Wir haben unseren letzten Hafen dieser Reise erreicht, bevor wir übermorgen früh an unserem Ausgangspunkt in Kapstadt anlegen werden: Port Elizabeth. Und damit auch letztmalig die Gelegenheit, etwas von der südafrikanischen Tierwelt zu sehen – und so haben wir uns entschieden, heute das „Kariega Private Game Reserve“ zu besuchen.

Hierbei handelt es sich um ein „Big-Five-Reservat“ mit einer Größe von mehr als 10.000 ha – damit ist das Kariega Reservat mehr als drei Mal so groß wie die beiden anderen Parks, die ich auf dieser Reise besucht habe. Und das gibt Anlass zur Hoffnung, dass hier der „Naturcharakter“ noch mehr gegeben ist und das Ganze weniger nach „Zoo“ aussieht wie es zumindest im zweiten Park, dem Tala Wildreservat, gewesen ist.

Doch zuvor beginnt der Tag auch heute wieder mit einem (frühen) Frühstück, müssen wir doch um 8.30 Uhr bereits in unserem Reisebus sitzen, der uns ins Kariega Reservat bringen wird. Und unsere Reiseleiterin, eine seit Jahren in Südafrika lebende Holländerin, gibt auch gleich wieder den Hinweis, den man hier in Südafrika immer wieder bekommt (und den auch ich erst nach ersten Erfahrungen wirklich ernst genommen habe): die Sonne ist hier deutlich intensiver als wir das von der „europäischen“ Sonne gewohnt sind – nur kurze Zeit ungeschützt in der Sonne ist hier für einen ausgiebigen Sonnenbrand ausreichend (unser Guide in Durban hat beispielsweise berichtet, dass eine Stunde Gartenarbeit ausreichend war, um danach einige Tage im Krankenhaus zu verbringen).

Und so kommt dann zumindest bei denjenigen im Bus etwas Unruhe auf, die parallel erfahren, dass die Jeeps im Kariaga Reservat wirklich offene Jeeps sind, d.h. man hat der besseren Sicht wegen auf Überdachungen verzichtet. Was bedeutet, dass jeder seine eigene „Überdachung“ in Form eines Hutes haben sollte. Hat natürlich nicht jeder (kommt jetzt ja auch überraschend) 😉 … und so müssen hier größere organisatorische Räder gedreht werden, damit am Eingang des Reservates bei unserer Ankunft einige Basecaps zum Verkauf bereitstehen (die es normalerweise nur im Souvenirshop am Ausgang gibt).

Aber es bleibt ja genügend Zeit – die Fahrt bis ins Reservat dauert knapp zwei Stunden. Zeit, in der wir wieder einiges zu Südafrika erfahren (zumindest diejenigen, die jetzt nicht die unterbrochene Nachtruhe fortsetzen – was sich aufgrund der bequemen Busse mit großzügigen Sitzen, von denen auch nur rund zwei Drittel besetzt sind, durchaus anbietet).

Und so kommen wir gegen 10.30 Uhr im Kariega Game Reserve an – und ich bin jetzt schon begeistert. Denn schon bei der Fahrt hierher kann man erkennen, dass hier alles viel weitläufiger ist, die Landschaft „afrikanischer“ aussieht und man schon jetzt den Eindruck hat, „im Busch“ zu sein und nicht im Zoo.

Wir verlassen den Bus, bekommen unseren obligatorischen Willkommensdrink, haben (letztmals) die Gelegenheit für einen Toilettenbesuch und besteigen unsere Fahrzeuge für die kommenden drei Stunden. Offene Jeeps, die mit drei Sitzreihen mit jeweils drei Sitzen ausgestattet sind, warten mitsamt Ranger auf uns. Der „Game Drive“ (Pirschfahrt) kann beginnen.

Und während die beiden anderen Reservate, die ich besucht habe, im Prinzip nur auf Tagesbesucher ausgelegt waren, handelt es sich hier um ein „vollwertiges“ Reservat mit Übernachtungsmöglichkeiten in etwa 25 Chalets, so dass man hier bis zu drei Game Drives täglich machen kann. Und je nach Tageszeit und Wetter bieten sich dabei natürlich ganz unterschiedliche Gelegenheiten, die Tiere in ihrer natürlich Umgebung zu beobachten.

