Wer hätte es geahnt … die Sonne und ich kommen mehr oder weniger gleichzeitig zum Vorschein. Und während die Sonne sich dazu entscheidet, weiter aufzugehen und ihren Weg gen Westen fortzusetzen, entscheide ich mich zunächst, meine Nachtruhe noch nicht zu beenden und drehe mich nochmals um.

Bis gegen acht – dann bin ich endgültig wach. Ich springe aus dem Bett (OK, sollte man nicht zu wörtlich nehmen), schaue mal ins Bad und gehe dann zum Frühstück ins Marktrestaurant. Mir ist heute irgendwie nicht nach Rossini – und so treffe ich auf Daniela, mit der ich nun die Zeit bis zur Ausflugspräsentation bei Omelette, Lachs und Obst verbringe.

Und morgen ist es ja dann auch schon so weit: der letzte Hafen unserer Reise, Bergen, steht vor der Tür. Gestern Abend hingen schon die Abreiseinfos an der Tür (ein untrügliches Signal, dass auch die schönste Kreuzfahrt mal zu Ende geht) und jetzt steht die letzte Ausflugspräsentation an.

Aktuell habe ich in Bergen ja sowohl den Spaziergang auf eigene Faust gebucht (was ja im Prinzip nur aus dem Ticket für die Fløibanen und dem Gutschein für ein Fischbrötchen auf dem Fischmarkt besteht) als auch den Helikopterrundflug über Bergen und Umgebung gebucht.

Nach wie vor fehlt hierfür aber ein weiterer Mitreisender, damit die Mindestteilnehmerzahl erreicht ist – und zusätzlich stellt auch der Wetterbericht für morgen, den ich gerade noch mal abgerufen habe, meine Entscheidung, mit dem Heli über Bergen zu fliegen, noch in Frage. Naja, mal schauen, ob sich denn zumindest noch jemand findet, sonst muss ich die Wetterfrage ja gar nicht mehr beantworten.

Ich schaue mir also die Präsentation an, glaube kaum, dass der Vortrag des Bikingguides, in dem er die beiden Radtouren hervorhebt, auf Gegenliebe des anwesenden Publikums stößt („Für die Aktivtour müsst Ihr schon richtig fit sein und an Eure Grenzen gehen wollen!“) und hoffe, dass die Fotos vom Hubschrauberflug doch noch irgendjemand überzeugen können.

Und so frage ich um kurz vor 12 mal vorsichtig nach – wenn sich bis jetzt keiner mehr gefunden hat, wird das wohl eher nichts werden, da um 12.00 Uhr der Buchungsschluss ist. Und – es hat sich nicht nur kein Dritter mehr gefunden, der Zweite ist auch noch abgesprungen. Super – damit hat sich das in der Tat erledigt (und ich muss dem Wetter keine weitere Beachtung mehr schenken).

Also wird das morgen in Bergen ein recht entspannter Tag, an dem ich den Spaziergang durch die Stadt, verbunden mit Brygge und dem Fischmarkt, sowie die Auffahrt auf den Fløyen mit der Standseilbahn mache. Ob ich dann den Berg zu Fuß wieder herunterlaufe oder alternativ mit der Bahn wieder nach unten fahre, sehe ich dann morgen – und mache das wohl im wesentlichen vom Wetter abhängig (wobei ich allerdings befürchte, dass Bergen als regenreichste Stadt Europas ihrem Titel wieder mal alle Ehre machen wird).

Jetzt sitze ich zumindest erst mal wieder an meinem Stammplatz in der AIDA Bar, berichte ein bisschen von dieser Reise, suche ein paar Fotos aus und bearbeite diese für das Titelbild des Reiseberichts – während draußen immer wieder mal die Regentropfen ans Fenster prasseln und sich das Schiff ab und zu mal ein bisschen um die eigene Längsachse bewegt. Das ist zwar noch lange vom Seegang entfernt, reicht aber schon dafür aus, dass die ersten Pflaster hinter die Ohren geklebt, die Akkupressurbänder angelegt und an der Rezeption schon mal vorsorglich um Tabletten angefragt wird. Mal schauen, was draus wird – aber die Strecke von Trondheim nach Bergen ist ja immer wieder mal ein bisschen ruckeliger … ähnlich wie die nach Madeira – denn auch da ist ja meistens etwas Bewegung im Spiel.

Und das verstärkt sich dann über den Nachmittag auch noch – obwohl sich das Wetter deutlich bessert. Von Regen ist keine Spur mehr in Sicht, der Himmel ist mehr oder weniger blau und auch die Sonne schickt ihre Strahlen aufs Pooldeck. Nur der inzwischen recht starke Wind, der durch den Fahrtwind noch verstärkt wird, macht den Aufenthalt hier oben zu einem kühlen Vergnügen.

