Wieder einmal werde ich von der Sonne geweckt. Und wie immer eigentlich zu früh. Naja, oder auch nicht, denn bekanntlich ist ja der frühe Vogel derjenige, der den Wurm fängt. Und wenn wir jetzt mal annehmen, ich wäre der Vogel, dann schadet es nicht, wenn ich mich mal auf den Weg ins Rossini mache. Nicht, dass ich da jetzt einen Wurm fangen wollte – aber gegen ein, zwei kleine Steaks ist ja in der Tat nichts einzuwenden.

Und so verbringe ich wieder mal ein sehr entspanntes und ausgiebiges  „Seetags-Frühstück“, treffe den einen oder anderen Bekannten, schaue parallel mal, was sich in Facebook und dem Rest der Welt so tut und genieße einfach meinen Urlaub.

Da uns die Sonne heute auch wieder gewogen ist, nutze ich danach die Zeit, für ein bisschen Farbe im Gesicht zu sorgen, unterbreche diesen Vorgang kurz für einen Regenschauer (der sich dieses Mal jedoch ein, zwei Minuten vorher mit leichtem Tröpfeln angekündigt hat), um pünktlich zu unserer ersten Äquatorüberquerung um 10.34 Uhr (zwei weitere werden auf dieser Reise noch folgen) wieder in der Sonne zu liegen.

Während meiner Sonnenpause habe ich einen Abstecher in die Sauna gemacht (von dort kann man dann ja schön das Geschehen auf dem offenen Deck beobachten), musste dort aber feststellen, dass keine einzige Liege mehr frei war. Ärgerlich daran war jedoch, das eigentlich auch keine einzige besetzt war – lediglich Handtücher hielten hier die Stellung. Nun gut, ich wollte ja eh nur kurz während des Schauers ins Trockene und habe daher die Zeit eh in der Kräutersauna verbracht – aber auch in den Saunen waren die Handtuchinhaber nicht zu finden … 🙁 Naja, wie auch immer. Ist halt ziemlich ärgerlich sowas …

Inzwischen liege ich ja aber wieder in der Sonne während wir – jetzt auf der Nordhalbkugel der Erde – unseren Weg nach Belém fortsetzen. Hierzu müssen wir dann im Übrigen aus dem Amazonas-Delta raus auf den Atlantik fahren, um dann später weiter südlich wieder in die Amazonasmündung nach Belém einzufahren – der direkte Weg ist wohl vom Wasserstand her nicht wirklich ausreichend. Und so kommt es, dass wir jetzt im Amazonas-Delta die Flussufer eher nicht mehr sehen – ist das doch bis zu 250 km (!) breit. Kein Wunder, dass da so viel Wasser durchpasst.

Die Temperatur beträgt inzwischen 31°C und die Luftfeuchtigkeit 91% – das reicht mir zugegebenermaßen jetzt aber auch. Ich wechsele wieder den Bereich in der Hoffnung, dass inzwischen eines der Handtücher im Saunaruhebereich aufgegeben hat und ich mich nach einem Schwitzgang dann irgendwo ablegen kann. Ansonsten könnte es vielleicht auch passieren, dass so ein Handtuch versehentlich den Weg in die Handtuchcontainer findet und das meistens zur Individualisierung in der Nähe platzierte Buch die Liege wechselt.

Doch ich habe Glück, zwei freie Liegen erwarten mich. Von daher ist (fast) alles gut. Und während ich so vor mich hindöse, passiert es dann. Unangekündigt. Unerwartet. Unerbittlich. Von einer Sekunde auf die andere weicht der Sonnenschein einem Regenguss. Und es gibt kein Entkommen – für niemanden dort draußen. Das muss man sich jetzt so vorstellen, dass jemand einen Eimer voll mit Wasser schlagartig umdreht. Und dieser Eimer ist groß, sehr groß.

Die Zeit hat den meisten noch nicht einmal gereicht, um ihr Buch wegzulegen, geschweige denn irgendwie ins Trockene zu bringen. Und ich bin mir sicher – dieses Mal hat es den einen oder anderen E-Book- oder gar iPad-Nutzer auch erwischt (Memo an mich: Geräte, die ab und zu eine Schnur brauchen, kommen am Amazonas nicht an Deck!). Einfach nur Wahnsinn. Alex berichtet mir später, dass von der Treppe auf dem Pooldeck, die Deck 10 und 11 verbindet, nichts mehr zu sehen war – von oben nach unten wäre nur noch ein großer Wasserfall zu sehen gewesen, einzelne Stufen waren nicht mehr erkennbar.

