Während uns heute Nacht noch die eine oder andere Eisscholle belästigt hat (man merkt das dann immer, wenn man um sich herum knirschende Geräusche hört oder das Schiff sich mal kurz „schüttelt“), sehen wir heute morgen nur noch vereinzelte Eisschollen um uns herum.
Wir hangeln uns jetzt so langsam die Westküste Grönlands herunter und werden in knapp einer halben Stunde von dem Foulke Fjord vor Anker liegen, um von dort einen Ausflug nach Etah zu machen.
Etah ist eine kleine Siedlung, die seit 1953 nicht mehr bewohnt ist – die Reste einzelner Häuser sind hier aber ebenso noch zu sehen wie Tierkadaver und Restbestände der Zivilisation, die der eine oder andere Jäger zurückgelassen hat.
Da wir mangels Seekarten mit der MS Bremen nicht in den Fjord einfahren können, müssen wir das letzte Stück mit den Zodiacs zurücklegen, so dass diejenigen, die die Fahrt mitmachen wollen, in zwei Gruppen aufgeteilt werden, von denen eine vormittags und eine nachmittags in den Fjord fährt.
In Etah selbst bleibt dann rund eine Stunde für die individuelle Besichtigung oder eine kleine Wanderung zu einem Gletscher, der dort seine Ausläufer hat.
Die Zodiac-Fahrt dauert dabei bei zügiger Fahrt (und das ist dann bei 2°C auch schnell mal ganz schön schattig) knapp 45 Minuten für die einfache Strecke – insgesamt ist man also fast drei Stunden unterwegs. Und da es hier in der Wildnis weder Toiletten noch Büsche gibt, sollte man das dann schon ohne Toilettenbedarf „überleben“. Von daher gab es dann doch den einen oder anderen, der hier an Bord geblieben ist und das schöne Wetter ausgenutzt hat – in der Sonne ist es zwar auch nicht gerade heiß, aber man kann es im dicken Pulli eigentlich ganz gut aushalten.
Auch ich habe mich für einen „Schiffstag“ entschieden – mich hat die lange Zodiac-Fahrt irgendwie abgeschreckt, um 7.30 Uhr aufzustehen, um dann eine Dreiviertelstunde in der Kälte in den Fjord zu fahren. OK, ich gebe zu, die Fotos, die ich später gesehen habe, waren schon schön – gelohnt hätte es sich also schon. Aber auch mein Tag an Bord ist jetzt nicht wirklich schlecht gewesen.
Zum Mittagessen hat man sich dann heute von der asiatischen Küche inspirieren lassen – und so habe ich mich – entgegen meinem Plan, heute Mittag nichts zu essen – doch noch zum Sushi hinreißen lassen. Das kann ich ja nicht einfach so liegen lassen, das wird ja sonst schlecht … 😉
Den Nachmittag habe ich dann ganz entspannt in der Sauna und im heute knapp 30°C warmen Pool verbracht – irgendwie ist das immer noch ein merkwürdiges Gefühl, um den Gefrierpunkt in der Arktis zu sein und trotzdem in der Sonne im Pool zu relaxen.
Aber vermutlich können wir uns eh daran gewöhnen – je weiter wir nach Süden kommen, desto wärmer wird es wohl werden. Für Kangerlussuaq sind bereits wieder zweistellige Temperaturen vorhergesagt. Von wegen in der Arktis ist es immer eiskalt …
Um 18.30 Uhr haben wir dann erneut einen Recap, in dem die Erlebnisse des heutigen Tages aus Sicht unserer Lektoren beleuchtet werden – und hier haben jetzt wieder Steine, Blumen und Tiere ihren Platz an der Leinwand bevor es dann zum Abendessen ins Restaurant geht.
Hier gibt es dann heute in der Tat für mich nur einige kleinere Gänge – ansonsten geht das hier gnadenlos schief. Warum muss das Essen hier an Bord auch nur so lecker sein …?
Für den einen oder anderen rückt inzwischen das Thema „Internet“ immer mehr in den Blickpunkt. Ist es morgen schon so weit? Oder doch erst übermorgen? Irgendjemand hat wohl gesagt, morgen würde man die Schüsseln wieder auf den anderen Satelliten ausrichten. Vielleicht geht’s ja dann wieder? Ein anderer sagt, dass wir morgen in einem Fjord sind und es da noch auf keinen Fall gehen würde. Es ist absolut faszinierend – ich glaube, wenn jemand „Wir haben wieder Internet!“ rufen würde, wäre die Reaktion viel ausgeprägter als wenn jemand „Da ist ein Eisbär!“ ruft …
Ich für mich persönlich kann übrigens immer noch feststellen, dass mich die internetfreie Zeit deutlich weniger getroffen hat als ich das im Vorfeld vermutet oder befürchtet hätte. Klar, am Anfang schaut man aus Gewohnheit schon mal auf Handydisplay (und wundert sich, dass es nichts Neues gibt), inzwischen hab’ ich das Handy schon gar nicht mehr einstecken (und vermisse es auch nicht). Vielleicht sollte man so eine Internetpause tatsächlich öfter mal bewusst einlegen …
Einen Sonnenuntergang haben wir immer noch nicht zu verbuchen, dafür verschiebt sich die Zeit wieder um eine Stunde in Richtung Heimat – macht aber eigentlich keinen Sinn, da die Sonne ja eh rund um die Uhr scheint – aber auch das wird sich in den nächsten Tagen ja wieder ändern. Und wenn wir schon keinen Eisbären gesehen haben, haben wir vielleicht bei Polarlichtern mehr Glück. Ja, ich weiß, die treten eigentlich nur im Winter auf – aber vereinzelt kann man ja auch mal im Sommer welche sehen. Vielleicht haben wir damit ja mehr Erfolg als mit den Bärchen…
Weiterlesen: 17. August 2016: Siorapaluk und Qaanaaq, Grönland