Es ist mitten in der Nacht – genau genommen 6.15 Uhr – als uns der Wecker aus den Träumen reißt. Und Nacht ist da draußen tatsächlich noch. Wir liegen zwar bereits im Hafen von Dakar, die Sonne lässt sich aber noch lange nicht blicken.
Leider hilft uns das nicht wirklich – wir haben heute ein strammes Programm vor uns. Und so schwingen wir uns erst aus dem Bett, dann ins Bad und anschließend in unsere Klamotten. Die haben heute ein bisschen den Look nach Großwildjagd, aber aufgrund des bestehenden Risikos von Mückenstichen in Dakar (und damit der Übertragung eher unangenehmer Krankheiten wir beispielsweise das Dengue-Fieber), legen wir auf einigermaßen stichfeste lange Kleidung etwas Wert. Sieht vielleicht nicht top-modisch aus (wobei das grün-karierte Hemd von Arndt dicht dran ist), hilft aber. Wenn die Mücken das jetzt auch noch wissen …
Um 6.45 Uhr treffen wir uns daher im Anckelmannsplatz zum Frühstück. Und da könnte ich mich schon wieder aufregen. Nicht, weil es so früh ist, sondern weil es immer wieder eine nicht unerhebliche Anzahl von Unbelehrbaren gibt, die ihre abgenuckelten Flaschen an den Getränkestationen mit Wasser füllen – und damit ihre Bakterien großzügig verteilen. Leute, Ihr zahlt mehrere 1.000 Euro für diese Kreuzfahrt – da wird’s doch wohl auf die 2,60 € für eine Flasche Wasser nicht mehr ankommen … müsst Ihr denn unbedingt anderen die Reise versauen? Ihr seid dann doch die ersten, die sich beschweren, dass TUI das mit der Hygiene nicht in den Griff bekommt. Und das völlig zu Unrecht, denn da hat TUI wirklich gemacht, was man machen kann (Waschbecken in den Restaurants, Toilettentüren, die sich berührungslos öffnen, Desinfektionsspender vor jedem Restaurant und in den Toiletten, die teilweise sogar als Türöffner fungieren (erst desinfizieren, dann rausgehen). Wenn da jetzt was schiefgeht – dann liegt das an Euch … oder auch an dem Herrn, der ohne Zange in den Brötchen rumwühlt. Da fragt man sich echt, was solche Leute zwischen den Ohren haben …
Aber genug geschimpft – jetzt geht es in Richtung Theater. Hier trifft sich nämlich unser Ausflug „Auf Tierbeobachtung im Bandia-Naturreservat (DKR03V)“ – ein Halbtagesausflug zum „Tiere gucken“. Oder genauer: „Afrikanische Safari. Der Bus bringt Sie innerhalb von ca. eine Stunde zum Tierpark von Bandia. Hier angekommen steigen Sie um in Safari-Trucks, die speziell für die Erkundung des Reservats geeignet sind. Jeder Geländewagen wird von einem lokalen Guide begleitet, der Informationen zu den Tierarten gibt. Bei den Tieren im Park beeindrucken vor allem Nashörner, Giraffen, große Antilopen, Gazellen, Büffel und Affen. Man zählt dort ungefähr 120 Vogelarten, Sträuße, Schildkröten und Krokodile. Der Baobab ist das nationale Symbol Senegals und es gibt ihn im Bandia-Naturreservat sehr zahlreich zu bestaunen. Die Erkundungstour dauert gut zwei Stunden, bevor es mit dem Bus zurück zum Schiff geht.“
Schon auf dem Weg zum Theater hören wir allerdings eine Durchsage, die uns auf den heutigen Tag etwas vorbereiten wird – wobei wir das jetzt noch nicht ahnen. Wir erfahren nämlich, dass das heute der erste Anlauf eines Schiffes der TUI-Flotte in Senegal ist und man daher noch nicht so genau wisse, ob das heute alles so klappt wie geplant. Das Schiff sei allerdings bereits einklariert und zum Landgang freigegeben. Naja, dann sollte ja nichts mehr schiefgehen.
Nun, wir sitzen jetzt bereits über eine Viertelstunde im Theater und warten auf den Start unseres Ausflugs. Und erfahren, dass sich das noch etwas verzögern wird. Eine der Tourguides versucht so etwas wie eine Entertainmenteinlage – aber das ist maximal nett gemeint. Die Zeit verstreicht, es geht nicht voran. Offensichtlich gibt es Probleme mit den örtlichen Bussen. Und wir werden etwas unruhig – der Zeitpuffer zwischen beiden Ausflügen beträgt eigentlich knapp 1 ½ Stunden, schmilzt aber aktuell minütlich zusammen. Und ein Ende ist nicht absehbar …
Inzwischen hat man sich entschieden, die Passagiere wieder aus dem Theater freizulassen. Hierzu erhält jeder eine Karte mit einem Ländernamen, die normalerweise beim Tendern ausgegeben werden, um Staus vor den Ausgängen zu vermeiden. Sofern wieder Busse eintreffen, werden wir dann gruppenweise nach Ländern aufgerufen – und so lange können wir uns noch ein bisschen auf dem Schiff bewegen. Dummerweise weiß niemand, ob wir hier von 5 Minuten oder 2 Stunden sprechen, so dass man nun doch ein bisschen eingeschränkt ist – den Pool sucht sicherlich niemand auf.
