Die beiden vor uns liegenden Weihnachtsfeiertage liegen auf der Landkarte relativ günstig zwischen der Walvis Bay in Namibia und Mosselbaai in Südafrika, so dass nun zwei Seetage vor uns liegen – Zeit genug, um sich von dem Weihnachtsstress, der für uns Passagiere auf der Europa 2 natürlich überschaubar ist, zu erholen.

Und so beginne ich den heutigen Tag mit einem frühen Frühstück im Yacht Club, bekomme aber relativ schnell Gesellschaft von Dennis, der vom Kabinenservice versehentlich geweckt wurde (irgendwie haben wir gestern Abend wohl vergessen, die rote „Bitte-nicht-stören-Leuchte“ einzuschalten) und dann die Gelegenheit genutzt hat, aufzustehen.

Der Yacht Club liegt auf Deck 9 achtern – also eine Lage, die bei starkem Seegang nicht unbedingt optimal ist (da liegt unsere Kabine mittschiffs auf Deck 5 natürlich deutlich günstiger). Glücklicherweise macht uns das beiden nichts aus – man merkt hier oben aber schon recht deutlich, dass da mehrere Meter hohe Wellen das Schiff zum Tanzen bringen.

Noch deutlicher spürt man das natürlich bei den Wegen zum und vom Buffet – der eine oder andere Ausfallschritt ist das vorprogrammiert. Und manchmal muss man sich den Naturgewalten auch beugen und einige Schritte in eine Richtung gehen, in die man eigentlich gar nicht gehen wollte. Aber bereichern solche Momente nicht auch eine Kreuzfahrt? OK, jemand der für Seekrankheit anfällig ist, wird hier ggf. anders argumentieren …

Nach dem Frühstück wechsele ich die Location aufs Pooldeck – hier genehmige ich mir dann den zweiten Cappuccino des Tages und ein Tellerchen mit leckeren Weihnachtsplätzchen, während ich an meinem Laptop über die Erlebnisse auf dieser Reise berichte. Strategisch günstig kann ich hier so nebenbei auch die Mitpassagiere beobachten, die zum Frühstück in den Yacht Club gehen oder von dort kommen.

Und während eigentlich keiner der Passagiere erkennbar mit der Seekrankheit zu tun hat (OK, der eine oder die andere hat das typische Pflaster hinter dem Ohr kleben), bekommt man einen ganz guten Eindruck von den Mitreisenden auf dieser, zugegebenermaßen nicht ganz günstigen, Reise.

Und der ist durchweg positiv – hier kann man sich durchaus wohlfühlen. Natürlich von Einzelfällen abgesehen – ich erinnere nur an Gerda. Oder die Dame, die sich erst darüber aufregt, dass sie fast eine Minute warten musste, bis „das junge Ding“ die Bestellung aufgenommen habe und sich danach vom Buffet den Teller mit Schinken und Käse an den Tisch hinterhertragen lässt. Aber das sind Ausnahmen – und die findet man ja auch woanders.

Der Bereich an Deck leert sich inzwischen zunehmend – im Pool ist ja schon seit längerem kein Wasser mehr (das blieb da eh nicht lange drin) und so finden sich nur noch vereinzelt Leute, die mit einer Decke auf einer der Liegen im Freien liegen. Nicht unbedingt, weil die Sonne nicht scheinen würde, sondern weil der Wind relativ kalt ist. Und so kommen wir im Schatten auch nicht über Temperaturen von 15°C hinaus.

In der Sonne sieht das natürlich – trotz Wind – ganz anders aus. Und da sich auf unserer Veranda aktuell die Sonne noch blicken lässt, gehe ich jetzt zunächst mal auf unsere Kabine, rüste mich mit Smartphone und Kopfhörer aus und lege mich auf die Liege in die Sonne.

Und das hat was … Sonnenschein von oben, Wind von vorn, Musik von Santiano auf den Ohren und den Blick auf das weite Meer gerichtet. Die See ist aufgewühlt, auf den Wellen sieht man die Schaumkronen blitzen wie Schlagsahne auf einem Stück Pflaumenkuchen – und das Schiff hüpft lustig auf und ab.

