Es ist 6.00 Uhr – das iPhone klingelt. Warum eigentlich … ? Ach so, ja – die Hafeneinfahrt in Kotor. Meine Schiebetür ist natürlich wieder zu (ich muss das mit der Dachlatte bis zur Fahrt mit der Mein Schiff 4 im kommenden Sommer unbedingt mal angehen), aber der Blick durch die Scheibe sieht schon mal gut aus …

Das hat in der Tat so ein bisschen was von einem norwegischen Fjord. Rechts und links türmen sich die Berge und dazwischen schieben wir uns ruhig und sanft in Richtung des Hafens. Knapp zwei Stunden dauert die Einfahrt, bis wir unseren Liegeplatz wenige hundert Meter vor der Kaimauer erreicht haben.

Von hier aus werden wir dann mit den Tenderbooten an Land gebracht. Und das läuft hier ein kleines bisschen anders als bei AIDA. Und zwar strukturierter. Denn: hier geht man nicht einfach zum Ausgang und wartet dann auf freie Plätze im Boot. Hier geht man an einen separat eingerichteten Schalter auf Deck 4 und holt sich eine sog. „Tenderkarte“. Auf dieser befindet sich ein Ländername (also so etwas wie „Ägypten“ oder „Dänemark“) – und der zeigt an, wann das Tenderboot zum Einsteigen bereit ist. Das Ganze wird dann wiederum an Bord durchgesagt (in der Kabine auf Kanal 2 im TV), so dass man sich erst dann auf den Weg zum Boot begibt und dann ohne Wartezeit einsteigen kann.

Diejenigen, die einen Ausflug gebucht haben, erhalten ihre Tenderkarte übrigens am entsprechenden Ausflugstreffpunkt – hier ist also nichts weiter zu tun.

Das Ganze macht auf mich einen gut organisierten Eindruck – und in der Tat habe ich hier keine Warteschlangen in den Treppenhäusern gesehen. Scheint also zu funktionieren.

Doch soweit ist es für mich noch nicht – unser Treffen zur „Panoramafahrt Montenegro & Kotor“ ist erst um 11.45 Uhr, so dass jetzt noch genügend Zeit für ein ausgiebiges Frühstück im Restaurant Atlantik bleibt. Und so langsam wird das schon Routine – Cappu und Meerrettich zum Lachs kommen automatisch und auch beim Omelette muss ich meine Wünsche nur noch äußern, weil heute noch Paprika und Champignons dazukommen.

Und zugegeben: das hat schon einen Hauch von Luxus, hier gemütlich und in aller Ruhe zu Frühstücken, dabei auf dem iPad die aktuelle Zeitung zu lesen (vor allem, wenn da heute in schwarz-rot-goldenen Lettern „7:1“ auf dem Titel steht) und sich ab uns zu mal ein Erdbeerchen in den Mund zu schieben. OK, Kritiker werden vielleicht sagen: „Wie, die muss man sich noch selbst in den Mund schieben???“ Und ja, in der Tat – soweit geht der Service dann halt doch nicht … 😉

Das Wetter ist heute im Übrigen so ähnlich wie gestern. Zwar relativ warm (geschätzt 27°C), aber doch deutlich bewölkt und leicht regnerisch. Hoffentlich reißt das dann zum Nachmittag auf, damit wir bei unserem Ausflug auf die umliegenden Berge eine gute Aussicht in den Fjord und auf unser Schiff genießen können – das ging im Geiranger Fjord in Norwegen ja auch schon mal schief: da hat man dann außer Nebel nichts gesehen von der alten Blu …

Bis dahin sind aber noch fast drei Stunden Zeit – und so mache ich heute mal den geplanten Schiffsrundgang, um die noch fehlenden Bilder vom Schiff nachzuholen. Schließlich wollt Ihr ja wissen, was Euch hier so erwartet …

