In der Tat – pünktlich um 7.15 Uhr signalisiert der Wecker, dass es Zeit zum Aufstehen ist. Und Dennis liegt neben mir – scheint also irgendwann heute Nacht doch noch zurück gekommen zu sein …

Ich stehe also auf, mache mich – im Rahmen der Möglichkeiten – im Bad schön und warte auf den Aufruf zum Face Check. Und nachdem bis Viertel nach Acht nichts passiert ist, schaue ich dann doch mal aus dem Fenster. Und siehe da – wir haben noch gar nicht angelegt. Allerdings ist die Plattform für das Tendern ausgefahren und gerade steigen vier Leute in Uniform mit Aktenkoffern von einem Lotsenboot auf die Europa 2 um – offensichtlich ist es dann heute wohl doch zu windig für die Hafeneinfahrt gewesen, so dass wir heute also tendern werden.

Und wenn die Grenzbeamten schon mal an Bord sind, wird es ja wohl auch gleich losgehen – es sei denn, sie starten erst einmal mit einem ausgiebigen Frühstück, um die Motivation zu steigern.

Tun sie aber nicht – denn fünf Minuten später kommt schon die Durchsage, dass die Passagiere von Deck 5 jetzt ins Theater kommen können, damit dort der Facecheck durchgeführt werden kann. Arndt ist inzwischen auch schon bei uns und so sammeln wir noch schnell Birga ein und machen uns auf den Weg.

Am Eingang erhalten wir unsere Reisepässe mitsamt der gestern bereits von uns ausgefüllten Einreisekarte ausgehändigt, dann schauen wir kurz bei jemandem mit einer „Immigration“-Uniform vorbei, der vergleicht die Gesichter im Pass mit denen in Natura, drückt zwei Stempel in den Pass und schreibt noch etwas Unleserliches daneben – das ist es dann auch schon gewesen. Beim Verlassen des Theaters wird uns der Pass auch gleich wieder weggenommen – für alle Fälle hat gestern jeder bereits eine Farbkopie seines Passes auf die Kabine bekommen, die bei Landgängen mitgeführt werden kann.

Wir haben mit Deck 5 durchaus auch Glück gehabt – wenige Minuten später sind wir nämlich fertig, können gemütlich frühstücken und dann zeitnah das Schiff zum Landgang verlassen, während die Passagiere der höheren Decks erst einmal warten müssen, wann sie denn zur Einreisekontrolle gerufen werden. Und da sich nicht wirklich absehen lässt, wann das sein wird, sitzen die meisten da jetzt irgendwie unaufgeräumt herum.

Wir sitzen derweil im Yacht Club und lassen uns das Frühstück schmecken – und stimmen uns kurz ab, wie wir den heutigen Tag in Lüderitz verbringen wollen. Gesetzt ist Birga – sie hat einen Bikingausflug gebucht und wird daher gegen 10.00 Uhr das Schiff verlassen. Zumindest geht sie jetzt noch davon aus, dass das so sein wird …

Dennis will nur mal kurz an Land, um im Einkaufszentrum am Hafen (wurde nach dem Kapstädter Vorbild hier errichtet) ein bisschen zu shoppen und ich plane einen Spaziergang durch Lüderitz und will an einem vom örtlichen Touristenbüro angebotenen Ausflug nach Kolmannskuppe („Kolmanskop“) teilnehmen. Denn schließlich lag dort der Ursprung der deutschen Kolonialisierung von Deutsch-Südwest-Afrika (dem heutigen Namibia) zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nur Arndt ist sich noch nicht schlüssig, ob er Birga auf dem Bike, mich bei dem Ausflug oder Dennis beim Shoppen begleitet.

Hapag Lloyd selbst bietet außer der Bikingtour hier keine weiteren Ausflüge an – aber so richtig viel zu sehen gibt es hier in der Tat auch nicht. Zumindest nichts, was man mit einem Ausflug abdecken könnte.

