Nach mehr als fünfzig Kreuzfahrten auf den Meeren dieser Welt habe ich es getan – ich habe eine Flusskreuzfahrt gebucht.
Und zwar nicht, weil ich keine Lust mehr auf “richtige” Kreuzfahrten habe, sondern weil es mal wieder an der Zeit war, etwas Neues zu entdecken.
Insbesondere weil mein Umfeld das doch eher “befremdlich” fand. “Flusskreuzfahrt? Da sind doch nur Rentner an Bord.” Und mal ganz unabhängig davon, dass auch ich mich ja durchaus dieser Altersgruppe nähere und ich es grundsätzlich auch nicht schlimm finde, eine Reise gemeinsam mit älteren Menschen zu machen, glaube ich da eigentlich auch nicht so richtig daran. Immerhin gibt es in vier Bundesländern bereits Sommerferien – da könnte potenziell ja vielleicht doch auch die eine oder andere Familie dabei sein, die den Altersdurchschnitt in meine Richtung bewegt. Aber gut – schau’n mer mal …
Ausgesucht habe ich mir eine sechstägige Reise auf der Donau, beginnend in Passau mit Aufenthalten in Wien, Budapest und Bratislava bevor es dann wieder zurück nach Passau geht. Und – wen wird es wundern – natürlich mit A-Rosa. Warum A-Rosa? Nun, wer sich die Firmengeschichte von A-Rosa anschaut, wird feststellen, dass es da gewisse Verbindungen zu AIDA gibt. A-Rosa ist seinerzeit aus der von der Deutschen Seereederei und P&O gegründeten Seetors hervorgegangen, die unter dem Markennamen A-Rosa neben Flusskreuzfahrten auf der Donau auch Seekreuzfahrten mit der A-Rosa Blu durchgeführt haben. Und spätestens da sollte es bei AIDA-Fans klingeln … richtig – die A-Rosa Blu wurde nach der Abspaltung der Seekreuzfahrten zur (ersten) AIDAblu. Und parallel beschränkte sich die A-Rosa-Flotte auf Flusskreuzfahrten, zunächst auf der Donau und später dann auch auf der Rhône, dem Rhein, der Mosel und dem Main.
Und von daher ist A-Rosa dann irgendwie doch nicht ganz neu … so ein bisschen “AIDA-Feeling” ist da halt doch vorhanden. Im Übrigen findet sich auf den Schiffen von A-Rosa auch der Kussmund wieder – hier findet sich allerdings noch eine Rose zwischen den Lippen.
Doch beginnen wir heute von vorn. Zunächst einmal habe ich erfahren, dass meine ab Passau gebuchte Kreuzfahrt nicht ab Passau startet sondern – wie alle Donaukreuzfahrten mit A-Rosa ab 2016 – in Engelhartszell in Österreich. Das ist gerade mal eine gute halbe Stunde von Passau mit dem Auto entfernt, ist aber für Ein- und Ausschiffungen wohl deutlich besser geeignet, da die Liegeplätze in Passau wohl meistens zu knapp sind. Hinzu kommen regelmäßige Probleme an der Schleuse Jochstein zwischen Deutschland und Österreich, die oftmals zu massiven Verzögerungen geführt haben.
Ich habe mir daher bereits zwei Tage vorher ein Zimmer in einer kleinen Pension in der Nähe gebucht, so dass ich bereits am Sonntag in aller Ruhe anreisen konnte und noch einen Tag zur Urlaubseinstimmung hatte (diesen habe ich übrigens in der Eurotherme in Bad Schallerbach verbracht – und das ist eine klare Empfehlung!). Heute bin ich dann kurz vor Mittag nach Engelshartszell gefahren, so dass ich gemütlich mein Gepäck abgeben, mein Auto abstellen und in einer nahe gelegenen Gaststätte zu Mittag essen konnte, bevor es danach zum Check-In ging,
Und den darf man sich übrigens nichts ganz so vorstellen, wie das auf einem Kreuzfahrtschiff für mehrere tausend Passagiere abläuft. Das hier ist gemütlicher, geruhsamer, familiärer. Der Check-In soll um 14.00 Uhr beginnen, ich bin aber bereits kurz vor 12.00 Uhr in Engelhartszell. Dennoch fahre ich mal direkt zum Anleger vor den Schiffseingang. Und treffe dort auf Harry, den DJ. Ich frage ihn, ob ich meine Reisetasche hier ggf. schon irgendwo abstellen kann. “Klar, stell sie einfach aufs Schiff. Die Tür geht auf, wenn Du auf der Tastatur “1234” (die Zahlen sind übrigens frei erfunden – braucht Ihr also gar nicht erst zu probieren) eingibst und dann das Glockensymbol drückst.”