Ich beginne dabei am Heck auf Deck 12 und arbeite mich deckweise bis auf Deck 3 durch. Und erlebe gleich im ersten Treppenhaus das wahre Leben. Sagt sie zu ihm: „Egon, Du hast Dich verlaufen.“ – Und er: „Nein, ich bin nur ein Deck zu hoch.“ Dann wieder Sie: „Und auf der falschen Seite.“, woraufhin er weiß: „Und? Wir müssen nur einmal ums Schiff laufen, dann stimmt’s wieder.“

Und während ich mich so durchs Schiff arbeite, fällt mir immer mehr auf, dass doch sehr vieles sehr ähnlich zur Oasis of the Seas gestaltet ist – ich bin mir fast sicher, dass die Pläne der Oasis bei der Planung dieses Schiffes mit auf dem Tisch lagen … wobei das ja nichts schlechtes ist – die Oasis ist ja nun mal auch ein tolles Schiff.

Gut 1 ½ Stunden bin ich unterwegs, bis ich alles gesehen habe. Und bin grob überschlagen 3 km gelaufen … von daher ist der heutige Sportpart bereits erledigt 😉 Morgen geht’s dann wieder weiter mit dem Morgenschwimmen. Ach ja, und die Muckibude muss ich ja auch noch testen …

Unterwegs fällt mir übrigens auf, dass es im Anckelmannsplatz relativ voll ist, während es im Atlantik (zumindest im A-la-carte-Teil) eher leer bleibt. Ob das daran liegt, dass nicht jeder mitbekommen hat, dass man dort auch frühstücken kann? Oder dauert das der Mehrheit zu lange, so dass man sich eher selbst am Buffet bedienen will? Schwer zu sagen – ich kann aber jedem nur empfehlen, das A-la-carte-Frühstück im Atlantik einfach mal auszuprobieren …

Inzwischen nähert sich der Zeiger meiner Uhr übrigens der 11.30 Uhr-Marke – Zeit, sich für den Ausflug vorzubereiten. Ich habe mir auf meinem Weg durchs Schiff auf Deck 4 noch eine Flasche „Mein Schiff“-Wasser für unterwegs besorgt (der Liter kostet 2,60 €). Abgefüllt wird das Ganze übrigens exklusiv von der „Güstrower Schlossquell“ – kommt da nicht auch exklusiv das Wasser auf AIDA her?. 😉

Ich packe noch ein bisschen was für unterwegs in meinen Rucksack (eine dünne Jacke, einen Schirm, das Wasser, den Fotoapparat, meinen Kindle, Kopfhörer, Kotztüten (nicht zwingend für mich, wird aber immer wieder gern mal von anderen Passagieren im Bus nachgefragt)… naja, was man halt so braucht, wenn man fünf Stunden unterwegs ist und davon mehr als drei im Bus sitzt) und mache mich dann auf den Weg ins Theater auf Deck 4 zu unserem Treffpunkt.

Dort werde ich registriert (also meine Kabinennummer auf einer Liste farbig markiert) und ich erhalte die Tenderkarte. Mein Land ist Australien – und es wird in etwa 20-30 Minuten mit dem Boot gerechnet. Also noch ausreichend Zeit, um im „Tag und Nacht Bistro“ noch ein, zwei Stückchen Pizza zum Mittag zu essen – schließlich kommen wir ja erst zum Abendessen zurück.

Ich gehe also hoch auf Deck 5 und bin überrascht: das Bistro ist mit Bändern abgesperrt. Und vermutlich habe ich dabei meinen „Versteh-ich-nicht“-Gesichtsausdruck aufgesetzt, denn einer der Streifenträger erklärt mir, dass jetzt der Wechsel zwischen Frühstück und Mittagessen stattfindet – und das Bistro in etwa 30 Minuten wieder aufmacht.