Von daher finde ich es gut, dass es das lokale Angebot gibt, die „Geisterstadt“ Kolmannskuppe zu besuchen, dort an einer deutschen Führung teilzunehmen und somit einen Eindruck davon zu bekommen, wie das damalige Diamantenfieber dazu führte, dass sich hier Deutsche niederließen. 25 € kostet die Tour, die direkt am Hafen startet, so dass ich mich entscheide, den ersten Tender zu nehmen, um gleich die erste Tour machen zu können.

Leider bleibt es da bei der Theorie … an der Tenderpforte auf Deck 3 erfahre ich nämlich, dass das Schiff erst freigegeben werden kann, wenn die komplette Einreisekontrolle durchgeführt wurde – und da wir jetzt erst bei Deck 7 stehen, kann das noch gut und gern mehr als eine Stunde dauern. Das war ja wohl anders geplant …

Aber wie wir gehört haben, haben die namibianischen Beamten zwar stark angefangen (zu der Zeit, als wir an der Reihe waren), dann aber genauso stark nachgelassen – und so kommt es, dass das erste Tenderboot erst gegen 11.00 Uhr das Schiff verlässt. Und da der frühe Vogel ja bekanntlich den Wurm fängt, habe ich mich schon mal rechtzeitig in die Schlange gestellt (oder besser gesagt, ich habe sie angefangen), so dass ich auch das erste Boot nehmen kann.

Und was mir ja letztes Jahr schon mal aufgefallen ist, sticht auch heute wieder ins Auge – ich kenne ja nun die Tenderboote vieler Reedereien. Aber die der Europa 2 sind zumindest die einzigen die ich kenne, die eine Toilette an Bord haben (auch wenn ein Schild darauf hinweist, dass man diese nicht benutzen soll). Bei einem Einsatz als Rettungsboot kann das dann aber durchaus ein wesentlicher Qualitätsunterschied zu einem „normalen“ Rettungsboot sein 🙂

Im Boot selbst ist jetzt ein bisschen zusammenrücken angesagt – schließlich wollen ja fast alle nach Lüderitz übersetzen. Und da macht sich bei einigen wenigen bemerkbar, dass sie so etwas nicht wirklich gewohnt sind. Hinter mir sitzt beispielsweise ein Ehepaar auf einer Viererbank, wobei die beiden freien Plätze mit Taschen belegt sind. Man könnte sich also durchaus vorstellen, dass man die Taschen auf den Schoß stellt, so dass sich noch zwei Leute dazu setzen könnten (so wie das auf allen anderen Viererbänken auch passiert).

Aber nicht nur, dass das hier nicht passiert – sie beschwert sich auch noch lautstark darüber, dass da immer noch mehr Leute aufs Boot gelassen werden würden … irgendwann wäre das ja auch mal voll. Das stelle ich mit interessant vor, wenn es mal tatsächlich zu einer Evakuierung kommen sollte – vermutlich geht sie davon aus, dass dann auch noch der Suitenbutler mitkommt und das „Handgepäck“ mitbringt …

Nur um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen – das sind Einzelfälle. Und zwar ganz wenige. Wobei – nachher im Bus gibt es noch so einen …

Den erreichen wir nämlich etwa 20 Minuten später – direkt nach dem Ausstieg am Hafen steht ein Reisebus bereit, der wohl für den Ausflug nach Kolmannskuppe gedacht ist. Zumindest steht eine deutsch sprechende Dame dabei, die auf ihrem Poloshirt das Wort „Guide“ stehen hat und von jedem, der einsteigt, 25 € haben will.

Ich steige also ein, suche mir einen Platz mit einem nicht defekten Sitz (davon gibt es aber nicht so viele – die meisten sind in der „Liegestellung“ und können mangels Hebel auch nicht mehr aus dieser zurückgestellt werden) und warte auf die Abfahrt.

