Es ist kurz vor fünf Uhr – da meldet sich meine innere Uhr. Und signalisiert: „Steh auf!“. Nach einem kurzen Zwiegespräch mit dem ebenfalls erwachten Gehirn führt das dann aber zu einem anderen Ergebnis: „Dreh‘ Dich nochmal um!“

Und genau das mache ich – und wache dann kurz vor sieben auf. Schon besser – und durchaus auch eine zum Aufstehen geeignete Zeit. Ich schaue mal ins Bad und gehe dann zum Frühstück zur Abwechslung mal ins Marktrestaurant. Mal schauen, wie das hier so ist. Und was soll ich sagen – genau so wie erwartet. 😉 Eigentlich fast noch besser als im Rossini, da ich mir hier meine Omelettezutaten selbst zusammenstelle – und dadurch den Käseanteil signifikant höher gestalten kann.

Lediglich das Paar an meinem Tisch stört ein bisschen … irgendwie haben die beiden sich darauf verständigt, alles schlecht finden zu müssen, was sie hier erleben. Das fängt damit an, dass der Kaffee auf dem Tisch angeblich kalt wäre (die Kanne hat mir der Kellner drei Minuten vorher hingestellt – und da war er heiß). Aber die Dame des Hauses probiert den Kaffee noch nicht einmal – allein dadurch, dass der schon auf dem Tisch steht als sie sich setzt, ist der kalt. Punkt. Ich versuche zwar zu erläutern, dass der Kaffee nicht kalt sein kann, gieße mir sogar noch (dampfenden) Kaffee nach – keine Chance. „Hallo!“ ruft sie dem nächstbesten Kellner zu – „Neuer Kaffee, der hier kalt.“ Jetzt weiß ich, wie fremdschämen geht …

Weiter geht es mit der Butter. Die ist zu hart. Zumindest ihr. Ihm ist sie zu weich. Und zu spät legen wir auch an – da hat man ja nichts mehr vom Tag. Ach ja, Tischabfalleimer gibt es nicht. Auf Costa gibt’s die aber. Wohin soll man hier dann nur mit der Butter-Alufolie? Nun, andere legen sie einfach auf den Tellerrand.

Wie auch immer … irgendwie scheine ich bei meiner Tischbesetzung immer Pech zu haben. Ich frage mich da echt, warum so jemand dann überhaupt noch mit AIDA unterwegs ist, wenn doch alles so schlecht ist. Da würde ich meinen Mitreisenden doch einen Gefallen tun, und mein Geld für etwas anderes ausgeben …

Ich verlasse daher die Szene, nicht ohne im Rausgehen noch zwei Pancakes mitzunehmen, und widme mich nun der Hafeneinfahrt in Isafjördur. Ähnlich wie ich das aus Norwegen kenne, gleiten wir sanft durch die Fjorde bis wir gegen 10.00 Uhr an der Pier festmachen. Und da zeigt sich wieder mal der Vorteil der kleineren Schiffen wie der Cara – wir passen direkt an die Pier während das nach uns ankommende Schiff der American Holland Line auf Reede liegen muss.

Wettermäßig haben wir heute übrigens ein bisschen weniger Glück als gestern. Es ist jetzt nicht unbedingt kalt (13°C), aber es regnet leicht. Aber gut, da müssen wir jetzt durch – und vielleicht ändert es sich ja auch noch … soll ja hier manchmal schnell gehen.

Und als wir dann kurz darauf zu unserem Ausflug zur Insel Vigur aufbrechen, ändert es sich tatsächlich: es regnet stärker. 😉 Ist aber halt nicht zu ändern – und, da wir jetzt sowieso erst mal eine gute halbe Stunde mit einem überdachten Ausflugsboot unterwegs sind, auch nicht so wirklich schlimm.

Wobei „Ausflugsboot“ der Begriff ist, den unser Scout verwendet – nachdem unser Kapitän mal ein paar Hebel nach vorn geschoben hat, bewegt sich da richtig was. „Speedboat“ ist wohl noch mal was anderes, aber das trifft es schon eher.

Aber kurz mal zurück – wo fahre ich jetzt eigentlich hin … und warum? Nun, dazu schreibt AIDA in der Ausflugsbroschüre: „ca. 40 min Bootsfahrt zur Vogelinsel Vigur; ca. 2 h Aufenthalt mit Rundgang über die Insel, auf der Eiderenten, Papageientaucher und Küstenseeschwalben leben; Besuch der einzigen Siedlung auf der Insel mit dem kleinsten Postamt und Islands einziger Windmühle, kurze Kaffeepause im Bauernhof Viktoria; per Boot zurück“ nach Isafjördur„.