Ah ja, 24 Stunden geöffnet heißt also 23 ½ Stunden geöffnet? Und die halbe Stunde dazwischen ist genau die, in der ich das mal bräuchte? Nachts zwischen drei und halb vier wär’s mir egal – aber jetzt? Dumm gelaufen. Also ab in den Anckelmannsplatz – oder besser in die Backstube davor. Da gibt’s doch Paninis und Sandwiches – und wenn die jetzt nicht gerade den Speck gegen den Schinken wechseln, klappt ja vielleicht das.

Und siehe da – ich habe Glück: der Paninibeleger steht schon bereit und wetzt bereits das Messer. Ich bestelle also ein „Panini des Tages“ (Schinken, Chiligurken, Zwiebeln, Tomate, Käse). Und das schmeckt richtig gut – und ist für zwischendurch mal eine echte Alternative zum Burger am Grill.

Und zeitlich passt es genau: Ich wasche mir gerade die Hände nach dem Essen, als der Tender „Australien“ aufgerufen wird. Im hinteren Treppenhaus geht es nach unten auf Deck 2, wo unser Tenderboot bereits zum Einsteigen bereit ist. Und schau mal einer an – hier sind richtig viele Leute damit beschäftigt: zwei, die beim Einsteigen helfen, einer der das Teil fährt und drei, die die Leute im Boot verteilen und aufpassen, dass ja keiner wieder aufsteht. Bei AIDA ist das ein bisschen sparsamer – da wird zwar inzwischen auch geguckt, dass alle sitzen bleiben – aber ganz so viele Ordner sind da dann doch nicht unterwegs.

Einziger Nachteil: es gibt keine Chance, die ansonsten günstige Gelegenheit für Fotos vom Schiff zu nutzen – denn allein der Gedanke, mal kurz aufzustehen, wird von den Jungs bemerkt und im Keim erstickt; frei nach dem Motto „Denk nicht mal dran …“

Also gut, ich stelle diese Gedankengänge ein, stelle aber zumindest fest, dass es gut war, nicht zu früh einzusteigen. Dadurch habe ich einen der letzten Plätze bekommen – und das sind die ersten, die wieder aussteigen. Und die wiederum sind dann auch die ersten, die in Richtung der Busse gehen. Und die sind dann diejenigen, die sich im Bus ihre Plätze noch aussuchen können. Und das wiederum mache ich gern 😉

Und so geschieht es auch – ich führe das Feld der Ausflügler, die in Richtung unserer Busse laufen, an. Dicht verfolgt von einem Ehepaar gesetzteren Alters, die beide von ihren Rollatoren Höchstleistungen abfordern – aber von diesen spontanen Wunderheilungen, wenn es um die Platzzuteilung in Ausflugsbussen geht, hatte ich in früheren Berichten ja immer wieder mal berichtet.

Heute gibt es aber noch eine Steigerung dazu: kurz vor dem Bus schreit die mich verfolgende Seniorin (gar nicht so einfach, das alles so politisch korrekt wiederzugeben): „In der ersten Reihe sitzen wir. Mein Mann ist herzkrank!“ Ich zucke zusammen. Und habe Angst. Angst, dass sie als nächstes ihren Rollator losschickt, um mich von hinten auszuschalten.

Und dabei will ich doch gar nicht in die erste Reihe. Sondern in die Reihe hinter der hinteren Tür – weil da halt meistens viel Platz ist und man in der Regel ein großes Fenster zum Fotografieren hat. Und außerdem bin ich ja nicht herzkrank. Ich bleibe also stehen, lasse die beiden passieren – und setze mich dann gemütlich auf den geplanten Platz.

Aber auch den wollte jemand haben. Und zwar mit einer unglaublichen Taktik. Da ich nur den Fensterplatz belegt habe, ist der andere neben mir ja erst mal frei geblieben (und meistens bleibt das auch so, da immer ein paar Leerplätze einkalkuliert sind). Heute fragt aber eine ältere Dame, ob der noch frei wäre. Da meine Erziehung ja nun nicht ganz umsonst war, biete ich diesen gern an: „Ja, bitte.“ Und dann kommt’s: sie sitzt noch nicht richtig, als sie mir mitteilt, dass sie gern neben ihrem Mann sitzen würde (der jetzt allein in einer der mittleren Reihen sitzt) und ob es mir etwas ausmachen würde, mit ihm zu tauschen. Da war es dann allerdings vorbei mit meiner Erziehung. Die Antwort war kurz, knapp und deutlich: „Ja.“

Sie sitzt jetzt übrigens in einer der mittleren Reihen – neben ihrem Mann.

