Heute erreichen wir unseren zweiten Hafen dieser Reise: Santarém. Etwa auf halber Strecke zwischen Manaus und Belém gelegen, haben wir bis hierher bereits 772 km auf dem Amazonas zurückgelegt. Gegen 8.00 Uhr machen wir wie geplant in San–tarém fest, die Sonne scheint und die Temperatur toppt die zu Hause (obwohl es dort auch 18°C (!) sind an diesem Heiligabend) doch noch einmal deutlich mit wieder mehr als 30°C. Also weder hier noch dort weiße Weihnachten – naja, dann kann man ja auch hier sein … 😉

Da mein Landausflug erst am Nachmittag beginnt, muss ich mich jetzt glücklicherweise noch nicht auf den Weg nach draußen machen sondern kann erst einmal in Ruhe im Rossini frühstücken. Und obwohl hier trotz der frühen Zeit schon viel Betrieb ist, ist das Frühstück im Rossini für mich immer noch der perfekte Start in den Tag.

Das Personal mag das hier natürlich durchaus anders sehen … mit Erholung hat das nichts zu tun, wenn im vollbesetzten Rossini jeder mehr oder weniger gleichzeitig bedient werden will. Und dann noch Zeitgenossen dabei sind, die ein Omelette „mit allem“ bestellen, um sich danach darüber zu beschweren, dass die Garnelen nicht wirklich zum Bacon passen. Nun, das stimmt zwar – aber wäre es dann nicht eher intelligent gewesen, ein Omelette „mit allem ohne Garnelen“ zu bestellen?

Wie auch immer, mir hat mein Omelette „mit Schinken, Bacon und Käse“ sehr gut geschmeckt … und so gehe ich gut gesättigt in die Sonne. Der Himmel ist heute fast unbewölkt (auch wenn wir ja schon wissen, dass das nicht unbedingt etwas heißen muss), nutze ich die Gelegenheit zum Sonnenbad an Deck. Schließlich will ich ja zumindest leicht eingefärbt nach Hause kommen …

Unser Ausflug beginnt dann um 13.15 Uhr, gerade richtig, um nach einem Gang durchs Dampfbad noch einen Burger am Poolgrill zu genießen. Das finde ich übrigens eine richtig gute Einrichtung auf den kleinen Schiffen – wer sich einmal auf AIDA–blu &Co. daran gewöhnt hat, der wird diese Neuerung sicher auch gut finden. Zumal die Neuerung ja inzwischen noch mal neuer wurde – die Fleischpads werden nicht mehr vorgebraten und dann warmgehalten sondern auf Bestellung erst frisch gegrillt … und das ist noch mal ein deutlicher Unterschied.

Doch zurück an den Amazonas … Ich habe heute gemeinsam mit Arndt, Birga, Dennis und Niklas den Ausflug „SRM02: Beeindruckende Natur“ gebucht, der uns in rund 3 ½ Stunden einen weiteren Einblick in die Fauna am Amazonas gibt.

Direkt an der Vita hat dazu eine Art Ponton festgemacht, so dass wir direkt in unsere Ausflugsboote steigen können – der Umweg über den Hafen kann dadurch entfallen. Und so können wir gleich durchstarten … etwa 30 Minuten sind wir auf dem Fluss Tapajos unterwegs bis wir zum ersten Naturschauspiel kommen: dem Zusammenfluss der Flüsse.

Einige werden nun sicherlich feststellen, dass wir das doch schon mal hatten … stimmt, aber da waren es zwei andere Flüsse oder besser gesagt, der Rio Negro, der sich mit dem Amazonas vereinigt hat. Hier ist es jetzt der Tapajos … und auch hier das gleiche Schauspiel: das klare Wasser des Tapajos vermischt sich auf einer Strecke von rund 6 km mit dem braunen Wasser des Amazonas. Und das sieht vom Schiff schon gut aus – aus der Luft muss das noch spektakulärer sein …

Rechts und links vom Schiff werden wir dabei übrigens immer wieder von Delphinen überrascht, die uns mit – meist kleinen – Sprüngen aus dem Wasser an ihre Existenz erinnern. Dummerweise kann man aus dem Ort des Eintauchens nicht wirklich berechnen, wann und wo sie erneut auftauchen werden – die müssen unter Wasser ziemlich im Zick-Zack schwimmen, so unerwartet wie sie dann an anderer Stelle auf einmal wieder da sind.

Und noch etwas fällt auf : nicht alle Delphine sind grau. Hier gibt es die nämlich auch in einer etwas seltsam anmutenden rosa Färbung (und nein, das hat nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun). Ursache ist angeblich eine relativ dünne Oberhaut, die dazu führt, dass die rote Farbe des Blutes durchschimmert … warum es die dann aber nur hier gibt, ist damit auch nicht geklärt (eine dünne Haut könnte man ja auch woanders haben) …

Inzwischen sind wir übrigens eine weitere Dreiviertelstunde gefahren und haben damit unser nächstes Ziel, den Maicá-See erreicht. Auf dem Weg hierhin hat unser Guide bereits ein Stück blutiges Fleisch in mundgerechte Stücke geschnitten (so wie bei einem Fondue), nur dass das nicht unser Picknick wird sondern eher eine Zwischenmahlzeit für die hier ansässigen Piranhas. Die wollen wir jetzt nämlich füttern.

Naja, eigentlich wollen wir sie angeln, aber meistens wird es dann doch eine Fütterung, da die Tiere ganz gut zwischen Fleisch und Angelhaken unterscheiden können – und so wie wir ja auch nicht ständig auf die Fonduegabel beißen, knabbern die Fische auch oftmals das Fleisch vom Haken ab ohne drauf zu beißen.