Dazu wiederum kommt es nicht. Der Bus ist etwa halb voll, weitere Gäste sind aktuell nicht in Sicht und dennoch fahren wir nicht los. Wir warten 5 Minuten, wir warten 10 Minuten – und einer Dame platzt der Kragen: „Was ist denn das für eine Organisation – warum fahren wir nicht endlich los?“ Ihr Mann findet das nicht so gut (also ich weiß natürlich nicht, ob das ihr Mann ist – aber er sitzt immerhin neben ihr): „Gerda. Lass doch.“

Doch Gerda lässt nicht. Sie geht zur der mit „Guide“ beschrifteten Dame und wiederholt ihr Ansinnen. Wobei die absolut cool bleibt: „Ich habe das eben schon gehört. Wir warten, bis der Bus voll ist – dann geht es los.“ Und da in wenigen Minuten ja noch ein Tenderboot kommt, ist das ja auch nachvollziehbar – ansonsten würden wir mit einem halbvollen Bus fahren und die anderen müsste eine Stunde warten, bis der Bus wieder da ist.

Wobei Gerda das nicht nachvollziehen kann. Zurück auf ihrem Platz (der dummerweise direkt hinter mir liegt): „Unmöglich ist das hier. Wie kann man so etwas nur anbieten. Bei uns würde es das nicht geben!“ Da ist er dann also, mein Lieblingssatz von Kreuzfahrturlaubern. Denn dafür gibt es eine ganz einfache Lösung: Zu Hause bleiben. Bei uns. Dann muss sich niemand darüber ärgern, dass es in anderen Ländern andere Sitten gibt. Und die anderen Passagiere müssen sich nicht dieses unsägliche Gejammer anhören.

Was noch niemand ahnt – das geht jetzt durchgängig so weiter. Bis wir wieder zurück sind. Aber vorher muss noch eine Mitarbeiterin von Hapag Lloyd daran glauben, die zufällig auch in unserem Bus sitzt. Und zwar als Privatperson auf Landgang. Sie hat mit den Ausflügen von Hapag Lloyd schon nichts zu tun und mit diesem (der ja von der örtlichen Touristeninformation angeboten wird) nochmal viel weniger. Nämlich nichts. Aber das stört unsere Gerda natürlich nicht: „Sie müssen da jetzt was tun. Ich finde das nämlich unmöglich von Hapag Lloyd.“

Die Diskussion geht noch etwas weiter – natürlich ohne Ergebnis. Aber Gerda hat einen gewissen Unterhaltungswert für die restlichen Passagiere im Bus (von der Hapag Lloyd Mitarbeiterin vielleicht mal abgesehen – die bekommt dann aber immerhin relativ schnell Hilfestellung von den anderen Gästen). Es ist mir ein Rätsel, warum man tausende von Kilometer in fremde Länder fliegt und sich dann nicht auf das Land und die Leute dort einfach mal einlassen kann – genau das macht so einen Urlaub doch aus …

Und siehe da – wenige Minuten später ist das zweite Tenderboot da und der Bus voll. Und schon geht’s los und wir sind auf dem Weg zur „Geisterstadt“. Bereits wenige Minuten später bekommen wir auch schon einen ersten Vorgeschmack: die in der Stadt asphaltierte Straße wandelt sich beim Verlassen des Stadtkerns schnell in eine Sandpiste – so wie auch rechts und links eigentlich nur noch Sand zu sehen ist. Man kommt sich irgendwie vor wie in einer großen Sandkiste auf einem Kinderspielplatz.

Hier schauen dann aber immerhin einzelne Häuser bzw. Häuserruinen aus dem Sand heraus. Kolmannskuppe – die „Geisterstadt“, die Wurzel der deutschen Kolonialisierung. Hier wurden Anfang des 20. Jahrhunderts Diamanten gefunden, was zur Folge hatte, dass hier eine kleine deutsche Stadt entstand. Diese ist im Laufe der Jahre nach und nach von der umliegenden Wüste „verschluckt“ worden, die Sandstürme haben die Häuser immer wieder „sandgestrahlt“, so dass diese nach und nach in sich zusammengefallen und wieder eins mit der Wüste geworden sind.

