5.00 Uhr – der Wecker (das Handy) klingelt: Wir erreichen gleich die Einfahrt in den Hardangerfjord und es ist an der Zeit, die ersten Fotos in Norwegen zu machen. Das Wetter spielt nur insofern mit als dass es nicht regnet, der Himmel ist jedoch wolkenverhangen (wobei das auf den Fotos gar nicht so schlecht aussieht) – allerdings ist es nach wie vor ziemlich frisch vor der Tür (besser gesagt: es ist nach wie vor saukalt im Wind). Die Schönheit der Natur macht das allerdings wieder wett. Der Hardangerfjord schlängelt sich rund 180 km ins Landesinnere und wird dabei von bis zu 1.600 m hohen Bergen und unzähligen Wasserfällen umsäumt.


Unsere heutigen Etappen heißen Ulvik und Eidfjord, wobei die AIDA zunächst in Ulvik auf Reede liegt (d.h. das Schiff ankert vor Ulvik, so dass die Passagiere, die einen hier startenden Tagesausflug gebucht haben, mit Rettungsbooten an Land übergesetzt werden). Anschließend geht es dann weiter nach Eidfjord, wo das Schiff im Hafen ganz normal anlegt und alle Passagiere abends wieder mitnimmt.

Ich habe heute den Ausflug „ULV02“ (Flåmsbahn und Stalheimschlucht) gebucht und darf daher bereits in Ulvik aussteigen. Auf diese Art und Weise kann ich mit 99 anderen Passagieren auch einmal das Erlebnis „Rettungsboot“ ausprobieren – wie da im Notfall allerdings noch vierzig Leute mehr reinpassen sollen, ist mir ein Rätsel: selbst bei 100 Personen ist eigentlich schon alles besetzt, was zum Sitzen geeignet scheint – naja, irgendeiner wird das ja sicher mal ausgerechnet haben.

Bereits nach zehn Minuten haben wir festen Boden unter den Füßen – unser Ausflug beginnt. Insgesamt werden wir rund acht Stunden unterwegs sein, so dass die Wahl eines guten Platzes im Bus nicht ganz nebensächlich ist. Diese Idee haben aber auch andere und so erstaunt es schon, zu welchen Leistungen die teilweise doch gesetzteren Herrschaften noch fähig sind – sei es beim Spurt zum Bus oder beim Verteidigen freizuhaltender Plätze. Dem Kommentar eines Mitreisenden kann ich mich nur anschließen: „Je oller, je doller“. Aber auch hier zeigt sich, das antizyklisches Verhalten oft zum Ziel führt: da jeder die vorderen Plätze als die besten ansieht, sind die hinteren meistens bis zum Schluss frei – ich freue mich jetzt also über einen Platz in der letzten Reihe (die in diesem Bus konstruktionsbedingt nur aus zwei Sitzen in der Mitte besteht) mit Beinfreiheit, einem freien Nebenplatz sowie zwei Fenstern (rechts und hinten).

Los geht es mit rund 90 Minuten Busfahrt nach Voss, wobei wir am Skjervetfossen, einem Wasserfall („fossen“), einen kurzen Fotostopp einlegen – und das zu Recht. In Voss wechseln wir das Verkehrsmittel und steigen in den Zug von Bergen nach Oslo (Bergenbahn) ein, die uns bis nach Myrdal bringt. Diese 1908 in Betrieb genommene Eisenbahnlinie stellte bis vor wenigen Jahrzehnten die einzige Verbindung zwischen Ost- und Westnorwegen dar, da viele Straßen im Winter nicht passierbar sind – dieser Zug fährt jedoch immer, wenn auch mit teilweise mehrstündiger Verspätung, wenn der vor den Zug gespannte Schneepflug nicht ausreicht und die Strecke von Hand frei geräumt werden muss. Diese Probleme blieben uns jedoch erspart, so dass wir nach rund 50 Minuten Myrdal erreichen und dort in die Flåmsbahn (Flåmsbana) einsteigen, die uns – wie der Name schon sagt – nach Flåm bringt. Die Bahn überwindet auf einer Strecke von 20 km knapp 900 Höhenmeter (mehr als 80% der Strecke haben eine Neigung von 5,5%), sie passiert 20 Tunnel mit insgesamt sechs Kilometern Länge (darunter ein Wendetunnel, der in Schleifen auf mehreren Ebenen in den Berg hinein- und hinausführt) und zählt zu einer der schönsten Bahnstrecken der Welt. Während der rund eine Stunde dauernden Fahrt verlangsamt die Bahn an verschiedenen Aussichtspunkten regelmäßig ihre Geschwindigkeit und legt am Kjosfossen (225 m Fallhöhe) sogar einen Fotostopp ein.

In Flåm angekommen, geht es mit unserem Bus weiter nach Stalheim, wobei wir auf der Fahrt mit dem Stalheimsfossen und dem Sivlefossen weitere Wasserfälle passieren. Das letzte Stück legen wir auf einer der steilsten Serpentinenstraßen Nordeuropas, der Stalheimskleiva mit 13 Haarnadelkurven (teilweise bis zu 20% Steigung!) zurück, bis wir das Stalheim Hotel zum Mittagessen erreichen. Hier haben wir Gelegenheit, uns in einem mehrgängigen Menü mit einer der Spezialitäten Norwegens, dem Lachs, auseinander zu setzen – lecker! (Für die Nicht-Fischesser hätte es alternativ aber auch ein Schnitzel gegeben).

Nach dem Essen geht es dann zurück zum Schiff, wobei uns noch etwa 1 1/2 Stunden Busfahrt, der imposante Tvindefossen sowie eine kurze Fährfahrt über den Hardangerfjord (von Bruravik nach Eidfjord) von der AIDA trennen.

Während sich bei der Ausfahrt aus dem Fjord fast alle Passagiere auf dem Pooldeck tummeln, mache ich – wie einige andere „Wiederholer“ – meine Fotos von Deck 10 – hier gibt es am Bug die Möglichkeit, auf Deck zu gehen; dies ist allerdings nur den wenigsten bekannt (die Erfahrung zeigt aber, dass sich das in den nächsten Tagen ändern wird).

Ansonsten passiert (zumindest für mich) heute Abend nicht mehr viel. Nach dem Abendessen (Thema: „Norwegen“) und einem Absacker an der Poolbar (hier gibt es im Austausch gegen das gebrauchte Ausflugsticket 50% Rabatt auf alle Cocktails) widme ich mich noch etwas meinem Buch, um dann den vom Morgen fehlenden Schlaf nachzuholen.