Aber das hält mich nicht davon ab, den mit Jacken, Mützen und Decken bewaffneten Leuten an Deck in der Badehose entgegen zu treten. Zugegeben, nur auf den fünf Metern vom Ablegen des Bademantels bis zum Whirlpool, aber immerhin. Und da drin ist es dann echt genial. Ganz im Gegensatz zu den Whirlpooltemperaturen, die man von AIDA sonst so gewohnt ist, ist das hier mit Badewannentemperatur (also etwas über der Körpertemperatur) so richtig zum Entspannen geeignet. Das Gesicht in die Sonne gehalten könnte fast Mittelmeerfeeling aufkommen.

Und das sehen offensichtlich auch die Jugendlichen hier an Bord so … keine zehn Minuten, nachdem ich in den Pool gegangen bin, wird’s hier voll: acht Jugendliche leisten mir nämlich ab jetzt Gesellschaft: „Cool, endlich mal einer, der sich da auch reintraut …“ – OK, die scheinen öfter hier drin zu sein … und womit? Mit Recht!

Nach einer halben Stunde reicht es mir dann aber auch, da der Wind im Gesicht jetzt dann doch langsam frisch wird und auch die Wolken langsam aber sicher wieder die Oberhand gewinnen. Zumal es jetzt kurz vor vier und damit die Gelegenheit günstig ist, den 4-nach-4-Aufguss zum Aufwärmen zu nutzen.

Ich verlasse also den Pool, lege den Weg zu meinem Bademantel jetzt dann doch deutlich schneller zurück als den Hinweg und sehe zu, dass ich in der Sauna unter die warme Dusche komme. Zum Aufguss schaffe ich es gerade noch – und das ist auch gut so, da der wieder von der Sportfrau gemacht wird, die weiß, wie’s richtig geht …

Danach geht’s dann noch mal kurz aufs Deck zum Abkühlen (aber wirklich nur kurz) bevor ich dann unter der Dusche feststelle, dass das Geschaukel noch etwas zugenommen hat. Nach wie vor vom Seegang entfernt (als „Seegang“ definiere ich den Zustand, wenn im Treppenhaus die Tüten aufgehängt werden), muss man unter der Dusche aber ab und zu schon mal schauen, dass man noch unter dem Strahl steht.

Bis zum Abendessen ist jetzt noch etwa ein Stündchen Zeit – die nutze ich mal für einen Blick auf die Situation in der Welt, indem ich mir mal die tagesschau zu Gemüte führe und danach noch ein kleines Nickerchen mache.

Aber nur so lange, dass ich um kurz nach sechs ins Marktrestaurant komme – da ist heute nämlich „USA“ das Thema. Und nach Griechenland ist das eines der Themen, denen ich mich gern widme. Gibt es da doch (erstmals auf dieser Reise) Burger … aber natürlich nicht nur: Baked Potatoes mit Sour Creme, Clam Chouder (Muschelsuppe), saftige Rindersteaks, Zwiebelringe, Spare Ribs (richtig gut gewürzt!), Chili Poppers und vieles mehr … Da kann „Australien“ im Calypso nicht wirklich mithalten.

Im Restaurant sieht man übrigens durchaus, dass wir heute das erste Mal ein bisschen Bewegung auf dem Schiff haben. Praktisch alle machen den Eindruck, als ob sie sich unter Alkoholeinfluss fortbewegen würden, manch einer steht zwar mit seinem Teller vor dem Essen, stellt dann aber fest, dass sich das Essen im Moment des Zugreifens um etwa eine Schrittlänge entfernt hat und wieder andere kommen schon mit einem leichten Grünstich im Gesicht ins Restaurant.

Und die mag ich ja nun nicht so sehr … weil es manchmal halt nicht bei dem Grünstich bleibt und sie dann den Rest der Gäste an ihrem Unwohlsein teilhaben lassen. Glücklicherweise nicht heute – aber ganz unbekannt ist mir die Situation von anderen Reisen nicht.

Erziehungstechnisch etwas Nachhilfe könnte aber auch eine der grünstichigen Damen gebrauchen, die ihrer etwa sechs Jahre alten Tochter auf die Frage, ob es ihr denn nachher auch schlecht werden wird, antwortet: „Bestimmt, mein Schatz.“ Ich würde jede Wette annehmen, dass das jetzt keine Stunde mehr dauert … 🙁

Auf dem Rückweg schaue ich dann noch mal in der AIDA Bar vorbei, um mir einen Ramazotti Sour zur Verdauung zu genehmigen – und treffe unterwegs doch die eine oder andere mit einem Teller, einem Schälchen oder auch nur einem Tee auf dem Weg zu den Kabinen. Offensichtlich scheint es also doch den einen oder anderen Ausfall zu geben.