Aber wie bei den Menschen auch, sind halt doch immer so ein paar dabei, die sich ein bisschen dabbisch (Anmerkung des Verfassers: hessischer Ausdruck für „ungeschickt“) anstellen. Und die haben wir jetzt im Boot … 🙂 Zwar nur kurzzeitig, denn dann geht es zurück in den See, aber für eine kurze Begutachtung langt das durchaus … und insbesondere der Blick ins Maul macht deutlich, dass man da besser keine Körperteile reinsteckt – die Zähne signalisieren nämlich unmissverständlich, was damit passiert. Von daher sehen wir auch von Streichelvorgängen jeder Art ab …

Im Übrigen erfahren wir von unserem Guide, dass die Piranhas eigentlich relativ ungefährlich wären. Menschen würden sie tendenziell eher nicht angreifen, da der Lebensraum hier einfacher zu handhabende Nahrung bieten würde – es sei denn, man hätte eine blutende Wunde. Und die spielenden Kinder am Uferrand scheinen dies zu belegen – zumindest sind auf dem Rückweg noch genauso viele da wie auf dem Hinweg … 😉

Gefährlicher für den Menschen wären eher zwei andere hier vorkommende Fische – zum einen der Candirú (auch Penisfisch genannt), zum anderen der Zitteraal.

Während der Penisfisch genau das tut, was der Name schon befürchten lässt (nämlich irrtümlicherweise durch den Penis in die Harnblase schwimmen, um sich dann dort – oder ggf. auch schon auf dem Weg dorthin – mit seinen Widerhaken festzukrallen), tötet der Zitteraal mit Stromschlägen von bis zu 800 Volt. Da möge jetzt bitte jeder selbst entscheiden, was besser ist … eine kurze Umfrage auf dem Boot hat – zumindest bei den Herren – eindeutig dem Zitteraal den Vorzug gegeben.

Und damit wäre zumindest auch geklärt, dass der Amazonas – zumindest für den Harald – kein Gewässer zum Schwimmen ist. Zumal es ja hier noch weitere Fischarten gibt, von denen man gut ein Drittel noch gar nicht näher kennt (man schätzt, dass im Amazonas rund 5.000 verschiedene Fischarten leben. Zum Vergleich: in Europa gibt es etwa 150). Und ich muss auch nicht unbedingt derjenige sein, nachdem die Fischart dann benannt wird …

Nachdem unsere Angeltrophäen also zwischenzeitlich wieder zurück im Wasser sind, machen wir uns auf den Rückweg nach Santarém. Eine gute Stunde sind wir jetzt noch unterwegs, wobei wir vereinzelt nochmals von Delphinen begrüßt werden – die Mehrheit döst aber inzwischen im warmen Amazonasklima vor sich hin.

Und obwohl man es bei dem hiesigen Klima immer wieder gern vergisst: wir haben Weihnachten, heute ist Heiligabend. Und wir füttern Piranhas. 🙂

Zurück auf dem Schiff wird es also Zeit, sich auch mal mit diesem Thema zu befassen. Unser Kapitän tut das auch – um kurz vor sechs wird nämlich „Herr Klaus“ aus Kabine „24-12“ ausgerufen; man würde ihn im Theater erwarten. Und während er sich dort mit den anwesenden Kindern beschäftigt, treffen sich Arndt, Birga, Niklas, Dennis und ich vor dem Rossini zum Weihnachtsessen.

Acht Gänge werden dort heute kredenzt – und wir werden geschmacklich (wieder mal) nicht enttäuscht:

Zweierlei von der Riesengarnele mit winterlichen Blattsalaten und Zimt-Balsamico-Vinaigrette
Gegrillte Jakobsmuschel mit Safran-Risotto und Champagnerschaum
Tranchen von der rosa gebratenen Entenbrust mit knusprigem Semmeltaler hierzu Mandeirajus
Glühweinsorbet mit Sternanis Espuma
Gebratener Rehrücken mit sautierten Birnenspalten und getrüffeltem Rotwein-Risotto und Wachholderrahm-Sauce
Leichter Kartoffel-Fourme d’Ambert-Schaum
Schokoladen-Beignets mit Gewürz-Orangen-Ragout
Duett vom Bratapfel

Vielleicht sollte man da auch noch mal auf den Menüpreis hinweisen – mit 48 € pro Person ist das in der Tat nicht überteuert … Da freue ich mich doch schon aufs nächste Mal am 26. Dezember – da lasse ich mir mit Michael und Guido das „kulinarische Highlight“ für die „Club-Mitglieder der Stufe Grün“ auf Einladung von AIDA schmecken.

Parallel erhalten wir dann auch noch hohen Besuch im Rossini. Nein, nicht Herr Klaus – Herr Becker kommt vorbei und wünscht uns frohe Weihnachten. Boris Becker ist nämlich unser Kapitän auf dieser Reise – und das, Niklas, kann man u.a. daran erkennen, dass auf seinem Namenschild „Kapitän“ steht oder alternativ auch an den vier Streifen auf dem Ärmel … 😉

Einziger Nachteil des Weihnachtsessens im Rossini: entsprechend der Anzahl der Gänge ist es leider nicht zu schaffen, die Weihnachtsgala im Theater, die Berichten zufolge auch in diesem Jahr wieder ein Highlight gewesen sein muss, zu besuchen. Und das ist irgendwie schon schade – denn mal so eine knappe Stunde Weihnachtsstimmung hätte dem Abend durchaus einen schönen Abschluss gegeben.

Aber gut, dass ist nun mal leider nicht zu ändern … also beschließe ich den Abend mit einem Espresso bevor ich mich dann – ziemlich satt – auf den Weg in meine Kabine begebe und mich von den leichten Schiffsbewegungen in den Schlaf wiegen lasse.

Weiter mit Tag 5: Auf dem Weg nach Belém