Eine andere Dame wird von ihrem Begleiter (vermutlich ihr Mann) gefragt, wo sie sitzen wolle – ob am Fenster oder am Gang. Die Antwort ist eindeutig: „Mir ist das egal. Aber ans Fenster gehe ich nicht.“ Ja, dann …

Aber irgendwann sitzen alle irgendwo. Die Herzkranken in Reihe 1, die Dreisten irgendwo in der Mitte, die Egal-Dame am Gang und ich in der Reihe hinter der hinteren Tür. Also alles gut … und schon kann es losgehen.

Unser montenegrinischer Reiseleiter begrüßt uns in fast akzentfreiem Deutsch, wünscht uns einen schönen Tag und stellt den Busfahrer vor. Von diesem wissen wir jetzt zweierlei: zum einen den Namen (den ich mir aber nicht merken kann) und zum anderen, dass er die Serpentinenstrecke, die wir jetzt fahren, schon einmal gefahren ist – und sie von daher kennen würde.

Das wäre nämlich nicht unwichtig, da die Straße so schmal ist, dass eigentlich nur ein Bus gleichzeitig die Straße benutzen kann – ab und zu käme es aber schon vor, dass da mal ein zweiter in die Gegenrichtung will. Und dann müsse man auch schon mal ein paar hundert Meter den Berg wieder rückwärts runterfahren – und da wäre es ja dann schon gut, dass er den Berg immerhin schon einmal vorwärts rauf gefahren ist …

Aber da mein Vertrauen in Busfahrer ja eigentlich grenzenlos ist, wird es schon irgendwie gut gehen. Wobei ich anfange zu zweifeln, als unser Reiseleiter (scherzhaft) erwähnt, dass die Strecke in der Regel für Fahrprüfungen genutzt würde – wer lebend oben ankommt, bekommt den Führerschein.

Dafür haben wir mir dem Wetter Glück. Heute Vormittag war es ja ziemlich bewölkt (die Vormittagsgruppe hat wohl auch Pech mit der Aussicht gehabt), jetzt ist der Himmel aber aufgerissen und zeigt sich im wesentlichen in seinem schönsten Blau. Also alles richtig gemacht …

Wir sind inzwischen bei Kurve 16 (von 25) – und die Aussicht in die Bucht von Kotor wird immer besser. Und wer schon mal Bilder aus dem Geiranger Fjord in Norwegen mit auf Reede liegenden Kreuzfahrtschiffen gesehen hat, hat eine ungefähre Vorstellung von dem Blick, der sich uns jetzt bietet.

Und der wird von Kurve zu Kurve besser bis wir oben angekommen sind und einen ersten Fotostopp machen. Damals im Geiranger Fjord hatte ich Pech mit dem Wetter (da waren im wesentlichen Wolken zu sehen), heute habe ich Glück – das gibt nette Bilder. Obwohl es, wie wir auf der Busfahrt gelernt haben, kein Fjord ist sondern eine Bucht (das hat irgendwas mit der Eiszeit zu tun). Ist mir aber ehrlich gesagt egal – es sieht gut aus.

Allein schon dafür hat es sich gelohnt, dass ich den Strandausflug gegen diesen getauscht habe. Strand und Meer gibt’s ja immer wieder mal (spätestens im Dezember in der Karibik) – aber dieser Blick ist schon phänomenal.