Und so warten auch wir – und sind gespannt, ob wir denn tatsächlich zwei Ausflüge heute machen werden – der erste fängt jetzt nämlich schon mal eine gute Stunde später an. Da hätte man auch nicht mitten in der Nacht aufstehen müssen. Wobei natürlich niemand etwas dafür kann – vermutlich fällt das einfach in die Rubrik „Afrika halt“.
Wir machen uns nach dem Aufruf „Bahrain“ also auf den Weg zum Ausgang, finden noch vier Plätze in einem Bus (die alle bis auf den letzten Platz besetzt sind) und starten jetzt gegen 9.15 Uhr in Richtung des Reservats. Leider sitzen wir in der letzten Reihe, was dazu führt, dass die Stimme des Reiseleiters – trotz Mikrofon – nicht den Weg bis zu uns findet. Und so entgehen uns seine Ausführungen zu Dakar und dem Senegal. Schade eigentlich – denn der Blick aus dem Fenster zeigt Interessantes.
Hatte man auf den Kapverden schon ein bisschen „Afrika-Feeling“ ist das jetzt „Afrika total“. Während die Menschen auf den Kapverden durchgängig Wert auf gepflegte Kleidung gelegt haben (die zwar einfach war), sieht man den Einwohnern hier die Armut durchaus an. Keines der Autos, die sich hier die Straße mit Eselskarren und Mopeds teilen, sieht noch so aus wie es mal – wo auf dieser Welt auch immer – ausgeliefert wurde. Jedes Auto – und ich wiederhole: jedes – hat Unfallschäden. Das eine mehr, das andere weniger. Aber eingedellt sind sie alle.
An den Straßenrändern stehen vereinzelte Hütten, kleine Läden oder Siedlungen. Das Wohnzimmer der Einwohner ist die Straße – alle stehen irgendwie draußen, unterhalten sich, manche sitzen zusammen, andere reparieren etwas an den Autos, Kinder spielen und winken uns zu – das dürfte „Afrika live“ sein.
Und jeder scheint hier viel Zeit zu haben … zumindest ist auch hier die Hauptbeschäftigung wohl „warten“. Die Leute sitzen auf Bänken, unter Bäumen, auf der Straße – und warten. Niemand weiß so genau auf was. Vielleicht auf morgen, vielleicht wird’s da besser …
Eine gute Stunde wechselt dieses Bild mit weiten Landschaften, Steppe und Brachland ab. An Platz mangelt es hier nicht. Wobei der meistens als Müllkippe genutzt wird – zumindest scheint eine geregelte Abfallentsorgung hier genau so wenig vorhanden zu sein wie ein Abwassersystem. Und da vereinzelt Menschen von dort zurück in Richtung Siedlung gehen, ist zu vermuten, dass damit auch die Toilettenfrage verbunden ist.
Von daher sind wir froh, dass wir irgendwann ein Hinweisschild auf das „Bahia National Reservat“ sehen und kurze Zeit später den Bus verlassen können. Und auch wenn die Klimaanlage im Bus nur rudimentär funktioniert hat, ist das Klima im Bus dann doch angenehmer gewesen als hier draußen. Es ist zwar nicht so schwül wie auf den Kapverden, dafür aber mit knapp 40°C deutlich heißer. Afrika halt.
Aber der jetzt anstehende Wechsel in die offenen Jeeps verspricht ja etwas Abkühlung – wenn er denn stattfinden würde. Tut er aber nicht – zumindest nicht für alle. Die Anzahl der Jeeps steht nämlich in einem Missverhältnis zu den Sitzplätzen im Bus – und von daher macht sich der erste Teil auf den Weg in das Reservat, während der Rest (und so auch wir) zunächst eine weitere Stunde Wartezeit vor sich hat. In dieser Zeit kann man zwar Vögeln zugucken und Krokodile in einem Tümpel suchen – man steht halt aber auch in der brütenden Sonne.