Bis man vor rund 20 Jahren damit begonnen hat, den Zerfall der einst reichsten Stadt Afrikas aufzuhalten und einzelne Häuser zu renovieren. Die teilweise noch vorhandene Einrichtung steht jetzt wieder an den Originalplätzen und so sind eine von Mauleseln gezogene Straßenbahn, eine Bäckerei, ein Lebensmittelhändler und eine Schlachterei ebenso zu sehen wie eine Schule, ein Krankenhaus, eine Mehrzweckhalle oder auch eine Kegelbahn.

Wie sagt unser Führer so schön: „Wie eine kleine deutsche Stadt – nur eben in der afrikanischen Wüste. Wind, Sand und Diamanten – das hatten wir. Der Rest kam aus Deutschland. Und hätte es hier Frischwasser gegeben, wäre bestimmt auch eine Brauerei dabei gewesen.“ Leider gab es das nicht – und so mussten monatlich 1.000 t Frischwasser aus Kapstadt angeliefert werden. Und das Bier aus Deutschland.

Denn auch die vom örtlichen Laden angebotenen Lebensmittel kamen von auswärts – und zwar von „zu Hause“ aus Deutschland: Kartoffeln, Wurst und Jägermeister – alles wurde importiert. Die Anlieferung erfolgte mit dem Schiff und dauerte 21 Tage – die Originalbestellungen sind heute hier in der Ausstellung noch zu besichtigen.

Ach ja, das mit dem Sandstrahlen merken wir auch. Hier geht nämlich ein ziemlich starker Wind (wobei unser Guide das nur mit „leichter Brise“ bezeichnet) – der uns umgebende Sand wird allerdings dadurch nicht nur aufgewirbelt, sondern auch durch die Luft getrieben – und auf der nackten Haut fühlt sich das wie kleine Nadelstiche an.

Hilfreich wäre jetzt eine Sonnenbrille gewesen (die habe ich natürlich auf dem Schiff vergessen), denn auch in den Augen (und allen anderen Körperöffnungen) sammelt sich der feine Sand. Das bemerkt übrigens auch Gerda – wobei sie die einzige ist, die uns an diesem Leid teilhaben lässt: „Das hätte man uns vorher aber sagen müssen.“

Gänzlich vorbei ist es dann aber, als unser Guide erwähnt, dass man regelmäßig auf den Boden schauen sollte – hier gäbe es nämlich giftige Schlangen. Die wären zwar nur ein bisschen giftig, aber beißen lassen sollte man sich besser nicht. Und da die Tiere sandfarben wären, würde man sie auch nicht so richtig gut sehen. Wir sollten also einfach die Augen offenhalten. Dass es Gerda auch nicht gut findet, dass es in Namibia giftige Schlangen gibt, könnt Ihr Euch sicher vorstellen. Zumal es das bei uns zu Hause … – naja, sparen wir uns das … 😉

Ich bin in jedem Fall ziemlich beeindruckt. Zwischen 1900 und 1920 eine solche Stadt mit kompletter Infrastruktur (Meerwasserleitungen, Abwassersystem, Strom, Telegrafie, Bahnanschluss) aus dem Nichts aufbauen – da gehört schon was dazu. Das meint übrigens auch unser Reiseleiter: „So etwas konnten nur die Deutschen.“ Wobei er sich durchaus auch mit den aktuellen Gegebenheiten in unserem Land beschäftigt: „Wenn man das sieht, versteht man gar nicht, dass die Deutschen fast 100 Jahre später an einem Flughafen scheitern.“ Touché!

Nach rund 45 Minuten ist die Führung nach Besichtigung der Kegelbahn beendet – und wir haben Zeit, uns auf eigene Faust umzuschauen bevor wir mit einem der stündlich abfahrenden Busse zurück nach Lüderitz fahren können.

