Wie bei den meisten zweiwöchigen Reisen ist auch dieses Mal der erste Tag an Bord ein Seetag. Zeit zum Ausschlafen und zur Erkundung des Schiffs, Zeit zum „Ankommen“ und für die Umstellung in den „Urlaubs-Modus“.

OK, das mit dem Ausschlafen stimmt so nicht. Wie immer wache ich pünktlich mit dem Sonnenaufgang auf und bin danach eigentlich auch ziemlich fit. Es ist jetzt kurz nach 6 Uhr, ich habe rund sieben Stunden geschlafen, bin nachts nicht aufgewacht – sieht so aus, als ob das mit dem Jetlag kein Thema ist.

Ich mache also einen Abstecher ins Bad, beginne mit meinen Aufzeichnungen des gestrigen Tages und finde mich um halb acht im Rossini zum „Grünen-Frühstück“ ein. Eine Information dazu habe ich auf der Kabine zwar nicht gefunden, aber eigentlich gibt es ja keinen Grund, warum das dieses Mal nicht so sein sollte.

Und siehe da – ich werde bereits erwartet (oder anders ausgedrückt: auf der dort vorliegenden Liste sind meine Kabinennummer und mein Name zu finden). Ich suche mir „meinen“ Tisch in der hinteren Ecke am Fenster, werde innerhalb von drei Minuten von drei Kellnern nach meinem Kaffeewunsch gefragt (da merkt man, dass noch nicht viel los ist), teile mit, dass ich gern eine Latte hätte und beginne damit, den Belag auf meiner Etagere auf meinen Brötchen zu verteilen.

Ein Omelette mit Schinken, Käse und Bacon, ein Minutensteak mit Champignons sowie ein Gläschen O-Saft runden das Frühstück ab, wobei – proportional zum Füllungsgrad des Restaurants – die Anforderungen an das Servicepersonal zunehmen. OK, wir wollen am ersten Tag mal noch großzügig sein, aber das sollte sich noch etwas verbessern – meine zweite bestellte Latte, die ich vor dem Rossini in der AIDA Bar trinken möchte (da ich dort – im Gegensatz zum Rossini – Internetzugang habe), erhalte ich erst nach etwa zwanzig Minuten – und drei Nachfragen. Interessanterweise will mir der Kellner dabei erklären, wie das System mit seinen Bestellzetteln funktioniert – aber zugegebenermaßen will ich das gar nicht wissen. Wenn es denn funktioniert, muss ich es nicht wissen – und wenn es nicht funktioniert, kann ich es ja auch nicht ändern (wobei ich dazu aber durchaus Ideen hätte – allein eine einheitliche – und für alle gleiche – Tischnummerierung würde da sicher schon helfen). Aber wie gesagt – wir sind an Tag 1 – und ich bin im Urlaub.

Ich befasse mich also ein bisschen mit meinem Leben außerhalb des Schiffes im Internet und nutze dann den Rest des Tages in der Sonne. Die brennt unbarmherzig vom Himmel (auch heute reden wir von knapp 30°C), allerdings – zumindest auf dem FKK-Deck – durch relativ starken (Fahrt)wind teilweise unbemerkt. Das ist zwar angenehm, führt aber gegen Abend zu ersten Sonnenbranderscheinungen. Zwar habe ich mich intensiv mit meiner Sonnenmilch befasst aber irgendwie übersehen, dass man direkt unterhalb der Augen auch der Sonne ausgesetzt ist – und das ist der Bereich, den ich jetzt halt mit After-Sun wiederherstellen muss.

Und auch wenn ich mir geschworen habe, über Menschen mit Kleidung auf dem FKK-Deck nicht mehr zu schreiben … heute muss es nochmal sein. Da befindet sich also mitten auf dem Deck wieder mal eine Dame mit Vollbekleidung, d.h. mit Badeanzug und einem Tuch, das kunstvoll um den Körper geschlungen ist, bekleidet. Vermutlich hat sie es nicht bemerkt – aber die rund dreißig Menschen um sie herum tragen so etwas nicht.

Und dann wagt es tatsächlich einer der anderen, die Dame höflich darauf hin zu weisen, dass die Kleiderordnung hier oben eigentlich etwas anderes vorsehen würde. Und dann geht’s los: der neben der Dame liegende Herr schaltet sich in das Gespräch ein: „Das ist meine Frau.“ Ach so, na dann … konnten wir ja nicht wissen. Und vermutlich haben wir das Schild am Treppenaufgang auch nicht so richtig gelesen. Da steht bestimmt nicht nur „Nacktbereich“ sondern auch „Gilt nicht für ihm seine Frau“. Oder so ähnlich.

