Um am nächsten Morgen gegen 8.00 Uhr von der Sonne geweckt zu werden. Also dann – frisch auf ans Tagwerk. Ich mache einen Abstecher in der Sauna, schwitze kurz, blubbere im Whirlpool und gehe dann – frisch geduscht – leise zurück in die Kabine.
Doch Dennis ist erstaunlicherweise auch schon wach – und so gehen wir anschließend gemeinsam zum Frühstück in den Yacht Club. Ich checke mal schnell ein paar Mails, werfe einen Blick auf die Nachrichten und stelle bedrückt fest, dass Silvester nicht überall so gefeiert werden konnte wie es geplant war, da man aus Angst vor Terroranschlägen die eine oder andere Veranstaltung wie beispielsweise in Brüssel abgesagt hat – das neue Jahr scheint also in der Tat so weiter zu gehen wie das alte geendet hat. 🙁
Inzwischen stellen wir fest, dass das Schiff seine Fahrt deutlich verlangsamt … und das ist eigentlich schon merkwürdig, sollten wir doch mit gut 12 Knoten in Richtung Kapstadt fahren. Die Aufklärung folgt allerdings auf dem Fuß: steuerbord voraus habe man einen Wal entdeckt und nähere sich diesem nun vorsichtig an.
Was dazu führt, dass der eine oder andere (ich zum Beispiel) das Frühstück für beendet erklärt und mal auf der Kabine nach Fernglas oder Fotoapparat schaut. Doch auch wenn man den Wal ab und an erkennen kann (immer dann, wenn er aus seinem Luftloch „pustet“), so ein richtig spektakuläres Foto bleibt mir verwehrt …
Aber gut, dafür habe ich dann halt etwas weniger gegessen … 😉 und ich kann dafür heute Nachmittag letztmalig eine Waffel am Pooldeck genießen. Denn das muss ich natürlich auch langsam aber sicher feststellen – diese tolle Reise nähert sich unweigerlich dem Ende.
Ich werde mich gleich noch ein bisschen in die Sonne legen (die Lufttemperatur beträgt aktuell 25°C) und ein bisschen was lesen – und das ist es dann ja im Prinzip auch schon gewesen. Morgen werden wir in Kapstadt eintreffen, ich mache dort einen Ganztagesausflug zum Kap der Guten Hoffnung, packe abends dann meine Koffer und am Sonntag geht es morgens dann auch schon in Richtung Flughafen …
So, jetzt aber zurück in die Realität und ab in die Sonne … Und da bleibe ich auch bis „Waffel-Zeit“. Eine letzte Waffel, heute noch mal mit einer Kugel Vanilleeis, findet ihren Weg in den Harald. Und wie ich hier so am Pool auf einer der Liegen meine Mitreisenden beobachte, fällt mir einer der Väter besonders auf.
Durch die leichten Stampfbewegungen des Schiffs ist der Pool heute nämlich zum Wellenbad geworden. Je nach Schiffsbewegung schwappen die Wellen vorn und hinten mehr als einen Meter über den Beckenrand – ein für die Kinder an Bord (ich würde mal vermuten, dass alle, die jünger als 15 Jahre sind, im Moment im Pool sind) tolles Erlebnis. Und von daher ist das Pooldeck jetzt auch fest in Kinderhand.
Auch in der von Jan-Friedrich (der Name ist natürlich geändert, aber durchaus noch zum Vorteil seines Trägers). Der tollt mit seinen Freunden innerhalb und außerhalb des Pools herum. Was dem Herrn Papa gar nicht gefällt. Und das versucht dieser sowohl seinem Sprössling als auch den restlichen Mitreisenden auf dem Pooldeck klar zu machen: „Jan-Friedrich, nicht ins Wasser springen.“ In der Tat, wie fast überall auf dieser Welt ist das „Springen vom Beckenrand verboten.“ Und wie fast überall auf der Welt, hält sich niemand daran. Auch Jan-Friedrich nicht.