Und Sekunden später ist es auch schon wieder vorbei. Die Sonne lacht, naja vielleicht lacht sie auch die Menschen da draußen aus, die wie begossene Pudel aussehen. Ein wahrhaft tolles Naturschauspiel, dass von hier drinnen in der Tat schöner anzusehen als wenn man es als Beteiligter draußen miterleben muss.

Inzwischen haben sich übrigens auch die Handtuch-auf-die-Liegen-Leger eingefunden. Alle Liegen sind besetzt. Und wie man den Leuten ansieht, kommen alle von draußen. Da haben einige den Hinweis „Im Saunabereich bitte keine Liegen reservieren!“ dann wohl doch irgendwie missverstanden. Naja, vielleicht muss man das auch mal anders formulieren, damit es verständlicher wird … 😉

Interessant sind übrigens zwei Damen, die auch zu den Doppel-Liegen-Nutzern gehören. Nach dem Abtrocknen haben sie sich für etwa drei Minuten auf ihre mit Handtüchern, Bademänteln, Büchern und Wasserflaschen drapierten Liegen gesetzt, um dann – nachdem draußen wieder das Sonnenprogramm gestartet wurde – wieder nach Draußen umzusiedeln. Dort haben sie dann zwei Liegen vor dem Saunabereich okupiert, um sich dort eine knappe Stunde aufzuhalten. Anschließend erschienen sie wieder an ihrem „Utensilienlager“ im Saunabereich, haben sich einen Schluck Wasser aus dem Wasserspender munden lassen, die Badekleidung mit einem mehr oder weniger durchsichtigen Tuch umwickelt und sind dann wieder entschwunden. Allerdings nicht zu den beiden Liegen vor der Sauna sondern vermutlich eher zum Lunch. Für die nächste Dreiviertelstunde sind jetzt also schon jeweils zwei Liegen belegt, eine drinnen und eine draußen.

Und gerade eben erscheinen beide wieder auf der Bildfläche, räumen ihren Kram von den besetzten Liegen, sowohl drinnen als auch draußen, und ziehen komplett von dannen. Die haben es also in der Tat geschafft, mehr als 10% der Liegen im Saunabereich für mindestens zwei Stunden zu belegen ohne auch nur eine Sekunde in der Zeit mal drauf gelegen zu haben … Das ist jetzt einer der wenigen Momente, wo ich mal besser nicht schreibe, was ich wirklich denke … Und, falls eine der beiden Damen das hier mal zufällig lesen sollte, denken Sie sich bitte das schlimmste Schimpfwort aus, das Ihnen einfällt – und  fühlen sich dann gern damit angesprochen!

So, jetzt aber wieder zurück zum Urlaub … 😉

Ich mache noch einen kleinen Abstecher in die Dampfsauna, werde dort von einem Mitreisenden darauf hingewiesen, dass ich doch bitte ein Handtuch unterlegen solle, versuche ihm zu erklären, dass dies zwar ein guter Gedanke ist, der in der Dampfsauna bei 100% Luftfeuchtigkeit aber eher nicht sinnvoll umzusetzen ist, werde daraufhin belehrt, dass er schon länger in die Sauna ginge als ich alt wäre (und da hat er ziemlich sicher Recht), was dazu führt, dass ich ihn wiederum belehren muss, dass ich die Zeit dafür lieber genutzt habe, um Lesen zu lernen … und es sinnvoll wäre, wenn er das auch mal tun würde – und zwar am besten beginnend mit dem Schild neben dem Dampfbad, das darauf hinweist, dass ein Handtuch eben gerade hier nicht vorgesehen wäre sondern stattdessen die Sitzbänke mit den vorhandenen Wasserschläuchen abgespritzt werden sollen. Und während ich selbst erstaunt bin, wie lang ein einziger Satz werden kann, hat er wohl die Lust an Gesprächen verloren … 😉

Da die Mittagessenzeit inzwischen vorbei ist, springe ich noch schnell in die Pizzaecke im Calypso, esse zwei Stückchen Pizza und etwas Salat und verlagere meinen Schwerpunkt dann in die AIDA-Bar, um – mit Hilfe eine Latte – meine Erlebnisse auf Papier (bzw. ins MacBook) zu bringen.