Auch wenn es beim Aussteigen aus dem Bus wieder mal Durcheinander gibt. Da wagt nämlich jemand, sich zwischen den aussteigenden Ehemann und die ihm folgende Ehefrau zu drängen (wobei von Drängen eigentlich keine Rede sein kann – der Abstand zwischen beiden ist halt ziemlich groß gewesen). Und das wäre ja eigentlich nicht schlimm, wenn sie nicht sofort loswettern würde, dass der Typ ihr Mann wäre und sie nach ihm gucken müsse. Ja hat die denn Angst, dass er sich auf den drei Stufen verläuft? Und langsam macht mir das Angst – hoffentlich werde ich nicht auch mal so …

Aber wie auch immer – inzwischen sind die Fotos gemacht und alle wieder eingestiegen, der Mann von der Frau ist auch nicht verloren gegangen und wir fahren zum nächsten Stopp. Das ist ein kleines Restaurant, in dem wir einen Snack (etwas Käse, etwas Schinken, etwas Wein) bekommen. Und während der Käse und der Wein normal schmecken, fällt der Schinken aus dem Rahmen – der schmeckt nämlich richtig gut. Und bis eben wusste ich auch gar nicht, dass Montenegro für seinen Schinken bekannt ist. Da sieht man es mal wieder: Reisen bildet.

Wir machen hier eine gute halbe Stunde Pause, so dass es noch ausreichend Zeit für einen Toilettengang gibt und auch noch die Chance besteht, die provisorisch aufgebauten Souvenirstände zu besuchen – und so gibt es auch die obligatorische Chance auf einen Wandteller.

Das Bezahlen macht dabei kein Problem (macht es ja sowieso selten). Der Euro wird nicht nur problemlos genommen, der ist hier sogar offizielle Landeswährung. Was eigentlich schon erstaunt für ein Land, das noch nicht mal in der EU ist. Lässt sich aber einfach erklären: in früheren Zeiten (als Montenegro noch Bestandteil von Jugoslawien war), haben wohl viele Montenegriner als Gastarbeiter in Deutschland gearbeitet und somit die DM mit nach Hause genommen. Und wo die schon mal da war, hat man die dann seinerzeit einfach in Euro getauscht – und da damit im Land sowieso fast nur Euros waren, war es naheliegend, das auch gleich als offizielle Währung zu nutzen. Die EU hatte wohl nichts dagegen (fällt bei einem Land mit noch nicht mal 700.000 Einwohnern vermutlich auch nicht so ins Gewicht) – und so gibt es also auch ein Euro-Land, das noch nicht mal in der EU ist.

Und über noch eine Kuriosität kann ich berichten: unseren Reiseleiter. Der ist jetzt zwar kein Kuriosum, aber die Tatsache, wo und wie er Deutsch gelernt hat, ist schon bemerkenswert – zumal er nie in Deutschland gelebt hat.

Angefangen hat wohl alles mit seinem Opa, der jahrelang in Deutschland gearbeitet hat. Dadurch hat er nach seiner Rückkehr nach Montenegro eine Satellitenschüssel installiert, um weiterhin das deutsche Fernsehen zu empfangen (in Montenegro gibt es wohl nur zwei Sender). Und unser Reiseleiter hat als kleines Kind mehr oder weniger den ganzen Tag vor dem Fernseher gesessen (er selbst bezeichnet sich als „Fernsehkind“) und deutsche Sendungen (meistens Zeichentrickfilme) geguckt. Und irgendwann hat das dazu geführt, dass er praktisch so nebenbei Deutsch gelernt hat.

Und das ist wohl vielen in Montenegro so ähnlich ergangen – da alle ausländischen Filme und Serien in Montenegro im Original mit Untertiteln gesendet werden (Synchronisation lohnt sich wohl nicht unbedingt), lernen viele hier von Klein auf praktisch nebenbei Englisch, Deutsch und Italienisch.

Ähnliches kennt man ja auch aus den Niederlanden – auch dort werden viele Filme unsynchronisiert im Original gezeigt, so dass es kaum einen Niederländer gibt, der nicht Englisch und Deutsch spricht – oder es zumindest sprechen könnte.