Wir müssen als Tagesgäste jetzt natürlich mit dem leben, was bei 30°C (im Schatten!) zu sehen ist. Das wird zwar nicht wenig sein – aber mehr „Action“ ist tendenziell natürlich zu den kühleren Zeiten zu erwarten. Einen Löwen, der eine Antilope durch das Reservat jagt, werden wir jetzt wohl kaum zu Gesicht bekommen.

Das Reservat ist in zwei Bereiche aufgeteilt: den deutlich größeren Teil, in dem sich die Elefanten, Löwen und Katzen befinden und den kleineren Teil, in dem sich die „Vegetarier“ aufhalten. Wobei wir mit dem größeren Teil beginnen – und nach Durchfahren eines schweren Stahltores auch relativ schnell auf unseren ersten Elefanten treffen. Dieser steht mitten auf dem Weg und frisst genüsslich Grass und Blätter. Und lässt sich von unserer Nähe (wir stehen keine fünf Meter von dem Elefanten entfernt) auch in keinster Weise stören.

Denn auch hier erfahren wir, dass der Jeep mit seinen Umrissen von den Tieren als (bekannter) Bestandteil der Natur angesehen und daher nicht als Gefahr wehrgenommen wird. Was sich schlagartig ändern würde, wenn jemand nur aufsteht und damit die bekannte Form eines Jeeps durchbricht – wobei die Reaktion der Tiere dann nicht unbedingt vorhergesagt werden kann. Je nach Tierart und Situation sind sowohl Flucht (besser) als auch Angriff (schlechter) denkbar. Wir wollen es nicht ausprobieren – und bleiben deshalb sitzen.

Nachdem wir jetzt den Elefanten-„Opa“, das älteste Tier im Reservat, gesehen haben, geht es jetzt auf die Suche nach den jüngeren Tieren. Und auch da werden wir schnell fündig – sie tummeln sich fast alle (der Hitze sei Dank) in einem kleinen See beim gemeinsamen Spiel. Und wie wir erfahren, ist es wiederum sehr selten, die Tiere hierbei beobachten zu können. Von daher trotzen wir auch gern der sengenden Sonne, die uns unnachgiebig auf den Kopf (bzw. inzwischen den meisten auf den Hut) brennt.

Wir bleiben ein Weilchen hier und beobachten die riesigen Tiere bei ihrem Spiel im Wasser – und das hat mit „Zoo“ nun absolut gar nichts mehr zu tun. Da kann man wirklich Lust auf mehr bekommen – das Projekt „Safari“ kommt definitiv auf die To-Do-Liste.

Leider haben wir ja heute nur drei Stunden Zeit – und wir wollen ja noch mehr sehen als die Dumbos. Von daher geht es weiter durch den Busch, bis unser Ranger über Funk den Hinweis bekommt, wo einer der Löwen zu sehen sein könnte. Querfeldein geht es in Richtung eines weiteren Wasserlochs – und siehe da: mittels Fernglas oder Teleobjektiv kann man einen der Könige der Tiere im Gebüsch beim Ausruhen beobachten. Klar, bei einem Tier, dass mehr als 18 Stunden am Tag schläft, ist nicht damit zu rechnen, dass es seine Ruhephase gerade bei der größten Mittagshitze unterbricht. Aber da hatte ich ja im ersten Reservat schon die Gelegenheit dazu – auch wenn man aufgrund der dortigen Fütterung durch Menschen sich natürlich dem „Zoocharakter“ angenähert hat.

Nicht zu Gesicht bekommen wir leider die Leoparden – aber auch die sind logischerweise zu anderen Zeiten aktiv. Und alle „Big Five“ bei einer einzelnen Pirschfahrt zu sehen, ist ja sowieso eher so etwas wie ein Sechser im Lotto.