Ah … jetzt ja. So etwas wie Security, Röntgengeräte und Torsonden gibt’s hier also schon mal nicht. Dafür steht meine Reisetasche jetzt in der Ecke neben dem Eingang. Und ich mache mich auf den Weg zum Parkplatz. Den habe ich vorher über das Internet reserviert (www.parken-engelhartszell.at) – direkt schräg gegenüber dem Anleger neben einer Tankstelle für 45 € auf einem abgesperrten Freigelände (für 70 € hätte es auch einen in einer Garage gegeben). Ich werde bereits erwartet, ich erhalte eine Münze für die Einfahrtschranke und ein Schild für die Windschutzscheibe – und eine Quittung für meine 45 €, die ich bar über den Tresen schiebe.
Günstigerweise betreibt der Tankstellenbesitzer nicht nur diesen Parkplatz sondern auch noch eine Gaststätte mit Biergarten. Und den nehme ich aufgrund des schönen Wetters auch gleich in Anspruch. Ich esse noch eine Portion Speckknödel, trinke ein Radler (warum schmeckt das in Österreich eigentlich so viel besser als bei uns zu Hause?) und mache mich dann gegen 13.30 Uhr auf den Weg in Richtung Schiff.
Hier ist außer Harry immer noch niemand zu sehen. Macht aber nix: “Geh’ ruhig schon mal aufs Schiff. Der Check-In ist dann ab 14.00 Uhr an der Rezeption – da kannst Du Dich vorher schon mal ein bisschen umgucken.” Nun, die PIN für die Schiebetür am Eingang wusste ich ja noch – und so konnte ich schon mal das Schiff in Ruhe inspizieren und fotografieren bevor die Massen mit dem Shuttlebus aus Passau kommen (das ist eigentlich der Normalfall – vom Hauptbahnhof in Passau fährt ein Shuttlebus nach Engelhartszell und zurück – die Direktanreise nach Engelhartszell mit dem Auto wäre also nicht unbedingt notwendig gewesen).
Ich mache zunächst also mal einen kleinen Schiffsrundgang. Und wenn ich “klein” schreibe, dann meine ich das auch so. Das Schiff hat vier Decks, wobei Deck 1 und 2 nur aus Passagierkabinen bestehen. Auf Deck 1 finden sich Außenkabinen mit einem Fenster, auf Deck 2 Balkonkabinen mit einem französischen Balkon (also raumhohe Türen, die man öffnen kann, allerdings mit einem direkt davor befindlichen, hüfthohen Gitter).
Auf Deck 3 findet dann das “öffentliche Leben” an Bord statt: Fitnessraum, Massageraum, Sauna (finnische Sauna und Biosauna), Rezeption, Shop, Café Bar, Lounge und Restaurant.
Deck 4 ist dann das Sonnendeck, das in vier Bereiche unterteilt ist: Crew Bereich mit (versenkbarer) Brücke, Poolbereich mit (kleinem) Pool und Liegen, Spielbereich mit Shuffleboard, Großfigurenschach und Putting Green sowie ein Sitzbereich mit Sonnensegeln.
Und damit wären wir eigentlich schon durch … ging also doch etwas schneller als auf der AIDAprima vor acht Wochen … 😉
Inzwischen ist es auch 14.00 Uhr – und die Rezeption ruft zum Check-In auf. Günstigerweise bin ich eh gerade nebenan, um ein paar Fotos in der (noch leeren) Sauna zu machen, so dass ich der erste beim Check-In bin. Und auch das geht schlank – man will meinen Schiffsvoucher und meinen Reisepass (alternativ geht auch der Personalausweis) und teilt mir meine Kabinennummer mit, falls ich mir die nicht gemerkt hätte. Das war’s.
Der Reisepass wird bis zum Ende der Reise einbehalten (von daher sollte man den auch mitnehmen, dann kann man den Personalausweis unterwegs “am Mann” behalten) und die Bordkarte läge auf dem Tisch in der Kabine.
Ich gehe also ein Deck tiefer und finde auch sofort meine Kabine 220 – eine Kabine mit französischem Balkon (so ganz ohne die Möglichkeit, mal frische Luft in die Kabine zu lassen, geht für mich irgendwie nur im Notfall). Meine Reisetasche steht bereits in der Kabine (die scheint also tatsächlich jemand in der Ecke gefunden zu haben) und auch die Bordkarte liegt wie versprochen auf dem Schreibtisch.