Aber irgendwie bin ich wieder vom Thema abgekommen … wir befinden uns jetzt auf der Rückfahrt nach Kotor. Und nachdem es anfänglich wieder auf engen Straßen den Berg hinuntergeht (nur dass dieses Mal auch vielfach noch die Begrenzungsmauer auf der Talseite fehlt), handelt es sich beim letzten Stück um ganz normale Überlandstraßen.

Diese führen uns – vorbei an einem weiteren Fotostopp – zurück nach Kotor, wo wir noch eine kleine Stadtführung in der Altstadt haben. Aber zugegeben: ich hätte stattdessen lieber 45 Minuten Freizeit gehabt, um in einer der zahlreichen Kneipen einen Espresso oder so was zu trinken – die geschichtlichen Details kann man dabei ja in Wikipedia lesen. Das ist aber natürlich Geschmackssache – andere werden die Führung vielleicht als das Highlight des Ausflugs angesehen haben.

Von der Altstadt sind es nur fünf Minuten zu Fuß bis zur Anlegestelle unseres Tenderbootes, so dass wir kurz vor sechs bereits auf dem Weg zurück zum Schiff sind. Und zugegeben: alle in diesem Boot können es kaum erwarten, zurück an Bord zu sein. Und ich meine alle. Nicht, weil der Seegang so stark wäre oder unser Steuermann nicht gut fahren würde – nein: wir haben ein schreiendes Kind im Tenderboot. Und das hört nicht auf – die Ausdauer ist gnadenlos. Zusammen mit der Wartezeit hat das Mädel kein Problem, gute 20 Minuten am Stück zu weinen, zu schreien oder zu schimpfen. Ergänzt mit dem einen oder anderen kleinen Schlag auf Mutti oder dem Umherwerfen von Trinkflaschen und Spielzeug.

Und genauso wie es in Deutschland 80 Mio. Bundestrainer gibt, haben wir im Tenderboot rund 100 Erziehungsberater. Jede(r) weiß was dazu: Sie hat Hunger. Sie hat Durst. Sie ist krank. Sie wird krank. Sie war krank. Sie will was anderes …

Was die genauen Gründe für diese Schreiorgie sind, werden wir ja wohl nie erfahren – wir wissen aber, dass der ältere Herr hinter mir gewusst hat, dass ein „Klaps noch niemandem geschadet hätte“ (was vermutlich sogar stimmt), aber dennoch gegen die gesetzlich verankerte gewaltfreie Erziehung verstoßen würde – und von daher ist das also wohl auch keine Lösung. Aber wie auch immer – da müssen die beiden wohl irgendwie durch jetzt …

Ich verschwinde zurück aufs Schiff, lege meinen Rucksack auf das Band der Röntgenkontrolle, erfahre, dass ich meinen Gürtel ruhig anlassen soll (und alle dann der Meinung sind, er wäre der Grund für die Piepserei beim Durchschreiten der Schleuse) und fahre hinauf auf Deck 10.

Unterwegs checke ich mal kurz die Speisekarten und entscheide, dass es heute ins Atlantik geht – und dort in den mediterranen Bereich.

Ich mache mich noch etwas frisch, wechsele vom T- zum Poloshirt und mache mich auf den Weg. Ich bekomme einen netten Platz mit viel Überblick angeboten (so mag ich das, da sieht man immer spannende Sachen), bestelle einen trockenen Sherry und ein Glas Roséwein und beginne mit dem Studium der Speisekarte.

Und das ist heute gar nicht so leicht … und so komme ich zu einer etwas merkwürdigen Bestellung: ich beginne mit drei Vorspeisen (Carpaccio vom Rinderfilet mit Trüffel und Parmesan, Lauwarmer Ziegenkäse mit Balsamico-Feigen, Gegrillte Sardinen auf weißem Birnenconfig), einem gemischten Blattsalat mit gegrillten Riesengarnelen, einer Portion Penne Arrabiata und zum Abschluss einem Amalfiorangen-Crème-brulée.