Und so wird es heute bis in die Nacht hinein auch bleiben …

Natürlich liege ich jetzt nicht bis heute Abend in der Sonne – zum einen wechselt die im Laufe des Tages sowieso die Seite, zum anderen hat sie immer noch eine durchschlagende Wirkung: nur eine halbe Stunde ohne Sonnenmilch in der Sonne ist gleichbedeutend mit einem leichten Sonnenbrand.

Und von daher unterbreche ich mein „Chill-out“ für ein kleines Mittagessen. Birga, Arndt und ich haben uns verabredet, heute Mittag mal nicht im Yacht Club vorbei zu schauen, sondern stattdessen mal wieder dem Tarragon einen Besuch abzustatten. Denn dort gibt es ja neben den Tagesspezialitäten immer frisch angemachtes „Beef Tartar“ – und das ist einfach nur der Hammer. Und so gibt es dort heute – nach einem halben Dutzend Austern und einem kleinen französischen Zwiebelsüppchen als Vorspeise – eine große “Hauptspeisenportion“ Beef Tartar für Arndt und mich.

Den Nachmittag beginne ich dann so wie ich den Vormittag beendet habe – jetzt allerdings im Freibereich der Sauna, da die Sonne inzwischen dort angekommen ist. Leider ist der dortige Whirlpool aktuell auch ohne Wasser – aber auch das würde ja nicht allzu lange im Becken bleiben – von daher müssen wir da wohl auf ruhigere See warten.

Und so vergeht Stunde um Stunde … bis ich mich um 18.00 Uhr auf den Weg ins Theater mache – hier ist heute der Comedian Tim Boltz angetreten, um Teile seines Weihnachtsbuches „Oh, Pannenbaum“ zum Besten zu geben.

Und eigentlich ist das auch sehr nett – zwei Sachen fallen allerdings auf: zum einen ist das hiesige Publikum nur bedingt kompatibel zu ihm. Nicht jede seine Pointen kommt bei allen an (bzw. wird von allen verstanden). Einige Jugendliche und Junggebliebene kommen dennoch (oder gerade deswegen) auf ihre Kosten. Zum anderen kommt jetzt doch noch mal die Gästestruktur auf diesem Schiff zum Tragen – es hat zumindest den Anschein, dass bei dem Kapitel über die „Weihnachtliche Dramatik an der Kasse des Discounters“ einige im Publikum nicht mal ansatzweise verstehen können, um was es da im Detail geht bzw. vielleicht auch gar nicht so genau wissen, was ein Discounter eigentlich ist.

Wie auch immer – ich fands gut … und mache mich auf den Weg in den Yacht Club, wo ich mich mit Arndt, Birga und Dennis zum Abendessen treffe. Obwohl wir nichts reserviert haben (was auch erst ab fünf Personen geht), finden wir recht schnell einen freien Platz (der für die Bewohner der Owner Suite fest reservierte Tisch ist heute frei, da man heute an anderem Ort diniert). Und so arbeiten wir uns durchs Buffet (das heute als Spezialität Gans und Hummer in verschiedensten Variationen aufweist) bis zur Grillstation, wo ich zum Abschluss zwei schöne Rinderfilets erstehe.

Und so nebenbei erfahre, dass im „Weltmeere“, dem Hauptrestaurant an Bord, heute Abend rund die Hälfte der Reservierungen storniert wurde – also scheint es doch den einen oder anderen seegangsmäßig etwas erwischt zu haben.

Ich hoffe nur, dass ich mein bisheriges Glück behalte und davon auch weiterhin verschont bleibe … das muss schon irgendwie echt unangenehm sein. Irgendeiner hat ja mal von den „drei Stufen der Seekrankheit“ gesprochen:

  1. Hoffentlich sterbe ich nicht.
  2. Egal, wenn ich sterbe.
  3. Hoffentlich sterbe ich.

Klingt relativ brutal – nach Aussagen Betroffener scheint da aber echt was dran zu sein …

Aber da es bei Seekrankheit ja gut sein soll, immer was im Magen zu haben, haben wir uns zumindest mal gut vorbereitet – und schließen den Abend jetzt mit einem Absacker in der Sansibar ab.

26. Dezember 2015: „Technischer Stopp in Kapstadt“