Ich habe Glück – etwa 15 Minuten nach unserer Führung kommt gerade einer der Busse an, so dass ich gegen 13.30 Uhr zurück am Hafen bin. Ich gehe ein bisschen in Lüderitz umher, finde den einen oder anderen Hinweis auf die deutschen Wurzeln („Bismarckstraße“ und „Stettiner Straße“, aber beispielsweise auch die „Göringstraße“). Sehenswert wäre sicher noch die Felsenkirche gewesen – allerdings ist mir der Weg dahin jetzt doch zu weit … und zu windig ist auch.

Und so schließe ich meinen Besuch mit dem Einkaufszentrum an der Waterfront ab. Laut dem Hapag Lloyd Tagesprogramm sollte mich das erwarten: „… lädt die Waterfront Meile zum Verweilen ein, mit Cafés, Restaurants, Boutiquen und Souvenirläden.“ Nur bin ich damit – im Gegensatz zum Kapstädter Vorbild – in drei Minuten fertig. Denn außer zwei geöffneten Läden und einem Restaurant gibt es hier nichts. Gar nichts. Und so kann ich auch Arndt und Dennis signalisieren, dass sie nicht wirklich etwas verpassen, wenn sie an Bord bleiben. Zumal der Wind immer stärker auffrischt und die Tenderfahrt zwischen der Europa 2 und Lüderitz dadurch auch nicht angenehmer wird.

Von wenig Erfolg gekrönt ist auch meine Suche nach einem WLAN – denn leider bietet die Telekom in Namibia keine kostengünstigen Datenpässe an (in anderen Ländern zahlt man dann für 50 MB innerhalb von 24 Stunden nur 2,95 €) sondern nur einen Volumentarif. Und der ist aus Kostengesichtspunkten nicht wirklich zur Nutzung geeignet: denn 0,79 € für 50 KB sind schon eine Hausnummer. Um es mal griffiger zu machen: der Versand eines Fotos per WhatsApp mit 4 MB (also ein normaler Schnappschuss mit dem Smartphone) würde schlappe 63,20 € kosten. Das ist dann doch mal ein „wertvoller“ Urlaubsgruß …

Also fahre ich zurück zur Europa 2. Beim Einsteigen in das Tenderboot lasse ich mir noch eine kalte Cola light geben (dieser Getränkestand an den Tenderstationen gefällt mir immer wieder gut) und dann geht es auch schon los. Und das meine ich wörtlich – das ist heute nämlich „Tendern für Fortgeschrittene“.

Ja, ich weiß, die Boote sind dafür ausgelegt, dass sie auch bei rauer See weiter schwimmen. Aber wenn Du mit einem Boot, das keine vier Meter hoch ist von Wellen umspült wirst, die durchaus die vier Meter erreichen, dann schaukelt das doch ein bisschen … Und so ist hier festhalten angesagt. Und das im Sitzen … Auf dem Jahrmarkt würde man da jetzt die Durchsagen hören: „Und noch eine Runde … und jetzt mal rückwärts … wer will noch mal …“

Schade, dass Gerda nicht dabei war – ihr hätte das bestimmt auch gefallen. 🙂

Aber irgendwie schaukeln auch wir uns, teilweise mit, teilweise gegen die Wellen an die Tenderplattform der Europa 2 – wir sind gut zurück. Und ich fühle mich irgendwie „abgenutzt“. Ein bisschen sandgestrahlt, die restliche Frisur vom Winde verweht und noch Sand in den Schuhen aus Hawaii, äh … Namibia, ziehe ich rasch meine Klamotten aus, den Bademantel an und lasse mich nach einer kurzen Dusche im Dampfbad mal kurz aufkochen. Dann nochmal geduscht – und jetzt fühle ich mich wieder wie frisch geboren.

Nur der Hunger ist noch da. Und da es jetzt fünf vor drei ist, entscheide ich mich kurzfristig, weder den Suitenservice noch die Grillstation im Yacht Club in Anspruch zu nehmen, sondern viel mehr meine tägliche Ration unnötiger Kalorien an der Waffelstation auf dem Pooldeck abzuholen. Heute übrigens mit frischen Erdbeeren und Schlagsahne.

