigentlich nur zwei Sachen – zum einen die Meridiansäule und zum anderen der Eisbärenclub. OK, Kirchenfans würden wohl auch die beiden Kirchen noch erwähnen.
Und da die Sonne inzwischen Wolken und Nebel restlos verdrängt hat, entscheide auch ich mich für einen Spaziergang in Hammerfest. Da wir nicht direkt in der Innenstadt liegen (sofern man hier überhaupt von „Stadt“ sprechen kann) sondern an der gegenüberliegenden Hafenseite (die Anlegestelle in der Stadt wird aktuell von der Nordnorge, einem Schiff der Hurtigruten-Flotte belegt), steht mir jetzt ein gut 30-minütiger Spaziergang bevor.
OK, alternativ könnte man einen von AIDA eingesetzten Shuttlebus für die Strecke nutzen – da zum einen das Wetter aber so gut ist, dass ich mich inzwischen sogar von meiner Jacke getrennt habe und somit nur noch mein T-Shirt ausführe und zum anderen für das Ticket (Hin- und Rückfahrt) 10,00 € aufgerufen werden, bleibe ich bei meiner Spaziergang-Idee (wie übrigens die meisten anderen Passagiere auch).
Ich beginne dabei mit einem Abstecher zur Meridian-Säule, die nur fünf Minuten vom Schiff entfernt steht (das erklärt auch, warum ich die 2008 mit Hurtigruten nicht gesehen habe – da lagen wir halt auf der falschen Seite …). Sie wurde 1854 zur Erinnerung an die erste wissenschaftliche Vermessung der Welt aufgestellt – an ihrer Stelle lag einer der knapp 40 Messpunkte zwischen Norwegen und dem Schwarzen Meer. Und alle sind inzwischen Weltkulturerbe der UNESCO (wieder ein Haken mehr auf der Liste).
Von hier aus kann man dann entlang dem Hafen bis in die Innenstadt von Hammerfest laufen – ein schöner Spaziergang, der nebenbei auch noch tolle Fotomotive bietet. Sei es der Blick auf die Berge, das blau schimmernde klare Wasser oder dann eben auch die AIDAcara.
In Hammerfest angekommen fallen als erstes jedoch viele heruntergekommene Häuser in der Stadt auf, viele davon offensichtlich von ihren Bewohnern verlassen. Und das scheint auch eines der Probleme der Stadt zu sein – die Anzahl der Einwohner reduziert sich ständig, viele verlassen die Stadt, um in eine richtige Stadt mit entsprechender Infrastruktur zu ziehen bzw. kommen nur noch in den wenigen Sommermonaten hierher zurück.
Unabhängig davon gibt es hier aber dennoch eine zweite Sehenswürdigkeit. Wobei „Sehenswürdigkeit“ es eigentlich nicht ganz trifft – es handelt sich viel mehr um einen Verein. Nun sind Vereine in Norwegen zwar nicht so verbreitet wie in Deutschland (wo ja angabegemäß immer dann ein Verein gegründet wird, wenn sich sieben Personen – die Mindestzahl an Gründungsmitgliedern für einen Verein- zufällig treffen) – aber dennoch nicht so außergewöhnlich, dass man sie zur Sehenswürdigkeit machen würde.
Bei diesem hier ist das aber etwas anderes. Der „Isbjørnklubben“ (Eisbärenclub) ist vermutlich der bekannteste Verein der Welt. Er hat aktuell mehr als 250.000 (!) Mitglieder – und viele der AIDA-Passagiere sind es jetzt auch. Ganz im Sinne der Sendung mit der Maus: „Klingt unlogisch – ist aber so.“
Natürlich fragt man sich unweigerlich, warum Touristen, die sich nur wenige Stunden in Hammerfest aufhalten, Mitglied in einem Verein werden. Nun, das ist schnell erklärt – der Eisbärenclub ist ein Verein, der sich dem Schutz der Eisbären verschrieben hat und hierzu ein kleines Museum in Hammerfest betreibt. Und da haben nur Vereinsmitglieder Zutritt. Und das erklärt dann auch die hohe Zahl an Vereinseintritten.
Eine Mitglieds- oder Jahresgebühr fällt übrigens nicht an; es wird lediglich eine einmalige Aufnahmegebühr von 180 Kronen erhoben. Und dafür gibt es dann lebenslangen freien Eintritt ins Museum, eine Eisbärenclub-Anstecknadel und den Mitgliedsausweis (und wenn ich zu Hause daran gedacht hätte den mitzunehmen, hätte ich heute auch noch mal ins Museum gehen können). Ach ja, es gibt zukünftig dann auch jeweils eine Einladung zur jährlichen Jahreshauptversammlung Ende Januar – es ist aber wohl eher nicht zu vermuten, dass dazu alle Mitglieder anreisen … 😉
Und noch etwas muss man wissen: Mitglied werden kann nur, wer persönlich im Club vorstellig wird. Eine Vertretung ist dabei ebenso wenig zulässig wie ein Beitritt über das Internet – und das macht die Mitgliedschaft dann halt doch zu etwas Besonderem (so hört man beispielsweise, dass Elvis Presley gern Mitglied geworden wäre, man ihm das aber immer verweigert habe, da er niemals persönlich in Hammerfest gewesen sei).
So, und da ich mangels Mitgliedsausweis sowieso nicht reinkomme (und im Prinzip ja eigentlich auch weiß, was ich zu sehen bekommen würde), mache ich mich – nachdem ich noch ein paar schöne Fotos von AIDA im Hafen machen konnte – auf den Rückweg zum Schiff.
