„Weiße Nächte“ – dieser Begriff bekommt ein Gesicht, wenn man nachts mal aus dem Fenster schaut … wir haben zwar gegen 23.00 Uhr einen Sonnenuntergang und auch gegen 4.00 Uhr wieder einen Sonnenaufgang – dazwischen muss die Sonne aber ganz in der Nähe sein: Dunkelheit ist nämlich etwas anderes. Die ganze Nacht durch herrscht eine gewisse „Dämmerbeleuchtung“ – nicht gerade taghell, aber doch so, dass man sich in der Kabine gut orientieren kann. Auch mal eine neue Erfahrung …
Unseren Schlaf stört das eher nicht … sondern eher der Wecker (also TV-Gerät und Telefon), der uns um 6.45 Uhr aus den Träumen reißt: St. Petersburg ruft. Ein kurzer Blick aus dem Fenster offenbart schönstes Wetter (es sind aktuell bereits 23 Grad) – und es soll noch besser werden: 28 Grad werden als Höchsttemperatur aufgerufen. Nicht schlecht für eine Stadt an der Ostsee …
Nach einem kurzen Boxenstopp in der Nasszelle machen wir uns auf den Weg ins Bella Donna zum Frühstück – die üblichen Kleinigkeiten finden den Weg in den Stephan und den Harald … bis auf den Orangensaft – der muss künftig draußen bleiben. Leider stimmt hier die Mischung nicht mehr wirklich zwischen Saft und Wasser – insbesondere wenn man den Frischgepressten aus dem Buffalo zum Vergleich heranzieht.
Aber der Rest ist so wie man es erwarten würde – also machen wir uns frisch gestärkt auf den Weg ins Theatrium – den Treffpunkt zu PET01, unserem heutigen Ausflug. Hier treffen wir – neben 400 weiteren Passagieren – auch auf Luzia und Jakob, mit denen wir den heutigen Tag gemeinsam verbringen wollen.
Nach einer kurzen Einführung in die Gegebenheiten bei der Einreise nach Russland (neben dem Reisepass wird eine zweimal unterschriebene Landgangskarte benötigt sowie das Ausflugsticket, bei dem der erste Abschnitt nicht abgetrennt sein darf (im Gegensatz zu allen bisherigen Ausflügen)) und der morgendlichen Ansprache durch „Capt. Out“ (der trotz des guten Wetters vor kleinen Regenschauern am Nachmittag gewarnt hat) geht es dann auch schon los. Wir verlassen das Schiff auf Deck 3, erreichen nach wenigen Metern die Grenzkontrollen, lassen den Facecheck über uns ergehen und erfreuen uns an weiteren Stempeln im Reisepass bevor wir uns in Bus Nummer 3 wieder finden.
Unsere Reiseleiterin (Veronika) nimmt uns in Empfang, berichtet vom Plan für den heutigen Tag und schließt mit den Worten: „Und diesen Plan werden wir erfüllen…“ Hm, ob da vielleicht die eine oder andere Veränderung an ihr vorübergegangen ist? 😉 Aber der Plan ist gut – zunächst gibt es eine ausführliche Stadtrundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten (um alle zu sehen, müsste man sicher wesentlich länger hier bleiben), dann ein gemeinsames Mittagessen und am Nachmittag die Besichtigung des Peterhofs sowie der Wasserspiele im Garten.
Doch fangen wir von vorn an. Die meisten unserer Reisebusse haben eine deutsche Vergangenheit – das macht sich an nicht entfernten Aufschriften, an Texten wie „Das Dachfenster nur bei eingeschalteter Zündung öffnen“ sowie an 100-km-Aufklebern mit deutschen Siegeln bemerkbar. Vermutlich hat man diese irgendwann mal nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst günstig nach Russland verkauft – und heute sitzen wir dann doch wieder drin …
Aber es wird alles gut gehen (naja, fast alles) … aber dazu später mehr.
Zunächst fahren wir (oder sollte ich besser sagen, stehen wir im Stau) zum Panzerkreuzer Aurora, zur Bluts- oder Erlöserkirche, zur Isaakskathedrale sowie zur Innenbesichtigung der Kasaner Kathedrale. Überall sind Fotostopps vorgesehen und wir erfahren viel über die geschichtlichen Hintergründe durch Veronika (der Name passt übrigens nicht ganz zur Person; hier hätte man eher so etwas wie „Olga“ erwartet).
