Beginnen wir zunächst einmal mit der auffälligsten Neuerung: dem Bug. Sofort fällt dem Betrachter ins Auge, dass der Kussmund relativ spitz zuläuft – das ist dem geraden Bug geschuldet, der die AIDAprima ziert. Ist das jetzt störend oder hässlich? Oder vielleicht sogar schön? Nun, wie immer liegt Schönheit ja im Auge des Betrachters – für mich es ist ungewohnt, aber deswegen nicht zwingend hässlich. Ich glaube, man kann und wird sich daran gewöhnen und könnte mir gut vorstellen, dass wir das demnächst auch noch bei anderen Schiffen (nein, nicht nur bei der AIDAperla) sehen – sollte es sich tatsächlich bewahrheiten, dass die Bugform treibstoffsparender ist, werden andere nachziehen. Und wenn nicht – nun, dann fällt die AIDAprima zumindest optisch auf. So wie vor 20 Jahren, als die AIDA(cara) das erste bemalte Kreuzfahrtschiff war …

Und wo wir schon beim Treibstoffsparen sind – dann befassen wir uns gleich mal mit der einen oder anderen unsichtbaren Änderung: dem MALS-System, das mittels eines Luftblasenteppichs (von dem man übrigens weder etwas spürt noch etwas sieht) ebenfalls zwischen 5% und 7% Treibstoff einsparen soll und der Abgasreinigung, die zwar bislang noch nicht alle Zulassungen hat, danach die AIDAprima aber zum aktuell saubersten Kreuzfahrtschiff machen soll. In diesen Bereich fällt dann auch der Betrieb mittels Flüssigerdgas (LNG) im Hafen (und die AIDAprima liegt immerhin 40% der Zeit in den verschiedenen Häfen) anstelle der Verwendung des schadstoffreicheren Marinediesels.

AIDAprima soll ein „Ganzjahresschiff“ sein, was für den vorgesehenen Einsatz im „Linienverkehr“ von Hamburg (Samstag) über Southampton (Montag), Le Havre (Dienstag), Zeebrugge (Mittwoch) und Rotterdam (Donnerstag) zurück nach Hamburg, auch dringend notwendig ist. Die Nordsee ist nun einmal nicht die Karibik …

Realisiert wird dies durch eine große Anzahl von Innenbereichen, die entsprechend geheizt und „auf Temperatur“ gebracht sind – allen voran das „Four Elements“ und der „Beach Club“. In beiden Bereichen sollen ganzjährig Temperaturen von 25- 27 Grad herrschen – und das ist in der Tat für den leichten „Strandanzug“ ausreichend: Badebekleidung oder Shorts und T-Shirt und Flip-Flops sind vollkommen ausreichend. Auch bei Außentemperaturen nahe des Gefrierpunktes war es problemlos möglich, sich entsprechend bekleidet im Schiffsinneren aufzuhalten. Und das notfalls auch eine Woche lang …

Insbesondere das „Four Elements“ lässt eine Zielgruppe klar erkennen: Familien mit Kindern. Sei es der Racer, der Klettergarten, das Restaurant „Fuego“, die Wasserlandschaft mit Babypool und Lazy River oder auch die neu eingeführte Betreuung der „Minis“ ab sechs Monaten – Familien genießen hier einen hohen Stellenwert.

Das Restaurantkonzept ist nicht ganz neu, es wurde behutsam weiterentwickelt. Und zwar ohne das Gewohnte aufzugeben, aber doch so, dass sich die Probleme auf den anderen Schiffen hier nicht wiederfinden. Sei es die Möglichkeit der Restaurantreservierung, die neu eingeführten Spezialitätenrestaurants „French Kiss“ und „Casa Nova“, die erweiterten Essenszeiten, die Verlagerung von Kaffee und Kuchen an die Bars oder auch die Einladungen in die Spezialitätenrestaurants am ersten Abend, um die Verteilung besser zu steuern – alles das hat zur Entspannung beigetragen.

Neu ist auch das Konzept des „dezentralen Entertainments“ – mehrere Veranstaltungen zu gleichen Zeit an unterschiedlichen Orten, so dass auch hier eine Verteilung der Passagiere über das Schiff stattfinden kann. Bestes Bespiel sind Welcome und Farewell: anstelle 2.500 Leute auf dem Pooldeck zusammenzurufen, werden die Passagiere hier auf das Four Elements, den Beach Club, das Brauhaus und den AIDA Plaza verteilt.

Und das hat funktioniert. Während meines kompletten Aufenthaltes an Bord hatte ich nie den Eindruck, mit 3.000 Personen gemeinsam auf dem Schiff zu sein – egal, wo ich war, die Zahl der anderen Passagiere war immer überschaubar. In der Tat verteilt sich die Menschenmenge auf das gesamte Schiff, so dass die Befürchtung „das da viel zu viele Menschen an Bord sind“, nicht eingetroffen ist.

