So richtig lange schlafen klappt heute irgendwie noch nicht – aber gut, so ein kleiner Jetlag ist ja auch zulässig. Und so treffen wir uns relativ früh beim heutigen Frühstück auf der Lido Terrasse am Heck von Deck 5. Und aufgrund der Heizstrahler und des Sonnenscheins kann man es hier auch durchaus mit einem Wollpulli oder einer Fleecejacke aushalten. Bislang bin ich mit dem Wetter hier oben also mehr als zufrieden – ich habe mir das irgendwie deutlich kälter vorgestellt. Aber das kommt ja vielleicht auch noch, wenn wir uns weiter auf den Weg in Richtung des Nordpols machen.
Zum Frühstück gibt es hier oben ein umfangreiches Buffet sowie mehrere verschiedene Gerichte auf Bestellung (Omelettes, Spiegel- und Rührei, Steak und ähnliches). Also durchaus ausreichend 😉 Und wenn man hier mal keinen Tisch findet, kann man problemlos auch im Restaurant auf Deck 4 frühstücken – da findet man das gleiche Buffet noch einmal.
Normalerweise berichte ich in meinen Reiseberichten ja auch von „der einzigen Pflichtveranstaltung“ auf einer Kreuzfahrt – der Seenotrettungsübung. Hier kommt noch eine weitere dazu: die „Zodiac-Einweisung“.
Aufgrund dessen, dass sämtliche Anlandungen hier mit den Zodiacs erfolgen, ist es natürlich zwingend notwendig, zu verstehen, wie man sich im Boot verhält, wie man ein- und aussteigt ohne sich und andere zu gefährden und wie dies möglichst trockenen Fußes geschieht.
Zunächst unterscheidet man zwischen trockenen und nassen Anlandungen, wobei die trockenen in der Regel an Stegen erfolgen und die nassen an Stränden oder Ufern, so dass es notwendig ist, einen oder mehrere Schritte durch das Wasser zu gehen.
Eigentlich nicht schlimm, wenn man daran denkt, dass das Wasser hinten meistens höher steht als vorn und dass eine Welle dazu führen kann, dass das Wasser durch die einzige Öffnung in den Gummistiefeln (nämlich da, wo das Bein drin verschwindet) hineinschwappen kann – und das ist (insbesondere bei niedrigen Temperaturen) so etwas wie der „Super-GAU“.
Während der Fahrt sollte man im Übrigen auch nicht aufstehen – zumindest dann nicht, wenn der Bootsführer das nicht ausdrücklich erlaubt. Ansonsten führt das meist zu einem unfreiwilligen Test der Schwimmweste …
Und den Hinweis, dass eine Regenhose und eine Regenjacke auch bei gutem Wetter und ruhiger See vor Spritzwasser schützen, ignoriert man in der Regel auch nur so lange, bis man festgestellt hat, dass auch diese Aussage im Kern richtig ist.
Naja, warten wir es mal ab … wird bestimmt ganz interessant, wenn wir das erste Mal eine nasse Anlandung mit den Zodiacs haben – zumindest anders als wenn man einfach über eine Gangway ins nächste Hafenterminal spaziert.
Im Anschluss an diese Einweisung erfolgt dann unser erster „Precap“ – eine Einweisung in die Arktis im allgemeinen sowie die Vorschau auf die ersten Anlaufziele. Allerdings liegt dazwischen eine Pause von etwa einer Stunde, so dass Arndt, Dennis und ich gleich mal den Pool (Meerwasser mit 29°C) und die Sauna (rund 85°C) testen. Klar, das ist hier kein Ozeanriese mit einem monströsen Wellness Bereich – aber für ein bisschen Entspannung zwischendurch ist das vollkommen ausreichend.
Der anschließende Vortrag unseres Expeditionsleiters ist dann der ideale Einstieg in unsere geplante Reise. Denn hier erfahren wir den Plan – und der hat zahlreiche Unbekannte: insbesondere das Wetter und das Packeis, aber auch Eisbären haben einen deutlichen Einfluss auf den Verlauf unserer Reise „in Richtung Nordpol“. Aktuell weiß noch niemand, wie weit wir nach Norden vordringen können – die Dicke des Packeises wird den Punkt bestimmen, an dem wir wieder in Richtung Kangerlussuaq umkehren müssen. Und auch ein plötzlich an Land auftauchender Eisbär kann Einfluss auf Beginn (und Ende) einer Anlandung haben.
Aber auch so simple Dinge wie das akribische Reinigen der Gummistiefel beim Besteigen des Schiffes sind hier immens wichtig, um nicht ungewollt artfremde Samen oder Bakterien in der Arktis zu verteilen und vermischen.
Darüber hinaus erhalten wir die ersten Informationen über die geplanten Anläufe heute und morgen in Qeqertarsuaq, Uummannaq und auf Storøen, so dass wir uns entsprechend vorbereiten (Kleidung, Schuhe) bzw. planen können, was wir an Land unternehmen (sofern es mehrere Alternativen gibt).
Zuvor gibt es aber noch ein kleines Mittagessen im „Club“ bzw. davor auf der Lido Terrasse. Das Wetter meint es nach wie vor recht gut mit uns und so ist die Anlandung auf Qeqertarsuaq eine trockene Anlandung. Wanderschuhe und Jeans mit einem Norwegerpulli reichen in der Tat als Bekleidung, wobei ich zusätzlich gute Erfahrungen mit einem „Multifunktionstuch“ um den Hals gegen den Fahrtwind gemacht habe.
In Qeqertarsuaq selbst gibt es mehrere Möglichkeiten – zum einen kann man die Zeit für einen Spaziergang durch den Ort mit seinen typischen bunten Holzhäusern nutzen oder sich einer der beiden angebotenen Wanderungen zu einem Wasserfall bzw. an der Küste entlang anschließen.
Um uns herum finden sich inzwischen auch schon vereinzelte Eisberge im Wasser – und wenn vor einem davon dann einige Wale umherspringen, dann ist das doch durchaus etwas, was man sich gern anschaut und auch fotografiert.
Zurück an Bord geht es dann auch gleich weiter – unser Kapitän hat zum „Willkommens-Cocktail“ im Club (mit Gelegenheit für ein Foto zusammen mit dem Kapitän) mit anschließendem „Kapitäns-Willkommens-Abendessen“ geladen. Die Kleiderempfehlung heute lautet dabei „elegant“ – interpretiert wird dies von den Passagieren mit „dunkle Jeans mit Hemd und Jackett, aber ohne Krawatte“ bis zu „dunklem Anzug mit Krawatte“ oder vereinzelt gern auch einem „Dinner-Jackett mit Fliege“. Fehl am Platz hat sich aber niemand gefühlt – von daher alles gut.
Zum Abschluss des Abends gibt es dann für uns noch einen kleinen Absacker im Club – und dann ruft auch schon das Bett … auch wenn es draußen noch nicht wirklich dunkel ist (und wohl auch nicht werden wird).
Weiterlesen: 6. August 2016: Uummannaq und Storoen, Grönland