Und da sich so gut angehört hat, hatte ich den seinerzeit schon zu Hause gebucht. Und das war auch gut so – der Ausflug ist nämlich lange vor der Reise komplett ausgebucht gewesen. Und selbst ein für den Nachmittag kurzfristig zusätzlich gechartertes Boot war binnen weniger Stunden gefüllt.

Doch zurück auf unser Boot. Nach einer guten halben Stunde zwischen schneebedeckten Bergen und Gletschern legen wir jetzt auf Vigur an. Und werden direkt am Anleger von drei Papageientauchern empfangen, die auf einem Felsen auf uns warten.

Sehr schön – und auch wenn der Regen nicht wirklich abnimmt, ist das schon ein schöner Start auf der Insel. Und der wird noch besser: hunderte, nein, tausende Seeschwalben und Eiderenten flattern herum, ziehen ihre Kreise – und beschützen ihre Brut.

Denn während wir hier die einzige noch existierende Windmühle Islands betrachten, werden wir mit unserer „Ausrüstung“ für den Tag ausgestattet: etwa einen Meter lange Holzlatten mit blauen Fähnchen am oberen Ende. Und die sollen wir jetzt immer schön nach oben halten während wir entlang der Küste gehen.

Warum das so ist? Nun, schauen wir mal bei Wikitravel nach: „An der Küste sollte man bei Angriffen von Möwen und Seeschwalben in deren Revier nicht in Panik geraten. Ein hochgehaltener Gegenstand (Stock o.ä.) lenkt sie angeblich vom sonst höchsten Punkt des Menschen (Kopf) ab. Ein geordneter Rückzug beim ersten Scheinangriff (der meistens ziemlich knapp über den Kopf geht) ist ratsam.

Ah, jetzt ja. Und wenige Minuten später weiß ich auch, dass das nicht nur Theorie ist – sondern auch in der Natur funktioniert. Offensichtlich haben die Vögel auch mal bei Wikitravel nachgelesen – zumindest passiert genau das, was da steht. Die Vögel finden unser Interesse für sie (und natürlich ihre Brut) nicht so wahnsinnig witzig, so dass sie uns signalisieren, dass sie nichts dagegen hätten, wenn wir wieder zurück fahren würden.

Ich bin ja zunächst ein bisschen skeptisch, ob es nicht besser wäre, die Vögel hier und jetzt ganz in Ruhe zu lassen, werde aber von dem örtlichen Vogelführer eines Besseren belehrt – die Vögel würden dadurch keinen Schaden nehmen; das wäre ein ganz natürliches Verhalten, das sie auch bei anderen „Angreifern“ regelmäßig an den Tag legen würden und was keinen negativen Einfluss auf sie hätte.

Na dann, ich bin beruhigt. Und gebe mich ganz dem Fotografieren der Tiere hin. Wobei ich zugegebenermaßen auch heute wieder regelmäßig an Hitchcock’s „Die Vögel“ denken muss. Die hatten damals aber keine Stöcke – glaube ich. Das wird der Unterschied gewesen sein … 😉

Nach einer knappen Stunde, die wir über die Insel gehen, erreichen wir einige bunte Holzhäuser. Ein zu einem Restaurant umgebauter Kuhstall (riecht man noch), in dem wir jetzt ein Stückchen Kuchen und eine Tasse Kaffee angeboten bekommen und ein Postamt. Und zwar nicht irgendeins: sondern das kleinste Islands.

Da ich jetzt nicht wirklich Bedarf an Postdienstleistungen habe (und die meisten anderen auch nicht), gehen wir so langsam in Richtung Boot, um den Rückweg anzutreten. Zwischenzeitlich sind damit die Ausflügler der American Holland Line auf die Insel gefahren worden (und zumindest einer Dame scheint die Fahrt nicht so richtig bekommen zu sein, füttert sie doch direkt nach dem Anlegen die Vögel), so dass es hier auch langsam voll wird – und so treten wir dann den empfohlenen „geordneten Rückzug“ an.

Und sind eine gute halbe Stunde später wieder zurück auf der Cara. Der Regen ist inzwischen auch vorbei und an wenigen Stellen sind kleine blaue Flecken am Himmel erkennbar. Wenn meine Wetter-App Recht behält, haben wir zum Auslaufen dann schönsten Sonnenschein.