Nur Schreiben kann ich hier in der Sonne nicht – mein MacBook signalisiert, dass es sich zeitnah ausschalten wird, wenn ich nicht aus der Sonne verschwinde (OK, die Meldung hat es etwas freundlicher umschrieben: „Das MacBook könnte in den Ruhezustand wechseln, wenn Du die Word-App nicht beendest. Jetzt beenden?“)

Ich gebe mich geschlagen, nehme meinen Laptop unter den Arm und gehe in das Belvedere am Bug. In diesem Loungebereich trifft man sich nachmittags zu Kaffee und Kuchen (das hat hier ein bisschen was von „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens). Aber man kann natürlich auch einfach an einem Tisch in der Ecke an seinem Buch schreiben, dazu einen Cappu trinken und ein paar von den selbstgebackenen Weihnachtskeksen essen.

Der Bordpianist kommt dann auch um 16.00 Uhr und bringt eine Stunde lang passende Musik zu Gehör (heute im wesentlichen Weihnachtslieder) und so kommt in der afrikanischen Sonne sogar ein bisschen was wie Weihnachtsstimmung auf.

Vor den Fenstern pfeift der Wind übrigens immer stärker – und so verwundert es nicht, dass wir vom Kapitän darüber informiert werden, dass der Tenderverkehr ab sofort eingestellt wird, da der Wind inzwischen eine Stärke von 8-9 Bft. erreicht habe. Ich vermute aber mal, dass er den Tenderverkehr in Richtung Lüderitz gemeint hat und nicht den zurück – denn zumindest die Radler sind noch unterwegs … und das wäre dann ja schon dumm, wenn die hier bleiben müssten – insbesondere auch, weil Birga da ja mit dabei ist.

Aber alles geht gut – und so können wir pünktlich gegen 18.00 Uhr Lüderitz in Richtung Walfischbai verlassen, wo wir morgen gegen 10.30 Uhr den Lotsen aufnehmen werden. Die drei Tage bis Heiligabend liegen wir dann dort, so dass einige der Passagiere die angebotene Möglichkeit wahrnehmen, einen dreitägigen Ausflug in ein Wildreservat zu unternehmen, um dort Tiere zu beobachten. Und auch wir hatten diese Möglichkeit ja angedacht, uns dann aber dagegen entschieden, da wir das Thema „Safari“ als separaten Urlaub (und dann mal ohne Schiff) andenken wollen.

Jetzt geht es aber erst einmal zum Abendessen – und zwar in das Restaurant „Elements“. Hier wird die „Vielfalt der asiatischen Küche: von traditionell chinesisch bis zu indischen Spezialitäten“ angeboten. Und so genieße ich heute:

Salat von junger Kokosnuss, Paprika und Babymais
mit vielen Kräutern und gegrillter Wassermelone (Thailand)

„Tom Kha Gai“ – scharfe Hühnersuppe mit Kokosmilch (Thailand)

Gebratene Eiernudeln mit Gemüse, Ingwer, krosser Entenbrust
und milder Chilimarmelade (Indonesien)

Pikante Rinderfiletstreifen mit Knoblauch, Galangal und Pak Choi (Thailand)

Und zugegeben – ich esse ja nun in der Tat gern thailändisch … und das hat heute schon richtig lecker geschmeckt. Auch wenn die zwei Chilischoten in der Karte bei den Rinderfiletstreifen vielleicht doch auf mehr Schärfe hingewiesen haben als denn tatsächlich vorhanden ist. OK, so ein bisschen ins Schwitzen kommt man schon – wenn mein Thai zu Hause aber irgendwo zwei Chilischoten dranmalt, dann sind die da auch drin 😉

Da wir beim Essen im Prinzip schon die Gespräche beim anschließenden Absacker „abgearbeitet“ haben und es inzwischen auch schon recht spät geworden ist und wir damit auch die Show im Theater verpasst haben, gehen wir direkt vom Abendessen in unsere Kabinen – ich lese jetzt noch ein bisschen, bevor es dann morgen in die Wüste geht.

22. Dezember 2015: Walfischbai (Namibia)