Wenn es wenigstens Internet gäbe … aber offensichtlich arbeiten die Netze im Senegal auf anderen Frequenzen als die, die von den gängigen Smartphones unterstützt werden oder man hat mit den drei empfangbaren Providern keine Roamingverträge abgeschlossen. Zumindest bleibt das Anzeigefeld für die Datennutzung leer – kein „GPRS“, kein „EDGE“, kein „3G“ und „LTE“ schon gar nicht …
Also müssen wir uns unterhalten. Nein, Scherz – machen wir sonst ja auch …
Dann treffen endlich die ersten Jeeps am Camp ein und so nach und nach machen wir uns auf den Weg zu den Tieren. Ob wir welche sehen werden, wissen wir natürlich nicht. Das hier sei – so unser Guide – „hide and seek“. Mit etwas Glück würden wir ständig Tiere sehen, mit etwas Pech kein einziges.
Und so sind wir schon mal positiv gestimmt, als wir nach wenigen Minuten an einem Strauß vorbeifahren. Der bleibt auch ganz entspannt stehen, während wie bis auf etwa drei Meter an ihn heranfahren. Das ist schon irgendwie ein Riesenvieh, wenn der so neben dem Jeep steht. Und sein Kopf hat gerade die richtige Höhe, um zwischen Dachplane und Außenwand für etwas Aufregung im Jeep zu sorgen. Tut er zwar nicht, aber so ein bisschen Respekt bleibt dann doch.
Wir machen also unsere Fotos (Memo an mich fürs nächste Mal: da wäre die Zoomkamera jetzt doch nicht falsch gewesen, die ich zu Hause gelassen habe) und uns dann wieder auf den Weg – mal schauen, ob es noch weitere Tiere gibt.
Und die gibt es: nur wenige Minuten später sind es Zebras. Und das ist dann doch etwas ganz anderes, wenn sich die in einem Reservat von 2.000 Hektar offen bewegen können und man sie aus nächster Nähe vom Jeep aus sehen kann als wenn sie in einem Zoo in einem Minigehege irgendwo in der Ecke gelangweilt herumstehen.
Einfach nur toll. Aber es kommt noch besser – als nächstes sind nämlich die Giraffen an der Reihe. Und auch hier stehen wir so dicht dran, dass statt Tele- eher das Weitwinkelobjektiv zum Einsatz kommt. Ich bin einfach nur begeistert – der Ausflug hat sich jetzt schon gelohnt.
Büffel und Antilopen sind die beiden letzten Tierarten auf unserer Erfolgsliste – lediglich die Affen haben sich rar gemacht, alles andere haben wir sehen können. Das war so etwas wir „Safari light“ – klar, die „Big Five“ waren das nicht, aber das steht ja irgendwann in der Zukunft mal auf der Agenda. Und auch Ende des Jahres, wenn wir Südafrika und Namibia besuchen, ist die eine oder andere Pirschfahrt geplant – mal schauen, was wir da so vor die Linse kriegen.
Ach ja, in der Ausflugsbeschreibung steht, dass man bei Rückenbeschwerden oder bestehender Schwangerschaft besser nicht in diese Jeeps einsteigen sollte. Und dazu gleich mein gut gemeinter Rat: das würde ich beherzigen. Ansonsten rückt der Geburtstermin vermutlich in greifbare Nähe – man wird da schon ganz gut durchgeschüttelt und geruckelt … Und wem in der Achterbahn schon schlecht wird, der hat auch hier gute Chancen … 😉
Inzwischen sind wir übrigens zurück an unserem Ausgangspunkt angekommen, so dass wir sofort unseren Bus für die Rückfahrt besetzen. Glücklicherweise läuft die Klimaanlage auf vollen Touren, so dass es zumindest hier ein bisschen Abkühlung gibt. Und glücklicherweise habe ich ein dünnes Jäckchen mitgenommen, sonst würde ich jetzt anstelle diese Zeilen zu schreiben wohl schon mit einer Erkältung im Bett liegen.