Und das ist ja gerade das Schöne hier, dass man alle Speisen sowohl in der Reihenfolge als auch in Häufigkeit und Anzahl frei aus der Karte wählen kann. Und irgendwas schmeckt einem ja immer – selbst wenn – wie heute – mal kein passender Hauptgang dabei ist.

Inzwischen sind am Nebentisch übrigens zwei Familien eingelaufen. Beide haben Jungs im Alter von schätzungsweise 8-10 Jahren dabei. Und die wollen nebeneinander sitzen. Was ja nachzuvollziehen ist. Dürfen sie aber nicht, sagt Mama. Denn: „Dann redet Ihr die ganze Zeit wieder miteinander. Und das stört.“ Da wären jetzt mal die Erziehungsratgeber aus dem Tenderboot gefragt. Es geht aber noch weiter: als der eine seine Mutter etwas fragt, sagt sie ihm doch glatt, dass er jetzt einfach mal für eine Stunde still sein soll – sie könne sich sonst nicht in Ruhe unterhalten …

Und da haben wir es wieder: für jeden Mist wird bei uns eine Bescheinigung, eine Prüfung, ein Zeugnis oder was weiß ich verlangt. Selbst wenn einer nur einen Fisch aus einem See angeln will, braucht es eine Prüfung und eine Bescheinigung. Aber Kinder machen – das darf jeder …

Zum Glück wird das Thema durch die Auslaufmusik unterbrochen. Die höre ich heute zum ersten Mal (ob es die in Malta und in Dubrovnik nicht gab oder ob ich das irgendwie verpasst habe, weiß ich gar nicht) – und stelle fest, dass das zwar zwei schöne Lieder sind (Santiano mit „Santiano“ und dann „Große Freiheit“ von Unheilig), ein Gänsehautfeeling wie bei „Orinoco Flow“ von Enya bei AIDA erzeugt das aber – zumindest bei mir – nicht wirklich.

Ich nehme noch eine Espresso und wechsele danach in die Außenalsterbar (so ein bisschen frische Luft schadet ja nun nicht nach dem üppigen Mahl), wo ich auf dem Blauen Balkon erst einmal einen Ramazotti zur Verdauung trinke. Von hier aus mache ich mich dann auf den Weg ins Theater – um 20.30 Uhr wird hier „Lachen machen“ angeboten – eine Sketchshow mit vielen Klassikern („Das Bild hängt schief“, „Mein Name ist Erwin Lindemann …“ usw.). Nett gemacht, aber kein echtes Highlight. Sowas habe ich schon mal besser gesehen …

Von daher hole ich mir in der Schaubar ein alkfreies Weizen und bereite mich auf das heutige Fußballspiel vor, das ich wieder im Theater gucken werde. Bin mal gespannt, wer da heute zum Vizeweltmeister wird … 😉 Ich tippe ja auf die Niederländer (obwohl mir die Argentinier lieber wären). Naja, schau’n mer mal – in zwei Stunden werden wir es wissen.

OK, es wurden fast drei Stunden – aber wenn die auch nicht fertig werden auf dem Rasen … man hat da schon von Mannschaften gehört, die solche wichtigen Spiele innerhalb weniger Minuten final entschieden haben sollen … 😉 Am Sonntag gilt es dann also (da findet das Public Viewing dann wieder in heimischen Gefilden statt) – mal sehen wie unsere Jungs mit den Argentiniern so klar kommen …

Ich mache mich jetzt jedenfalls mal auf den Weg ins Bett … und bin eigentlich froh, dass ich morgen keinen Ausflug gebucht habe. Das Wetter verspricht morgen mal wieder durchgängigen Sonnenschein und knapp 30°C – da gibt’s dann mal wieder einen echten Urlaubstag …

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