Anschließend geht es – nach wie vor bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen – zum Museum für Kommunikationstechnik. Hier hat man in einem großen Saal für uns das Mittagessen vorbereitet. Leider klappt es sitztechnisch nicht so richtig gut – aus vier Personen werden hier drei plus eins … 🙁
Die Vorspeise steht bereits auf dem Tisch: ein kleiner Salatteller. Darum verteilt mehrere Messer, Löffel und Gabeln – es schein also noch mehr zu geben. 🙂 Und so ist es auch – kurze Zeit später kommt ein Kellner vorbei und offeriert Prosecco oder alternativ einen russischen Wodka. Natürlich habe ich den Wodka genommen – und der war richtig gut.
Und da Alkohol ja bekanntlich auch keine Lösung ist, gibt es dazu gleich eine leckere Gemüsesuppe – und Unterhaltungsprogramm. Zwei russische Musiker, bewaffnet mit Balalaika und Akkordeon und unterstützt durch einen Tänzer und zwei Sängerinnen, geben russische Weisen zum Besten. Und dann geschieht es – es werden vier Personen aus dem Publikum geholt, die hierbei unterstützen sollen. Und wie es der Zufall so will, sind Luzia und Stephan mit dabei – beide haben damit auch Bühnenerfahrung in Sankt Petersburg sammeln können … macht sich sicher gut in der Vita.
Während Luzia mit einer Art Holzkartenspiel klappernde Geräusche erzeugt, hat Stephan – mit einem grünen Käppchen auf dem Kopf – eine Art Tamburin erhalten und klingelt damit im Takt der Musik … eine sehr gelungene Darbietung! Dass jetzt allerdings schon die Gäste das Unterhaltungsprogramm auf AIDA selbst gestalten müssen, ist neu … 😉
Essenstechnisch geht es inzwischen übrigens weiter mit (vermutlich) Hühnerfrikassee an einem Reisbällchen sowie zum Abschluss einem Becherchen Eis. Also alles nichts, was einen vom Hocker reißt (erwartet hier aber auch niemand), aber dafür durchaus schmackhafte und leckere Kost. Ich würde mal sagen, in Art und Umfang dem Anlass angemessen. 🙂
Eine knappe Stunde nach unserer Einkehr verlassen wir den Mittagstisch – und stellen auf dem Weg zum Bus bereits fest, dass sich etwas verändert hat. Richtig – die Sonne ist jetzt weg (also sie ist natürlich noch da, aber jetzt sind Wolken davor). Es ist zwar nicht kälter geworden dafür aber deutlich feuchter. Wir schaffen es noch in den Bus und legen die ersten Minuten auf unserem Weg zum Peterhof zurück, als wolkenbruchartige Regenfälle über uns niedergehen. Glücklicherweise sind wir ja im Bus – unglücklicherweise hat dieser aber seine besten Tage bereits hinter sich. Während ich die Zeit nach dem Mittagessen mit einem kleinen Nickerchen überbrücke, ist wohl Wasser in die Klimaanlage eingedrungen und durch einen kleinen Schlitz wieder ausgetreten – und der ist natürlich direkt über mir. 🙁
Ich wache sofort auf – kaltes Wasser von oben ist eher unangenehm beim Schlafen – und wechsle den Platz, an dem ich mein Nickerchen fortsetze. Allerdings nur, bis sich das restliche Wasser den Weg durch die Elektroinstallation gesucht hat – dann wache ich von dem Wasser auf, das über mir aus der Lampe tropft. Im Übrigen nur aus einer Lampe – nämlich aus meiner. Ich nehme also den dritten Platz ein – und da das der letzte freie (trockene) Platz ist, hoffe ich inständig, dass nicht noch in der Gepäckablage Wasser steht …
Aber ich habe Glück und bin bis zum Peterhof einerseits wieder getrocknet und andererseits nicht erneut nass geworden – alles gut … zunächst.