Warum da übrigens nur Frauen mit dem Essen unterwegs sind, lässt sich nicht so wirklich ergründen. Es kann ja statistisch gesehen kaum sein, dass nur Männer seekrank sind. Aber wahrscheinlich bleibt das genau so ein Rätsel wie die Frage, warum ältere Damen mehrheitlich ein zerknülltes Tempotaschentuch wahlweise in der zur Faust geballten Hand oder im Ärmel versteckt durchs Schiff tragen (die Frage habe ich in einem früheren Bericht schon mal aufgeworfen – eine Antwort hat mir bis jetzt aber noch niemand geben können).

Ursprünglich wollte ich ja um 19.00 Uhr zur Destinationspräsentation über Asien gehen – nach kurzer Rücksprache mit dem Reiseberater stellt sich aber heraus, dass er nur die Südostasienziele, die ich alle schon kenne, vorstellt. Meine Hoffnung, er würde auch über die Asienziele der AIDAprima auf der Jungfernfahrt sprechen, erfüllt sich somit nicht – und damit wird das dann auch eher uninteressant.

Und so entscheide ich mich, bis zur Show um 21.30 Uhr im Theater („James Bond 007“) noch ein bisschen in die Kabine zu gehen und zu lesen. Und nachdem ich schon mal hier bin, ich die Show ja schon kenne und mein Buch doch relativ spannend ist, bleibe ich gleich da …

Nach etwa einer Stunde habe ich es dann doch tatsächlich geschafft – ich bin fertig mit dem Buch und stelle fest, dass es da eine Fortsetzung gibt. Und natürlich will ich wissen, wie es weiter geht. Und das ist jetzt der Moment, wo meine Kindle seine volle Leistung zeigen kann. Ich deaktiviere den Flugmodus und warte ab …

Nach etwa 30 Sekunden will er ins Schiffs-WLAN. Vernünftiger Gedanke – aber ich will nicht. Das müsste ich ja bezahlen. Also warte ich weiter. Und als er nach drei Minuten kein anderes WLAN mehr findet, aktiviert er den eingebauten Mobilfunkmodus, um sich darüber mit dem Kindle Store von amazon zu verbinden.

Und selbst die Tatsache, dass nur das Mobilfunknetz vom Schiff verfügbar ist, hält ihn nicht davon ab, sich mit diesem zu verbinden und mich den zweiten Teil meines Buchs kaufen zu lassen – und den dann auch gleich herunterzuladen. Sehr sauber – ich hatte seinerzeit ja bewusst einen Kindle mit 3G gekauft, um genau in diesen Situationen Zugriff auf den Store zu haben – dass der sich aber auch in dem nicht gerade billigen Schiffsnetz einbucht, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Da hat amazon wieder einmal keine halben Sachen gemacht …

Und so kann die Lesenacht jetzt noch ein bisschen weitergehen, bis mich dann das Schaukeln des Schiffs beruhigend in den Schlaf wiegt …

Naja, oder auch nicht. Denn inzwischen hat der Wind weiter zugenommen und auch die Windrichtung scheint nicht wirklich optimal zu sein – zumindest steigert sich die Schaukelei weiterhin. Inzwischen sind wir bei einer Windstärke von 10 Beaufort angelangt – und das spürt man durchaus.

Wikipedia beschreibt Windstärke 10 auf dem Meer übrigens wie folgt: „Schwerer Sturm, sehr hohe See, sehr hohe Wellen, weiße Flecken auf dem Wasser, lange, überbrechende Kämme, schwere Brecher

Wären wir stattdessen an Land, würden „Bäume entwurzelt, Baumstämme brechen, Gartenmöbel weggeweht und große Schäden an Häusern“ auftreten. Gut, dass wir auf See sind – und die Cara das problemlos wegsteckt. Ich befürchte aber mal, dass es Passagiere gibt, denen es nicht ganz so gut bekommt wie dem Schiff – zumindest höre ich aus meiner Nachbarkabine, dass die Toilettenspülung doch relativ häufig betätigt wird.

Mich stört das Ganze lediglich beim Einschlafen – denn das ist irgendwie recht schwierig, wenn man im Bett ständig von rechts nach links und von vorn nach hinten bewegt wird. Das ist irgendwie so ein Gefühl wie beim Beschleunigen im Auto, wenn man plötzlich den Fuß vom Gaspedal nimmt – und ihn danach wieder drauf stellt und das Pedal ganz durchdrückt. Zwischendurch ruckelt es dann mal kurz – so ähnlich wie beim Überfahren eines Bahnübergangs oder mehrerer Bodenwellen in einer Tempo-30-Zone.

Und dabei könnte man ja auch nicht wirklich gut einschlafen … und so ist das eher so eine Art gepflegtes Ruhen bis es gegen 3.00 Uhr dann etwas ruhiger wird da draußen … Aber immerhin – so haben wir jetzt dann doch noch den Seegang gehabt, der hier oben eigentlich dazu gehört. 😉

Weiter mit Tag 16: Bergen (Norwegen)