Von daher machen wir uns jetzt auf den Weg in den „vegetarischen“ Teil es Reservates – und sind daher erstaunt, auf unserem Weg Antilopen zu begegnen. Die hätten wir hier jetzt eigentlich nicht erwartet. Aber auch hier klärt uns unser Ranger auf: die Antilopen in diesem Teil des Parks sind nicht Subjekt, sie sind Objekt – das heißt, die sind in erster Linie nicht hier, um von uns in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet zu werden, die sind hier, damit wir die Löwen in ihrer natürlich Umgebung beobachten können … oder anders ausgedrückt: sie sind Futter für die Löwen. Klar, macht Sinn – gefüttert werden die Löwen hier ja nicht.

Eine gute Stunde haben wir hier verbracht – und fahren jetzt erneut durch die Schleuse in den anderen Teil des Parks. Und sehen hier – nachdem wir zwei der Big Five ja bereits gesehen haben – noch den dritten im Bund: das Nashorn. Wobei diese hier – im Gegensatz zu den vorgestern – nicht unter ständiger Bewachung stehen. Hier hat man das „Horn-Problem“ anders gelöst: man hat ihnen die Hörner einfach entfernt, so dass sie für Hornjäger wertlos sind.

Allerdings hat man sich damit zwei andere Probleme geschaffen – das Horn muss irgendwo gelagert werden … und dieses Lager ist nun das Ziel der Verbrecher. Und: man kann das Horn nicht legal verkaufen, da aufgrund der Gesetzeslage jeder Handel mit dem Horn des Rhinos illegal ist. In diesem Bereich erwartet man aber wohl Gesetzesänderungen und ein Handelssystem analog den Diamantensyndikaten, was die Problematik entschärfen könnte.

Weiter geht unsere Fahrt und hinter jeder Ecke gibt es etwas Neues zu sehen: Antilopen, Gnus, Zebras, Strauße und Bussarde säumen unseren Weg – nur der Büffel schließt sich den Leoparden an und versteckt sich. Wobei drei von fünf schon ein guter Wert ist – zumal wir die Elefanten auch noch in einer seltenen Situation gesehen haben.

Und dann gibt es ja noch die Giraffen – nicht Bestandteil der Big Five, hier aber vielfach vertreten. Warum ich die die separat erwähne? Nun, weil mich die riesigen Tiere hier am meisten begeistern. Ich kann gar nicht so genau sagen warum, es ist aber einfach irgendwie ergreifend nur wenige Meter neben diesen Riesen zu stehen und ihnen beim Abzupfen der Blätter von den Bäumen zuzusehen. Oder in der Ferne einen Baum zu sehen, aus dem oben der Kopf einer Giraffe herausschaut ohne dass man den Rest des Tieres aufgrund seiner fleckigen Tarnung neben dem Baumstamm erkennen könnte.

Unsere drei Stunden sind inzwischen (leider) schon vorbei – ich könnte hier noch stundenlang im Busch auf Pirsch gehen. Das Reservat heute ist in der Tat das Highlight der drei Reservate gewesen, die ich auf dieser Reise gesehen habe. Und ich glaube, einen Zoobesuch finde ich in Zukunft nur noch langweilig …

Die Jeeps sammeln sich nach und nach an der Haupt Lodge des Reservats, in der uns das Mittagessen in Form eines afrikanischen Buffets (an dem u.a. die Antilope auch wieder auftaucht) gereicht wird. Suppe, Vorspeisen, Hauptspeisen, Dessert – es ist an alles gedacht. Und alles schmeckt lecker und absolut frisch. Da habe ich bei Schiffsausflügen schon anderes erlebt – auch in 5-Sterne-Hotels. Zu keiner Zeit hatte ich weder in Südafrika noch in Namibia bislang das Gefühl, man müsste beim Essen oder Trinken hier vorsichtig sein (so nach dem Motto „cook it, peel it or leave it). Sicher, auch hier wird es wie fast überall Bereiche geben, in der diese Weisheit hilft, den Urlaub gesund zu genießen – aber von einem grundsätzlichen Hygieneproblem muss man hier wohl nicht unbedingt ausgehen.