„Jan-Friedrich, Du musst Dich an die Regeln halten.“ Vermutlich weiß Jan-Friedrich das – und vermutlich ist es ihm aktuell ziemlich egal. „Wenn Du Dich nicht an die Regeln hältst, musst Du aufs Zimmer gehen.“ OK, die Diskussion, ob „Zimmer“ auf Schiffen nicht vielleicht doch eher „Kabinen“ sind, lassen wir jetzt mal – insbesondere, weil die Kabinen hier ja „Suiten“ sind. 😉
Der Vater von Jan-Friedrich läuft im übrigen immer am Pool entlang. Und steht in etwa immer da, wo Jan-Friedrich auftaucht – zumindest will er das. Allerdings ist der im Wellen-Wasser schneller von rechts nach links unterwegs als der Herr Papa am Beckenrand. Mit dem Ergebnis, dass dieser tendenziell an Geschwindigkeit zulegt. Dummerweise ist „Rennen“ am Pool halt auch verboten. Und das aus gutem Grund – und den hat er jetzt auch gerade herausgefunden …
Als der Papa wieder auf den Beinen ist, klettert sein Sohn gerade aus dem Wasser und will mit seinen Freunden eines der Mädels, die auf einer Liege sitzen, ins Wasser werfen. Die Jungs laufen grölend auf das Mädchen zu, der Papa von Jan-Friedrich hinterher. Und als ich mich gerade wundere, warum der jetzt mithelfen will, das Mädchen ins Wasser zu werfen, liefert er auch schon die Erklärung: „Jan-Friedrich, Du wirfst niemanden ins Wasser, den Du nicht vorher gefragt hast und der das auch will.“ Ah, ja. So geht das also juristisch korrekt – dann haben Generationen von Jugendlichen da wohl was falsch verstanden …
„Aber, Papa …“ – Jan-Friedrich will tatsächlich in die Diskussion einsteigen, wird aber sofort abgewürgt: „Keine Widerrede. Sonst musst Du aufs Zimmer. Du kannst gern zugucken, wie die anderen Jungs sie ins Wasser werfen, Du machst da aber nicht mit.“
Die Frage, ob Eltern peinlich sein können, wäre damit im Übrigen beantwortet. Und nein, das ist kein Einzelfall. Parallel dazu spielt eine weitere Geschichte – allerdings mit einer Mutter in der Hauptrolle. Sie sitzt an einem der Bartische und trinkt einen Kaffee. Bis ein Wasserball aus dem Wasser geflogen kommt und mitten auf jenem Tisch landet. Und wie Murphy das so will, natürlich exakt auf der Kaffeetasse, so dass diese jetzt leer ist. Dummerweise hat sich ein Teil des Kaffees auf den Weg auf die Bluse der Mutter gemacht. Der Ball springt runter, einer der Jungs kickt ihn zurück ins Wasser – das Thema könnte erledigt sein.
Könnte … Die Mutter hat nämlich auch einen Sohn im Wasser. Der wiederum hatte mit dem Wasserball rein gar nichts zu tun, sondern tummelt sich auf der anderen Seite des Beckens. Und dahin ist die Kaffee-Mutter unterwegs. Denn offensichtlich ist ihr Sohn nun einmal der einzige, den sie im Wasser kennt. Schon kurz vor dem Ziel geht’s los: „Tom, so geht das nicht. Ihr könnt den Ball nicht einfach wild herumschießen. Wenn Ihr nicht aufpasst, musst Du aufs Zimmer.“
Nun, tendenziell wäre es wohl eher an der Zeit, dass sie mal aufs Zimmer gehen würde – die Bluse sieht mit den Kaffeeflecken, nun, sagen wir mal, nicht gerade kleidsam aus. Vielleicht sollte man lieber die mal wechseln …
Und nein, die beiden Begebenheiten sind nicht erfunden, die haben sich innerhalb weniger Minuten hier exakt so abgespielt. Wobei Tom und Jan-Friedrich die „Eltern-Erziehung“ aber wohl nur noch ein paar Tage ertragen müssen – dann werden sie voraussichtlich wieder auf ihrem Internat sein … und ihre Eltern können sich den Dingen widmen, die sie auch können.