Bis es aber soweit ist, gehe ich schnell mal ins Calypso und esse eine Kleinigkeit (wirklich!), um danach in der AIDA Bar mein „Ship Office“ einzurichten und mal ein kleines bisschen was zu arbeiten. Und natürlich das hier aufzuschreiben – bevor da noch was vergessen geht. Unterstützt werde ich dabei von dem Drink des Tages, einmal mit und einmal ohne Alkohol (und an dieser Stelle noch mal ein Dankeschön an den Spender).

Bis zum Abendessen bleibt aber trotzdem noch ein bisschen Zeit, so dass ich noch ein bisschen im Saunabereich lese und den 5-nach-5-Aufguss mitmache. Wobei auch der eher zu wünschen übrig lässt – unsere „Aufgießerin“ macht das Ganze ziemlich ernst und vermittelt auch nicht den Eindruck, dass sie es gut fände, wenn jetzt einer spricht oder gar lacht. Macht dann halt auch keiner … schade, das habe ich schon besser erlebt.

Ich gehe danach daher zunächst mal auf meine Kabine, hole meinen Foto und mache einige Bilder beim Auslaufen aus Isafjördur, währenddessen dann tatsächlich die Sonne scheint. Und da das Wetter auch morgen in Akureyri so sein soll (da zeigt meine App sogar 19°C an!), steht einem schönen Ausflug zum Myvatn („Mückensee“) morgen ja dann hoffentlich nichts im Wege.

Naja, doch. Das Abendessen. Und da gibt es heute „Karibik“ und „Zarewitsch“. Und da fällt mir natürlich sofort die hervorragende Soljanka ein, die ich seinerzeit mal auf der Aura hatte. Und von daher ist das russische Essen im Marktrestaurant gesetzt.

Und siehe da – es gibt Soljanka. Und die ist so gut, dass gleich zwei Schüsseln dafür herhalten müssen. Einfach nur ein Traum. Dafür wird der Rest dann überschaubar: ein bisschen Kosakensalat, zwei, drei Eier mit Kaviar, ein paar russische Fleischbällchen – und satt ist der Harald.

Ich bin mir jetzt gar nicht sicher, ob ein Ramazotti oder ein Espresso besser für die Verdauung wäre – und nehme daher vorsichtshalber beides in der AIDA Bar zu mir. Jetzt weiß ich zwar nicht, was geholfen hat – aber eins von beidem ist wohl die richtige Wahl gewesen.

Um 21.30 Uhr gibt es im Theater heute „Polaris“ – eine Art Musical. Und da ich das noch nicht kenne, schaue ich mir das gleich mal an. Und bin musikalisch begeistert – das hat tatsächlich Musicalniveau. Und auch der technische Aufwand mit Lasern, Projektionen und Lichtspielen ist enorm. Lediglich die Handlung – die erschließt sich mir (und meinen Sitznachbarn) nicht wirklich. Aber besser, die Musik ist gut und ich weiß nicht warum, als wenn ich verstehen würde, worum es geht, mir die Musik aber nicht gefallen würde.

Auf dem Rückweg in meine Kabine, in der ich noch meinen Rucksack für meinen Ausflug morgen packen muss, da es da schon um 8.00 Uhr losgeht, bestelle ich noch schnell zwei Fotos vom Clubtreffen und vom heutigen Ausflug und stelle erneut fest, dass das Gesichtserkennungssystem verdammt gut arbeitet – ich bin bislang auf allen Bildern korrekt erkannt worden.

Andererseits macht das natürlich auch ein bisschen Angst – solche Systeme kann man ja auch für andere Zwecke (miss)brauchen. Ich denke da nur an Google Glass, die mir theoretisch den Lebenslauf (oder zumindest die Infos aus Facebook) von jedem ins Blickfeld legen könnte, der an mir vorbeigeht … Ob da schon wirklich jedem klar ist, was da so auf uns zukommen wird …?

Aber wie auch immer – ich bin ja hier im Urlaub und schreibe einen Reisebericht und keine Abhandlung zum Thema Datenschutz … Und deshalb vervollständige ich jetzt noch schnell meinen Tag und gehe dann mal ein bisschen früher ins Bett, wobei ich bei der Helligkeit vor dem Fenster erst mal noch ein bisschen lese …

Weiter mit Tag 7: Akureyri (Island)