Klar, „größer“ heißt aber natürlich auch unpersönlicher. Zwei Mal läuft man sich hier vermutlich ganz selten über den Weg. Und ob man nun das größere Freizeitangebot vorzieht oder eher den persönlichen Kontakt zu seinen Mitreisenden – das muss jeder für sich entscheiden und sollte dies auch bei der Auswahl „seines“ Schiffes berücksichtigen.

Reden wir noch kurz über den Organic Spa. Das Konzept, die Wellness Oase und den Saunabereich zusammenzuführen, ist m.E. nicht grundsätzlich falsch. Schwierig ist dadurch aber in der Tat die Steuerung der Besucherzahlen, so dass es aktuell zu der absurden Situation kommen kann, dass der komplette Saunabereich leer ist, ihn aber niemand betreten kann, da alle Karten verkauft sind und der Bereich daher potenziell randvoll sein könnte (wenn denn jetzt alle Karteninhaber gleichzeitig auftauchen würden). Hier wird man am Konzept noch nachbessern müssen – sei es durch den angedachten Versuch, die Tageskarten durch Vormittags-, Nachmittags- und Abendkarten zu ersetzen, durch eine Abtrennung des Saunabereichs aus dem Eintrittskartenverfahren oder durch andere Maßnahmen, die man sich noch ausdenken müsste. Organisatorisch ist die aktuelle Lösung jedoch noch vom Idealzustand entfernt.

Neu und schön ist dafür der große Saunaaußenbereich – schade nur, dass dieser so konstruiert wurde, dass man diesen entweder nur mit Badekleidung nutzen kann oder sich potenziellen Zuschauern aus den darüber liegenden Balkonkabinen aussetzt. Aber vielleicht lässt sich hier mit einer intelligenten Dachkonstruktion ja noch nachbessern. In diesem Zusammenhang könnte man auch darüber nachdenken, die Scheiben der Saunen von außen mit Spiegelfolie zu bekleben oder die Scheiben notfalls auszutauschen – der freie Einblick von Außen in Saunen ist zumindest nicht Stand der Technik.

Auch der Verzicht auf das Pfandsystem für Poolhandtücher ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. Immerhin haben wir hier Urlaub – da wünscht man sich unkomplizierte Verfahren und keine aufwändigen Pfandauf- und rückbuchungen.

Dass mit dem AIDA Plaza der Shoppingbereich ausgebaut wurde, kommt nicht unerwartet: der hiermit zusätzlich generierte Umsatz ist fester Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Und auch wenn er mir persönlich auf der AIDAprima optisch etwas zu „kühl“ ausgefallen ist, kann man hier durchaus mal durchbummeln, eine Currywurst oder ein selbst kreiertes Magnum essen, sich mit Pepper (das ist der Roboter) beschäftigen oder halt eben auch ein bisschen shoppen.

Bleibt noch ein Blick auf das „Schiff-in-Schiff“-Konzept – AIDA Lounge und Patiodeck. Und auch während manche da gern von „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ sprechen: eigentlich ist das Ganze doch ganz einfach: wem das Patiodeck einen Aufpreis Wert ist, der bucht eine Panoramakabine und kann es nutzen. Genauso wie jemand, der für ein Essen im Rossini einen Aufpreis zahlt – und da kommt erstaunlicherweise ja auch niemand auf die Idee, von einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ zu sprechen.

Ich glaube, der Ansatz ist der Richtige, da hiermit mehrere Zielgruppen parallel erschlossen werden können: derjenige, der seine Kabine nur zum Schlafen nutzt und daher mit einer Innenkabine glücklich ist, genauso wie derjenige, der sich im Urlaub etwas Luxus gönnen möchte und daher eine Suite bucht und dann auf der eigenen Veranda frühstückt.

Es nimmt doch keiner dem anderen etwas weg – es werden schlichtweg nur Mehrleistungen mit einem höheren Aufpreis erworben. Und die Option steht ja nun allen offen, so dass m.E. auch der gern angeführte Vergleich mit einer potenziellen Ungleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten bei Arztbesuchen hinkt – hier habe ich (zumindest als gesetzlich Versicherter) in der Regel nämlich keine Möglichkeit, meine Situation zu verbessern …

Wie sagte einer der General Manager an Bord eines anderen AIDA-Schiffes einmal: die AIDAprima ist das Schiff für die „Klick- und Wisch“-Gesellschaft. Also alle die, die ständig auf dem Bildschirm ihres Smartphones wischen und klicken. Und so ganz falsch ist das auch nicht – die auf dem Schiff verbaute Technik unterstützt das ja durchaus: Buchungen über das Bordportal, Reservierungen über die AIDAprima App, Mobiles Casino, Abruf des Tagesprogramms und der Hafeninformationen am Handy – vieles hier an Bord kann man mit dem Smartphone steuern. Wie halt auch im richtigen Leben. Und wenn ich meinen Arbeitsalltag und meine Freizeit zu Hause mit dem iPhone organisiere und plane – warum dann nicht auch an Bord meines Urlaubsziels? Den Internetzugang muss man dabei ja nicht zwingend nutzen …

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