Der freundliche Mitreisende bleibt erstaunlich ruhig, unterlässt einen zynischen Kommentar (wie er mir auf der Zunge gelegen hätte) und weist darauf hin, dass er das trotzdem nicht gut fände. Worauf die Dame (also ihm seine Frau) sich jetzt selbst einschaltet: „Na, dann gehen Sie doch runter – Sie müssen ja hier nicht liegen.“

Und das ist dann der Moment, in dem auch die anderen FKK-Deck-Benutzer Solidarität entwickeln. Ich fasse kurz zusammen: eine Minute später sind sowohl die bekleidete Dame als auch der zugehörige Herr auf dem Weg nach unten – sie hinterlassen uns allerdings den Hinweis, dass man jetzt direkt zum Kapitän gehen würde und das Konsequenzen hätte. Na, das wollen wir doch mal hoffen … J

Unabhängig davon muss ich aber an dieser Stelle noch mal betonen, dass die FKK-Bereiche inzwischen wohl ein absolutes Alleinstellungsmerkmal von AIDA sind – spätestens nachdem TUI Cruises die Bereiche auf „Mein Schiff“ abgeschafft hat, da diese angabegemäß aufgrund  maltesischen Rechts nicht zulässig wären. Und die „Auslastung“ der Decks bestätigt auch ganz klar ihre Berechtigung – viele der Mitreisenden haben bislang von einem Test der TUI-Flotte gerade aufgrund des dort fehlenden FKK-Bereichs abgesehen. Und denjenigen, die immer wieder mal die Abschaffung auf AIDA fordern, um mehr Deckfläche für Bekleidete zu haben, sei gesagt, dass die Umsetzung keine Änderung bringen würde, da sowohl die Zahl der Passagiere als auch die Größe der Decks gleich bliebe – lediglich Art und Umfang der Bekleidung würden sich ändern.

Das Mittagessen ignoriere ich nach dem umfangreichen Frühstück genau wie die nachmittägliche Kuchensession im Calypso – eine Banane im Saunabereich reicht bis zum Abendessen aus. Zwischendrin nehmen wir dann noch die 4-nach-4 und 5-nach-5-Aufgüsse mit … den um 6-nach-6 muss ich meinem knurrenden Magen zuliebe ausfallen lassen.

Ich finde mich daher gegen 18.00 Uhr in Skandinavien ein – bzw. besser gesagt im Marktrestaurant, in dem der heutige Themenabend unter dem Motto „Skandinavien“ steht (dafür ignoriere ich das Calypso, bei dem es heute „mediterrane Küche“ gibt). Aber die Mischung aus Fisch und Elch, ergänzt durch „Köttbullar“, reicht vollkommen aus, um satt zu werden. Und wie immer bin ich hin- und hergerissen, ob ich lieber die Restaurantvielfalt auf den Sphinx-II-Schiffen (Blu, Sol, Mar, Stella) oder lieber die Themenabende auf den kleinen Schiffen (Cara, Vita, Aura) mag – beides hat seine Vorteile …

Um 20.00 Uhr steht dann der nächste Termin an: Bingo.  Doch was ist das – die Tische in der Anytime sind praktisch alle belegt, die Leute stehen schon eine Viertelstunde vor Beginn Schlange, um die Scheine zu kaufen. Das kenne ich so nicht … normalerweise dauert es ein paar Tage bis es sich herumgesprochen hat, dass Bingo auf AIDA nicht soooo schlecht ist. Aber hier und heute ist die Hölle los – das wird was werden.

Und das wird es auch. Obwohl Tobi vom Clubteam sicher einer der besten „Bingo-Spieler“ ist (wenn nicht sogar der beste), ist das hier ein ziemlicher Massenauflauf, der – der Maximaldauer von einer Stunde geschuldet – eher in Hektik als in Spielfreude ausartet. Die Schnapszahlen können gar nicht alle ausgespielt werden (nur die geraden Zahlen 22, 44 und 66 kommen zum Zuge) und auch hier gibt es nur die schnellen Karten- oder Würfelspiele. Und auch wenn der Sieger mit 250 € nach Hause geht (ein sensationeller Wert für den ersten Abend, der normalerweise gerade mal so die 100 € erreicht), kommt (zumindest bei mir) Spielfreude nicht wirklich auf. Das muss ich noch mal beobachten, ob ich das jeden Abend machen will …

Anschließend gibt es im Theater die Offiziersvorstellung und die erste Show – beides ist mir hinlänglich bekannt, so dass ich auch den heutigen Abend lieber an der Ocean Bar verbringe, die gleichförmig dahinziehende Heckwelle beobachte und den Kapitän dann lieber beim Clubtreffen am zweiten Seetag kennen lerne – dort stellt er sich uns ja sicherlich noch mal vor.

Und da auch ein Tag mit Nichtstun anstrengend sein kann, pflege ich noch kurz meinen kleinen Sonnenbrand, packe meinen Rucksack für den morgigen Ausflug auf St. Lucia und gebe mich dann erneut meinen Träumen hin …

Weiter mit Tag 3: Castries (St. Lucia)