Allerdings dauert das Besteigen des Busses dann doch noch mal eine gute halbe Stunde, denn einer der Busse hat wohl die Hinfahrt nicht überlebt, so dass sich die Gäste aus diesem Bus auf die anderen Busse aufteilen müssen. Da die aber auch schon voll besetzt bis hierhin gefahren sind, wird’s jetzt natürlich kuschelig – aber man kann die Leute ja nicht in der senegalesischen Steppe zurücklassen … und vermutlich gibt es hier auch keine expliziten Regelungen bezüglich der Anzahl von Personen in Reisebussen … 🙂
Etwa 1 ½ Stunden dauert jetzt die Rückfahrt zum Schiff, so dass wir erst gegen 14.30 Uhr wieder ankommen – eine halbe Stunde nach Start unseres Nachmittagsausflugs, der uns eigentlich zum Lac Rose hätte bringen sollen. Aber gut, das ist halt nun mal so – mit solchen Dingen muss man in Afrika einfach rechnen. So ein bisschen „Abenteuer“ gehört da irgendwie schon dazu … Und wenn ich das Gejammere eines Mitreisenden höre, dass das hier alles so schlecht organisiert sei (und damit meint er Afrika und nicht TUI), dann kann man dem guten Mann nur vorschlagen, zu Hause zu bleiben. Da kann er sich zumindest darauf verlassen, dass ein Amt um 8.00 Uhr auf- und um 12.00 Uhr zu macht, wenn das so an der Tür steht …
Zurück auf dem Schiff gehe ich auf einen Sprung ins Dampfbad und unter die Dusche bevor ich mich in Richtung Mittagessen bewege. Ich entscheide mich hierbei für einen Burger in der Außenalsterbar, erfahre dort per Durchsage, dass aufgrund der verspätet zurückkommenden Ausflüge die Mittagessenzeit im Anckelmannsplatz verlängert wurde (sehr löblich, wenn auch für mich zu spät) und entscheide mich dann spontan, der sengenden Sonne zunächst noch den Rücken zu kehren sondern stattdessen auf einen Cappu an die TUI Bar zu gehen und mich dort mal meinen Fotos zu widmen.
Natürlich bleibt es hier nicht bei dem Cappu (und den Fotos), so dass ich gleich ein paar Mails bearbeite und ein bisschen was zum heutigen Tag schreibe. Und mal einen Aperol Spritz mit Prosecco statt Weißwein probiere – und das jetzt zu meiner Lieblingsvariante erkläre …
Auf dem Rückweg in meine Kabine schaue ich dann noch bei der Bordreiseleitung vorbei und erörtere mein Problem bezüglich der nächtlichen Bewegungen über unserer Kabine (die man abstellen will), so dass ich dann um 18.00 Uhr mal wieder zur Abwechslung einen Aufguss mitmache (ja, ich weiß, das wäre ohne Alk im Vorfeld besser) und mich noch ein bisschen auf den Balkon lege, bevor wir uns um 19.30 Uhr zum Essen treffen.
Zur Abwechslung nutzen wir heute mal wieder das „All-inclusive-Angebot“ im Atlantik Restaurant und sind nach wie vor von Auswahl und Qualität angetan – das ist schon eine Klasse für sich, die hier auf der Mein Schiff 4 angeboten wird und – so gern ich auch Buffetrestaurants mag – doch noch mal ganz was anderes. Vom fehlenden „Stress“ bei der Platzsuche und der „Schlacht am Buffet“ (die es zugegebenermaßen ja auch nicht immer gibt) mal ganz abgesehen.
Und dann gibt es heute im Anschluss an das Abendessen noch eine Premiere: erstmals besuche ich auf dieser Reise eine der abendlichen Shows. Wobei Show nicht ganz stimmt, es geht um Comedy im Klanghaus. „Chili und Schoten“ heißt das Programm, bei dem zwei Kreuzfahrttester die Mein Schiff 4 von Kopf bis Fuß, äh … von Heck bis Bug, unter die Lupe nehmen. Und was ihnen dabei alles auffällt – das lassen sie uns wissen.
Leider ist das qualitativ dann doch eher flach gehalten. Die Witze sind entweder übertrieben albern, uralt (da habe ich als Kind schon drüber gelacht) oder teilweise einfach nicht witzig. Und so verlassen während der Umbaupausen immer wieder Gäste die Vorstellung (und das ist ja eigentlich etwas, was man in einem geschlossenen Theater ja nun eher nicht macht) und vereinzelt sieht man auch Gäste, denen der Kopf beim kurzen Nickerchen auf die Brust fällt.
OK, vielleicht ist das auch der späten Stunde geschuldet … ich befürchte aber, dass bei der gleichen Show im Theatrium niemand mehr zum Applaudieren am Schluss da gewesen wäre. Und damit bewahrheitet sich auch wieder, dass die Qualität des Entertainments auf der Mein Schiff Flotte mit dem Angebot der Mitbewerber oder gar amerikanischer Reedereien einfach (noch) nicht mithalten kann. Schade eigentlich, denn ansonsten kann das Produkt (zumindest mich) ja vollends überzeugen.
Und – kleine persönliche Anmerkung – Witze in der Form: „Bei AIDA haben Gäste das Steak von gestern auf den Beschwerdebogen geklebt.“ machen eine schlechte Show nicht wirklich besser. Im Gegenteil. Und eigentlich hätte man so etwas hier doch auch gar nicht nötig.
Ich werde mir in den nächsten Tagen noch mal eine der musikalischen Shows im Theater anschauen – mal sehen, ob sich da inzwischen qualitativ etwas getan hat. Aber so wirklich sicher bin ich mir da nicht …
Jetzt gehe ich jedenfalls erstmal ins Bett und lasse mich vom leichten Schaukeln in die Traumwelt wiegen …