Ich bestelle mir noch einen Cappuccino und lese einen interessanten Artikel über Monsterwellen in der „Wunderwelt Wissen“ (die treten übrigens gehäuft vor der Küste Südafrikas auf, hoffentlich ist das kein schlechtes Omen) bevor ich zurück in unsere Kabine gehe und mich mal mit der Bearbeitung und Sortierung meiner Fotos beschäftige. Aktuell warten hier über 800 Bilder auf ihre Sichtung – da wird es wirklich langsam mal Zeit …
Und so verbringe ich die Zeit bis zum Abendessen mit meinen Fotos, nur kurz unterbrochen durch eine kleine Fotosession im Yacht Club kurz vor der Restaurantöffnung. Aber einmal muss man das Buffet ja mal dokumentieren.
Um 18.30 Uhr findet im Theater das „Club Treffen“ der Mitglieder im „Hapag Lloyd Kreuzfahrt Club“ statt – analog zu Fluggesellschaften kann man auch bei Hapag Lloyd Bonuspunkte für absolvierte Kreuzfahrten sammeln und diese dann für Getränkegutscheine, Upgrades oder teilweise auch Freipassagen einlösen. Ich bin zwar auch Clubmitglied, bin jetzt aber nicht so scharf auf ein weiteres Glas Champagner, so dass ich die Zeit lieber mit meinen Fotos verbringe.
Bis wir uns um 19.30 Uhr zum vorletzten Abendessen dieser Reise, natürlich wieder im Außenbereich des Yacht Club, treffen. Und obwohl das Thema des Abends „Afrikanisches Buffet“ lautet, kann ich einen meiner Vorsätze tatsächlich umsetzen – nämlich beim Essen mal einen Gang wegzulassen (in diesem Fall das Dessert). So langsam aber sicher muss ich mich ja wieder an die heimischen Verhältnisse gewöhnen – und die sind durchaus anders als hier.
Das Abendprogramm sieht für 22.00 Uhr das Neujahrskonzert im Theater vor – zugegebenermaßen ist mir das aber zu „klassiklastig“ und so tummele ich mich nur kurz im rückwärtigen Bereich des Theaters. Denn vor Beginn erfolgt die Ziehung der Gewinner der Neujahrstombola. Der Erlös dieser Tombola kommt ungekürzt der Crewkasse zugute – und von daher ist das für mich auch eine Form der „Danksagung“. Während beim Trinkgeld bestimmte Bereiche der Crew aufgrund ihrer „publikumsnahen“ Tätigkeit ja automatisch bevorzugt werden, obwohl ohne die „unsichtbaren guten Geister“ im Hinter- und Untergrund vieles an Bord auch nicht funktionieren würde, habe ich es mir angewöhnt, Trinkgeld dediziert immer für einen Bereich zu geben, der traditionell durchs Raster fällt. Auf meiner letzten Reise mit der „Mein Schiff 4“ war dies beispielsweise die Wäscherei. Und dieses Mal verbinde ich es halt mit der Tombola …
Zehn Lose habe ich jetzt in meiner Hand – wobei das eigentlich sieben zu viel sind. Es gibt ja nur drei Preise – einen Original-Europa-2-Rettungsring mit allen Unterschriften der Crew, eine „2“, die aus dem ersten Stahlschnitt des Schiffs in der STX Werft in Frankreich erstellt wurde und eine Europa-2-Fahne, ebenfalls mit allen Crew-Signaturen. Und einer der Preise würde mir ja schon reichen – wobei ich zugegebenermaßen am liebsten die „Stahl-2“ mit nach Hause nehmen würde.
Aber wie das Leben so spielt – es waren nicht sieben Lose zu viel, sondern es waren zehn falsche Lose … und so verschwinden alle drei Preise in anderen Koffern. Aber dafür ist das Geld in der Crewkasse gut angelegt – und das ist ja auch der eigentliche Zweck …
Erwähnen muss ich allerdings, dass einer der anderen Koffer Arndt und Birga gehören – ist es Arndt’s glücklichem Händchen beim Loskauf doch zu verdanken, dass sich die beiden den ersten Preis, den Rettungsring, sichern konnten. Ich gratuliere herzlich – und werde zu gegebener Zeit mal kontrollieren, ob das Teil auch den versprochenen Ehrenplatz erhalten hat.
Wir verschwinden leise aus dem Theater bevor das Konzert beginnt (und da sind wir glücklicherweise nicht die Einzigen), ich packe noch meinen Rucksack für den Ausflug morgen und lasse mich langsam aber sicher in den Schlaf schaukeln.