Pünktlich wie geplant haben wir Hans Island erreicht – lediglich die geplante Anlandung verzögert sich etwas, da der „Voraus-Zodiac“ bislang noch keine geeignete Anlandestelle gefunden hat. Und das scheint auch nicht so einfach zu sein – zumindest haben wir deutlich mehr Zeit für das Frühstück als ursprünglich geplant. Aber das kennen wir ja schon – „Wir befinden uns im Expeditionsmodus“ sagt unsere Kreuzfahrtdirektorin dazu.

Aber irgendwann ist es dann doch soweit – man hat eine geeignete Stelle gefunden, wenn auch leicht vereist, aber doch geeignet, um zumindest mal kurz einen Fuß auf diese Insel zu setzen, auf die bislang vermutlich noch nicht allzu viele Menschen ihren Fuß gesetzt haben. Und von der man ja eigentlich noch nicht einmal so genau weiß, ob sie jetzt zu Kanada, zu Grönland oder zu beiden gehört.

Und auch der Rest des heutigen Tages ist dann „Expedition“. Zumal heute der Tag ist, an dem wir wohl unsere Reise in den Norden beenden müssen und wieder gen Süden fahren werden. Aber noch arbeiten wir ja daran, den bisherigen Rekord der MS Bremen einzustellen.

Die Eisschollen um uns herum nehmen immer weiter zu – so langsam wird klar, dass unser Weg nach Norden heute sein Ende finden wird. Und zwar nicht nur, weil der Fahrplan irgendwann auch mal wieder südlichere Ziele vorsieht und ja auch eine Folgekreuzfahrt ansteht, sondern einfach, weil irgendwann die Eisbedeckung zu dicht werden wird, als dass die MS Bremen da noch durchkäme.

Von daher ist heute so ein Tag, an dem es sich lohnt, in der Panoramalounge auf Deck 7 zu verweilen. Hier sitzt man im Warmen und hat einen 180°-Blick aufs Meer. Das erinnert mich so ein bisschen an die Reise mit Hurtigruten entlang der norwegischen Westküste – auch hier war die Lounge mit ihrer Aussicht der beliebteste Aufenthaltsort an Bord.

Und dann ist es irgendwann so weit: auf der Steuerbordseite ist eine mehr oder weniger durchgehende Eisfläche zu erkennen (es wird von einer 9/10-Bedeckung gesprochen), so dass sich unser Kapitän entscheidet, die Fahrt nach Norden zu beenden und in Richtung Süden umzukehren.

Der „Point-of-return“ ist erreicht.

Von daher führt mein Weg jetzt auf die Brücke – und wahrscheinlich wurde ein GPS-Gerät noch nie so oft fotografiert wie heute. Um exakt 13.14 Uhr zeigt es den nördlichsten Punkt unserer Reise an: 81°00.689’. Damit ist der bisherige Rekord der MS Bremen gebrochen, so hoch im Norden wie jetzt war dieses Schiff noch nie.

Wir kämen aktuell sogar noch ein bisschen weiter in Richtung Norden, allerdings ist die Gefahr, dass das dichte Treibeis, das wir gerade passieren und das aktuell südlich driftet, sich vor uns schiebt und uns damit den Rückweg abschneidet, zu groß, als dass unser Kapitän dieses Risiko eingehen will.

Und so wenden wir jetzt und beginnen unsere Rückreise in Richtung Kangerlussuaq, das wir dann in einer guten Woche erreichen werden.

Ich verbringe jetzt noch eine Weile auf den Außenbereichen an Bord, verewige noch die eine oder andere Eisscholle auf meiner Speicherkarte bevor ich dann noch mal kurz in die Sauna entschwinde und mich auf das heutige Abendessen vorbereite.

Das Abendessen wird heute nämlich in Form eines BBQ auf dem Pooldeck serviert – und dafür braucht es bei einer Außentemperatur von -1°C dann halt doch etwas Vorbereitung. Und so sitzen wir gleich mit warmer Unterwäsche, dicken Socken, Norwegerpulli, Schal, Mütze und Parka an den Tischen auf dem Pooldeck, während an der Grillstation verschiedene Sorten Fleisch, Würstchen und Garnelen sowie Beilagen aller Art bei Punsch oder Glühwein auf uns warten. Natürlich darf eine wärmende Gulaschsuppe genau so wenig fehlen wie ein Crêpes zum Abschluss des Mahls.

Nach einer guten Stunde ist es dann allerdings kalt genug, so dass jetzt die Entscheidung fallen muss, ob ich hier in den 29°C warmen Pool springe oder mich mit meinem Buch auf die Kabine ins warme Bett zurückziehe – und das Bett hat dann doch gewonnen ….

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