Rechtzeitig zum 4-nach-4-Aufguss erscheine ich dann wieder in der Sauna. Hier nehme ich dann gemeinsam mit Niklas, der gerade nach dem Sport eingetroffen ist, auch gleich noch den 5-nach-5-Aufguss mit „Aufguss-August“ mit, den Horst-August übrigens immer an unseren Seetagen zelebriert. Und was soll ich sagen – genauso gut wie beim ersten Mal, auch wenn Horst die gelben Socken heute gegen rote getauscht hat.

Gegen 19.00 Uhr mache ich mich dann auf den Weg ins Calypso, um rechtzeitig vor dem Bingo noch etwas zum Thema „Portugal“ zu essen. Und das ist genau die richtige Entscheidung: Carpaccio vom Rind mit Parmesan, frisch gegrillte Rindersteaks, warmer Flusskrebssalat mit Chili gewürzt – was will man mehr. Interessant ist lediglich, dass ich später von Arndt erfahren werde, dass sie im Marktrestaurant beim Thema „Brasilien“ das gleiche vorgefunden haben … Ich hätte jetzt nicht erwartet, dass sich diese beiden Küchen so ähneln – und eigentlich hätte ich das Carpaccio auch eher in Italien als in Portugal und/oder Brasilien gesucht … aber egal, Hauptsache es hat geschmeckt.

Beim Bingo wird es von Tag zu Tag voller, nur mit Mühe gelingt es noch, einen passablen Tisch für sechs Personen zu finden, die wir aktuell in unserer Runde sind. Und das trotz immer stärker einsetzenden Seegangs, der es manches Mal gar nicht so einfach macht, bei den Schnapszahlenrunden vom Sessel auf die Bühne zu gehen … Irgendwie scheinen die meisten hier doch seefest zu sein.

Das Mitspielen hätte ich mir im Übrigen auch schenken können – OK, zwei Schnapszahlsekt sind ja in Ordnung, aber das große Bingo wer schöner gewesen. 250 € sind heute schon zu gewinnen – wenn das in der Geschwindigkeit weiter steigt, dürfte der Jackpot am letzten Abend wohl wieder mal vierstellig werden.

Morgen liegen wir dann in Belém über Nacht auf Reede, so dass es kein Bingo geben wird – aber das passt auch ganz gut, da Guido, Michael und ich ja sowieso im Rossini beim Dinner sind (aber vielleicht fällt es ja auch deshalb aus und das mit dem Hafen ist nur eine Ausrede) 😉

Wie auch immer, den Rest des Abends verbringe ich nun mit Birga und Arndt in der Ocean Bar. Und hier am Heck fällt dann nicht nur der Seegang (ausschließlich Rollbewegungen) auf sondern auch der Wind – und der weht in der Tat ab und zu auch mal ein halbvolles Bierglas vom Tisch. Wir besprechen noch ein bisschen unsere Erfahrungen mit anderen Reedereien und Schiffen, wobei ich feststelle, dass mein geplanter Weihnachtsurlaub nächstes Jahr terminlich nicht so optimal liegt und überlege, die Karibik dann vielleicht doch mit Südostasien zu tauschen. Naja, mal schauen, ob da noch was frei ist und ob das auch in die Urlaubsplanung potenzieller Begleiter passt.

Gegen 23.00 Uhr verlassen wir dann den schönsten Platz auf dem Schiff, ich schreibe noch schnell zwei E-Mails in Sachen Weihnachtsurlaub 2013 und gehe dann auch ins Bett und lasse mich vom Seetag in den Schlaf wiegen. Und auch wenn ich mich selbst als relativ seefest bezeichnen würde, finde ich diese Rollbewegungen auch nicht wirklich angenehm – aber kurz darauf bin ich eh eingeschlafen und da fällt das dann gar nicht mehr auf …

Weiter mit Tag 6: Belém (Brasilien)