Ich mache schnell die obligatorischen Kabinenfotos und verstaue mein Gepäck in den Schränken. Im Übrigen zeigt sich auch in der Kabine die seinerzeitige Nähe von AIDA und A-Rosa. Bei einem flüchtigen Blick in Kabine und Bad könnte man den Eindruck gewinnen, auf AIDAvita oder AIDAaura gelandet zu sein. Das Design ist im Prinzip identisch (dieser Rattenmöbel-Stil halt), der Baldachin übe dem Bett und auch die Badezimmereinrichtung kommen einem sofort bekannt vor. Willkommen zu Hause. 🙂
Die “Seenotrettungsübnung” gibt es hier übrigens auch – allerdings heißt diese hier “Schiffssicherheit”, findet ohne Rettungsweste statt und besteht aus einem kurzen Film. Nicht wirklich neu – denn auch hier ist Feuer die größte Gefahr an Bord.
Im Anschluss daran gibt die Cruise Chefin (ich bin nicht ganz sicher, wie der offizielle Titel lautet) dann noch einige organisatorische Hinweise (“Wo gibts wann was zu essen?, Wie läuft das mit den Ausflügen?, Wann kommt der DJ ins Spiel? usw.). Und um die Stunde auch komplett zu füllen, gibts im Anschluss dann gleich die Ausflugspräsentation für alle Häfen der Reise. Und das hat dann doch irgendwie was von Kaffeefahrt. Nur ohne Heizdeckenverkauf.
Und damit wäre hier auch die Gelegenheit, mal über die Passagiere zu reden. Nun, die Ausflüge bestehen meistens aus einer Standrundfahrt mit dem Bus (für ganz Wilde u.U. auch mal mit einem Stückchen zu Fuß) oder alternativ einer Radtour (in der Tat, auf dem Schiff gibt es Fahrräder von Rose (wie auf AIDA) und einen Fahrradguide (OK, im Hauptberuf macht der die Massagen und die Einweisung in die Fitnessgeräte)). Die Mindestteilnehmerzahl von zwei (!) Passagieren bei den Radtouren zeigt allerdings schon. worauf man sich hier so einstellt.
Und in der Tat finde ich mehr Passagiere über 80 an Bord als unter 18 (genau genommen sind das nur drei). Aber alle mehr oder weniger ohne Hilfsmittel unterwegs – da das Schiff keinen Aufzug hat, muss man die Wege zwischen Kabine und Essen also wohl oder übel über die Treppe absolvieren – ein Mindestmaß an Beweglichkeit ist also in der Tat Voraussetzung für eine Reise mit A-Rosa. Sagen wirs mal so – die Sommerferien haben nicht dazu geführt, dass der Altersdurchschnitt wesentlich gesunken ist – ich würde den mal so bei rund 60 Jahren ansetzen … unabhängig davon finden sich aber in praktisch jeder Altersgruppe Mitreisende. Wobei: die Altersgruppen unter 50 sind zugegebenermaßen dann doch unterrepräsentiert.
Inzwischen sind wir übrigens auch schon unterwegs – da der “Haupt”zug in Passau mit Verspätung angekommen ist, sind wir rund eine Stunde später losgefahren – bis Wien sollte das laut unserem Kapitän aber aufzuholen sein. Und auch die Ausflugspräsentation ist jetzt durch – ich weiß welche Ausflüge ich mache (keine) und dass es jetzt etwas zu essen gibt. Das waren nämlich die letzten Worte der Kreuzfahrtchefin … alles andere danach war nicht mehr zu verstehen, da sich auf dieses Kommando hin knapp 200 Passagiere aus dem Loungemobiliar wuchten und mehr oder weniger schnell auf den Weg ins Restaurant am anderen Ende des Schiffes machen.
Ich weiß nun wirklich nicht, ob dieses Verhalten etwas mit dem Alter zu tun hat oder tatsächlich auf den Krieg zurückzuführen ist (würde mir zumindest irgendwie einleuchten) – ich entscheide mich spontan zu antizyklischem Verhalten und gehe noch für eine Stunde in die Sauna (die schließt dann eh um 20.00 Uhr) bevor ich mich in Richtung des (restlichen) Buffets bewege.