Das Wetter ist nach wie vor gnädig mit uns – ein T-Shirt reicht heute in jedem Fall. Wobei ich auf dem Pooldeck auf eine ältere Dame getroffen bin, die ihrer Enkelin eine dicke Jacke verordnet hat – „weil wir hier in Norwegen sind“. Da kommt es also offensichtlich nicht auf die Temperatur sondern auf den Ort an. Auch eine interessante Theorie – wobei ich mal nicht denke, dass sie zu Hause bei knapp 20°C eine Winterjacke anziehen muss …
Naja, wie auch immer – ich genieße das Wetter und den kleinen Spaziergang zurück zum Schiff. Und bin froh, nicht den Shuttlebus genommen zu haben – und zwar nicht wegen der 10 € sondern einfach wegen dem schönen Wetter.
Das nutze ich dann übrigens auch gleich auf dem Schiff weiter aus. Ich bringe kurz meine Sachen zurück auf die Kabine, esse noch schnell einen Teller „Männerobst“ im Calypso (das sind normale Früchte, die hier allerdings bereits in mundgerechte Stücke geschnitten sind – und dann schmeckt so was auch) und mache mich dann auf den Weg auf das FKK-Deck in die Sonne.
Dieses Mal bin ich auch nicht der erste hier oben (sondern der zweite) – und bis die Sonne hier nachher von Wolken verdeckt werden wird, werden wir auch schon zu fünft sein. Was im Übrigen diejenigen verwirrt, die in den letzten Tagen dieses Deck – mangels Nutzung als Nacktbereich – als Spazierweg genutzt haben … die meisten kehren heute relativ schnell wieder um. Und mit ein bisschen Glück bleibt das – wetterbedingt – dann jetzt ja auch so …
Nach rund zwei Stunden ist dann aber schon wieder alles vorbei. Einige vorwitzige Wolken ziehen auf – und zwar genau da, wo aktuell die Sonne ist. Mit dem Ergebnis, dass es dann doch etwas frisch wird. Und das ist dann auch der Punkt, an dem ich noch einen Saunagang mache (vielleicht schaffe ich es ja doch ohne Erkältung) und mich dann in die AIDA Bar zurückziehe, um ein bisschen was auf generalalarm.de einzustellen – hier hat man einfach den besten Internetempfang (und zu Trinken gibt es auch etwas).
Pünktlich mit dem Ablegen verschlechtert sich dann aber auch die Internetverbindung rapide, so dass ich die Gelegenheit nutze, mal im Marktrestaurant vorbeizuschauen – da ist heute nämlich „Asien“ angesagt.
Und da Japan ja nun auch in Asien liegt und Sushi aus Japan kommt, könnte es ja sein, dass … und genau so ist es auch. Eine große Platte Sushi erwartet uns. OK, nachdem ich dran war, ist die Platte zwar immer noch groß, aber nicht mehr so wirklich voll 😉 Schön wäre es jetzt nur, wenn es dazu auch Stäbchen geben würde – Sushi ist mit Messer und Gabel ja schon irgendwie schwierig zu essen …
Aber es gibt ja nicht nur Sushi – sondern alle möglichen Varianten von asiatischem Essen … und damit kann ich mich richtig gut anfreunden. Und natürlich esse ich wieder zu viel. Und auch wenn ich versuche, den Reis liegen zu lassen – mit Low Carb klappt das heute irgendwie nur begrenzt … Naja, ich lasse dafür das Eis weg und esse stattdessen noch mal einen Teller Männerobst.
Kurz bevor ich gehen will, setzt sich allerdings noch eine Dame an den Nebentisch. Und von der muss ich noch berichten. Es ist jetzt nämlich 19.25 Uhr – also fünf Minuten vor Ende der ersten Sitzung (heißt auf AIDA übrigens „Genießerzeit“). Und irgendwie will sie wohl nicht auf die zweite warten – was zur Folge hat, dass sie nur einen Gang ans Buffet hat. Und den absolviert sie mit einem Dessertschälchen. Und da ist dann alles drin, was sie am Buffet so gesehen hat … das Teil ist übervoll und beinhaltet so in etwa alles das, was ich auch gegessen habe: Reis, Ente, Sushi, Rindfleischsalat, Glasnudeln, … selbst Wasabi hat sie noch an den Rand geschmiert. Unglaublich … wobei: sie ist immerhin mit einer Gabel – ich hatte befürchtet, sie verwechselt das mit einem Hundenapf …
Ich gebe zu, das Elend möchte ich mir nicht länger anschauen – und so mache ich mich auf den Weg in die AIDA Bar … immer noch rätselnd, was so jemandem im Kopf vorgeht …
Unterwegs nehme ich noch rasch zwei bestellte Fotos am Fotoshop mit und genehmige mir dann noch einen Ramazotti Sour (den gibt es als Mixgetränk gegen einen Cocktailgutschein, einen normalen Ramazotti nicht) und einen Cappuccino, bevor ich mich dann entschließe, noch ein bisschen auf der Kabine zu Lesen.
Im Theater gibt es heute den dritten Teil des Terri Green Projects (das ist die Soul-Band) – und die sind zwar sicherlich gut, aber nicht unbedingt mein Geschmack. Da bin ich allerdings nicht der Einzige – und so verschiebt sich der Leseabend noch ein bisschen. Ich treffe nämlich noch auf zwei Mitreisende, mit denen ich zusammen die Ausflüge in Reykjavik und Akureyri gemacht habe – somit verlängert sich mein Aufenthalt in der AIDA Bar doch noch etwas … 😉
Gegen 23.00 Uhr komme ich dann aber endlich in meine Kabine, stelle fest, dass die Sonne auch heute wieder nicht untergeht (ab morgen dann aber wieder), lese noch ein paar Kapitel und schlafe dann beim zweiten Teil des Reisefilms ein, der seit heute Abend auf Kanal 2 vorgestellt wird.