Zwei Stunden Busfahrt liegen jetzt noch vor uns bis wir zurück auf der Europa 2 sind. Und da wir heute schon den letzten Tag des Jahres erreicht haben, nutzt jeder die Gelegenheit für ein kurzes Nickerchen – kann ja nicht schaden bei dem, was heute noch vor uns liegt.

Denn der Silvesterabend an Bord beginnt um 18.00 Uhr. Mit einem Cocktailempfang auf dem Pooldeck, untermalt durch eine südafrikanische Drumband, die man noch kurz an Bord geholt hat (OK, war wahrscheinlich schon längerfristig geplant).

Der weitere Abend wird dann feierlich: in allen Restaurants wartet das „Silvester-Gala-Dinner“ auf uns. Und da wird noch mal alles aufgefahren, was Küche und Keller (bzw. Galley und Provision, um mal zwei nautische Begriffe zu verwenden) zu bieten haben. Und auch die Gäste nutzen offensichtlich gern die Gelegenheit, sich der „legeren“ Kleidungsempfehlung zum Trotz in Schale zu werfen: und so ist heute die ganze Bandbreite vorhanden – von Freizeithose und Kragenshirt mit Jackett bis zum Smoking mit Fliege. Und wie es immer so schön heißt: „Damen entsprechend.“ Und so lange ich da nicht mitmachen muss (also beim Smoking), gefällt mir das auch gut …

Um 21.00 Uhr geht dann die Party los: das Pooldeck verwandelt sich in die Partymeile: Erst legt der Bord-DJ auf, dann ist Rolf Stahlhofen von den Söhnen Mannheims mit seinen „Friends“ an der Reihe und kurz vor Mitternacht übernimmt Star-DJ Mousse T. – der „Final Countdown 2016“ wird eingeläutet. Allen voran Kapitän Ulf Wolter werden die letzten zehn Sekunden des Jahres heruntergezählt: 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 …

Ach ja, bevor die letzte Sekunde des Jahres vorbei ist – wisst Ihr eigentlich, was auf dieser Welt in einer Sekunde so alles passiert? Ich habe da mal ein bisschen recherchiert – durchschnittlich rast die Erde in einer Sekunde rund 30 km um die Sonne, es werden 2,4 Millionen E-Mails verschickt, 52.000 Artikel bei Facebook werden geliked, amazon verkauft mal schnell 3.000 Produkte, die schwarze Mamba als schnellste Schlange der Welt schleicht sich 7 m an, es werden weltweit mehr als vier Menschen geboren und es sterben fast zwei zur gleichen Zeit.

Und es wird „Prost Neujahr“ gerufen. Hier und aktuell von über 500 Passagieren und unzähligen Crewmitgliedern, die pausenlos Moët & Chandon nachfüllen. Der Internetzugang über Satellit findet praktisch nicht mehr statt (was egal ist, da auch der WhatsApp-Server in die Knie geht) und auch die Backup-Lösung „SMS“ stößt wie jedes Jahr an ihre Grenzen.

Wir befinden uns im Jahre 2016. Und die ersten guten Vorsätze („Nächstes Jahr esse ich weniger“) werden gebrochen: steht doch auf Deck 10 die „Kaviarstation“ bereit und auf Deck 9 ist das „Mitternachtsbuffet“ aufgebaut. Dem Anlass entsprechend mit vielen Leckereien.

Jetzt muss man sich natürlich unweigerlich fragen: muss man an Silvester Champagner trinken und Kaviar essen? Und das kann man ganz schnell beantworten: Nein, muss man nicht. Auch hier nicht: denn Würstchen mit Kartoffelsalat stehen am Mitternachtsbuffet natürlich auch bereit.

Viel wichtiger ist aber die Party – die läuft jetzt auf Hochtouren: Mousse T. tut, was er kann und die Boxen arbeiten auch am Maximum … und so wird die Party noch einige Stunden weitergehen. Und irgendwann gehen wir dann auch … und zwar ins Bett.

1. Januar 2016: Seetag – auf dem Weg nach Kapstadt