Erstaunlicherweise ist noch alles da … und sogar freie Plätze gibt es in Massen. Ich arbeite mich also mal durch die Speisekarte, lasse mir ein alkoholfreies Hefeweizen bringen (zu der Preisgestaltung hier an Bord sage ich dann morgen was) und genieße das Essen, das heute unter dem Motto “Bayerischer Abend” steht:
Vorspeisen
- Obatzda mit Birne und jungem Lauch
- Spanferkelsülze mit Gewürzgurken und Remouladensauce
Suppe
- Leberknödelsuppe
Show Küche
- Nürnberger Geröstel
- Bayerische Fleischpflanzerl mit Schwammerlsauce
- Kartoffelpüree
Hauptgerichte
- Original bayerischer Surbraten im eigenen Safterl
- Gebackenes Seehechtfilet mit Sauce Tartar
- Bayrisch Kraut, Gurkengemüse in Dill, Serviettenknödel, Butterreis
- Gebackener Camembert mit Preiselbeeren
Carving
- Frisch gebacken Leberkäse
Dessert
- Bayrisch Crème
- Eiscreme
- Frische Waffeln mit Kirschen
Käse
- Auswahl an verschiedenen Käsesorten
Im Vorfeld zu dieser Reise hatte ich einiges dazu im Internet gelesen – vieles, was mir gefallen hat, aber auch manches, was mich ein bisschen skeptisch machte. Unter anderem den einen oder anderen Hinweis, dass das Essen – sagen wir mal – nicht so lecker wäre. Mein Eindruck ist ein genau anderer: das war alles sehr, sehr lecker. Die Speisen waren gut gewürzt, sie waren warm (obwohl ich nicht bei Restaurantöffnung da war!) und in ausreichender Menge vorhanden. Von mir gibt es – zumindest heute – die volle Punktzahl.
Auf dem Rückweg zu meiner Kabine entscheide ich mich noch kurz zu einem “Verdauungsaufenthalt” an der Café Bar mit einem Ramazotti (als das “Schnapsi-Taxi” durchs Restaurant fuhr. war ich noch mit dem Hauptgang beschäftigt – und ja, Ihr habt richtig gelesen, auch auf A-Rosa gibt es ein “Schnapsi-Taxi”). Der Barkeeper hatte übrigens vorhin mein Weizenbier im Restaurant serviert – und hat sich auch gleich meinen Namen gemerkt: “Sir Harald, was darf es sein?” Wow, so begeistert man Gäste …
Ich nehme gleich noch eine Flasche Wasser mit in die Kabine – den Welcome Drink in der Lounge schenke ich mir. Zumal direkt im Anschluss DJ Harry uns “musikalisch auf den Urlaub einstimmen” will. Mir schwant Übles … da gehe ich lieber in die Kanine, genieße die Aussicht und schreibe für Euch auf, wie mein erster Eindruck an Bord so ist.
Der Blick aus dem Fenster ist dabei ungewohnt: langsam schiebt sich die Landschaft an uns vorbei, man hört das leise Plätschern des Flusses, am Ufer sieht man kleine Dörfer, Kirchen, Wälder, Jogger und Skateboardfahrer – ich meine, ich hätte da im Vorfeld mal was von “Entschleunigung” gelesen. Ja, so stelle ich mir das in etwa vor.
Aber auch heute Abend gibt es noch ein bisschen Action. Naja, Action ist vielleicht übertrieben … aber das Durchfahren einer Schleuse ist halt doch etwas, was man auf dem Meer so eher nicht hat. Nicht, dass das jetzt besonders spektakulär wäre – aber imposant ist es schon, wie schnell so ein Schiff mal 10-20 Meter abgesenkt wird und es dann weiter geht. Zumal teilweise in der Schleusenkammer auch nur 10 cm Platz an der Seite sind – scheint aber zumindest den Kapitän nicht sonderlich aufgeregt zu haben – also denke ich mal, das wird schon alles so in Ordnung sein. 🙂
Und so sitze ich jetzt an meinem Laptop in der Kabine, schaue ab und an aus dem Fenster, beobachte, wie das Sonnenlicht nach und nach durch dunkle Nacht ersetzt wird und wie das Ufer zunächst in abendliche Beleuchtung und später dann in Dunkelheit getaucht wird.
Insgesamt acht Schleusen liegen auf unserem Weg bis Wien – mal schauen, ob man davon heute Nacht etwas mitbekommt – ich gehe jetzt zumindest erstmal ins Bett und verbringe meine erste Nacht auf einem Flussschiff …