Wir machen uns nun – nach einer kurzen „biologischen Pause“ (neudeutsch für „Toilettenbesuch“) – auf den Weg zum Großen Palast im Peterhof. Leider machen sich auch die Regenwolken auf den Weg. Und während wir noch etwa eine Wartezeit von dreißig Minuten zu absolvieren haben, nähern sich die Wolken bedrohlich. Der Himmel verfärbt sich erst dunkel, dann tiefschwarz. Der eine oder andere Donner deutet Unheil an und selbst die Vögel verschwinden aus der Luft …
Und dann passiert es: der Himmel öffnet sich und binnen weniger Sekunden sind hunderte von Menschen bis auf die Knochen durchnässt. Man könnte gerade meinen, die haben alle an einem „Wet-T-Shirt-Contest“ teilgenommen … Ach ja, interessant ist auch die Reaktion einer einzelnen Dame auf das Eindringen des Regenwassers unter die Kleidung – sie kommt aus dem Lachen (worüber eigentlich?) nicht mehr heraus … Im Gegenteil: je stärker es regnet und je nasser es wird, umso lauter wird das Lachen. Zumindest das verbreitet Laune … 🙂
Wir können uns zwar rechtzeitig unter einen Türrahmen stellen und haben auch einen kleinen Schirm dabei – das nutzt aber leider nur ein bisschen was, so dass wir den Weg in die Ausstellung leicht feucht bis komplett durchnässt antreten.
Und dabei kommen wir fast nicht rein. Der Typ, der die Tür auf und dann wieder zu macht, ist irgendwie der Ansicht, dass die Tür genau vor mir zuzugehen hat. Drinnen ist es trocken, draußen regnet es in Strömen – naturgemäß sehe ich das anders. Und wir waren uns dann auch schnell einig – die Tür bleibt doch noch einen Moment offen. 🙂
Damit erwischt es jetzt allerdings Stephan – wir sind drin, er ist draußen. Der Typ lässt sich auch auf keine Diskussion mehr ein (und mit mir schon gar nicht), so dass Veronika zu Hilfe eilen muss. Jetzt kann ich leider kein Russisch, so dass mir der lautstarke Dialog (also eher Monolog) zwischen dem Türsteher und Veronika entgangen ist – aber die Tür ist danach ruckzuck wieder offen – und Stephan drin bei uns.
In der nächsten Stunde sehen wir nur Prunk in seiner größten Ausprägung. Gold und Gemälde, edle Hölzer und Arbeiten sind im Großen Palast zu besichtigen – ausführlich erläutert von unserer Reiseleiterin. Im Übrigen ist man hier technisch auf dem neuesten Stand: jeder von uns hat einen kleinen Empfänger mit Kopfhörer erhalten während Veronika ihren Vortrag per Mikrofon sendet – unser persönliches Radioprogramm sozusagen.
Leider hört der Regen nicht ganz auf sondern schwächt sich nur deutlich ab – für einen Rundgang in der Parkanlage ist es uns eindeutig zu nass. Von daher beschränken wir uns auf ein paar Fotos aus der Ferne bevor wir zu unserem Bus zurückgehen.
Die Rückfahrt zum Schiff ist dann eher wenig spektakulär – außer einem weiteren kräftigen Regenguss passiert nicht viel. OK, wir stehen wieder im Stau (dieses Mal in die andere Richtung) – aber das ist hier wohl normal.
Von daher erreichen wir das Schiff auch erst kurz nach halb sieben – und um 19.00 Uhr wartet man im Buffalo auf uns. Also teilen wir uns auf – während Luzia und Stephan die Nasszellen in den Kabinen aufsuchen, springen Jakob und ich schnell durch die Duschen in der Sauna … und siehe da: absolut pünktlich stehen wir, frisch und trocken, am Eingang zum Buffalo Steak House.
Eine Neuerung fällt dabei gleich ins Auge: auf allen Tischen stehen iPads bereit – diese können alternativ zur gedruckten Speisekarte verwendet werden und bieten somit nicht nur ausführlichere und detailliertere Informationen zu den einzelnen Gerichten sondern auch Fotos vom zu erwartenden Ergebnis. Nett gemacht …
Bestellt wird übrigens noch herkömmlich beim Kellner: ein Filet Mignon, ein 480g-Porterhouse Steak, ein Kobe Steak und ein irisches Rumpsteak finden den Weg über den Grill an unseren Tisch – und bestätigen wieder einmal die Qualität des Buffalo Steak House … ein Gedicht.
Und da wir morgen wieder früh raus müssen (wir sind ja overnight in St. Petersburg und haben morgen einen weiteren Ganztagesausflug gebucht), passiert heute Abend nicht mehr viel. Wir gehen noch ein Stündchen in die AIDA Lounge und spielen Kniffel – und damit findet der Abend dann auch einen netten Abschluss …