Um 6.30 Uhr macht mein iPhone auf sich aufmerksam … es wäre Zeit zum Aufstehen. Hm, eigentlich bin ich ja im Urlaub – aber um 7.45 Uhr geht unser Ausflug zur Christusstatue los – da sollte ich gewaschen sein, gefrühstückt haben und ausflugsfertig im Theater sitzen.

Also gut, stehe ich halt auf und mache wie mir geheißen – und bin pünktlich zur Registrierung der Ausflugsteilnehmer am Treffpunkt.


Warum ich eigentlich immer pünktlich bin, wenn doch bei jedem Ausflug immer zwei, drei Leute nicht erscheinen, angerufen werden und dann mit einer Viertelstunde Verspätung am Treffpunkt einlaufen als wäre es das normalste der Welt, ist mir immer mehr ein Rätsel … Genauso spannend sind übrigens diejenigen, die sich bei Ausflug XXX03 anmelden wollen, obwohl sie Ausflug XXX02 gebucht haben – und davon gibt es reichlich. Auch dieses Rätsel ist für mich ungelöst – auf den Ausflugtickets steht in mindestens 16er-Schrift Ort und Zeit des Treffens … warum man dann in der AIDA-Bar eintrifft obwohl auf dem Ticket „Theater“ steht, wird man wohl nie ergründen …

Aber wie auch immer – irgendwann sind wir komplett und machen uns auf den Weg zu Deck 3, auf dem heute unser Ausgang ist. Günther ist übrigens auch dabei … 😉

Ach ja, und dann muss mir irgendjemand mal erklären (am besten jemand, der schon lange verheiratet ist), warum Paare nie getrennt werden dürfen. Aber das schein ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, wobei das Frauen enger auslegen als Männer. Was ist geschehen? Von den Treppenhäusern kommen zahlreiche Leute auf Deck 3 an; diese verdichten sich dann zu einer einzelnen Schlange vor dem Ausgang (also so eine Art Reißverschlussverfahren nur mit fünf oder sechs Spuren). Dabei passiert es immer wieder, dass direkt hintereinander laufende Paare getrennt werden und ein, zwei Leute von einer der „Nebenspuren“ dazwischen rutschen. Aus meiner Sicht nichts dramatisches, denn spätestens nach dem Ausgang kann man sich ja wieder zusammensortieren. Für die meisten Frauen (Männer sind eigentlich gar nicht betroffen, die gehen einfach weiter – irgendwann wird schon jemand „Günther“ rufen …) ist das offensichtlich eine höchst gefährliche Situation … sie drängeln nach vorn – meist unterstützt mit den gestammelten Worten „Mein Mann …!“ und schieben alles, was sich ihnen in den Weg stellt zur Seite. Ich versteh es einfach nicht … der Typ geht doch nicht verloren – und seine Bordkarte wird er doch auch allein vorzeigen können, oder? Aber vielleicht kann mich ja mal jemand aufklären …

Doch zurück zum Ausflug. Zunächst legen wir einen knappen Kilometer zu Fuß zurück – die Ausflugsbusse stehen nämlich vor dem Hafengelände und das müssen wir erst einmal verlassen. Glücklicherweise kommen wir dabei durch das Hafenterminal und glücklicherweise hat die Citibank dort einen Geldautomat aufgestellt (also, hoffen wir mal, dass das wirklich die Citibank war), so dass ich noch schnell 200 Brasilianische Real ziehen kann – so ganz auf Dollar und Euro verlassen kann man sich hier nämlich nicht …

Rechtzeitig vor den wartenden Bussen hole ich meine Gruppe wieder ein, wir können starten. Die Busse in Brasilien überraschen mich übrigens – das ist höchster Standard. Die Sessel sind bedeutend größer und bequemer als bei uns und auch deutlich breiter. Dafür stehen die Reihen versetzt, so dass der Gang nicht schmäler ist, allerdings im Zick-Zack verläuft. Das stört aber nur beim Ein- und Aussteigen – die restliche Zeit (und die ist ja meistens wesentlich länger) hat man den Vorteil der sehr bequemen Sitzmöbel. So nebenbei kann man auch erwähnen, dass man auf zwei Sitzreihen verzichtet – was natürlich ebenfalls zu Gunsten des Komforts geht.

Vielleicht ist man da in Brasilien weiter als bei uns … während bei uns jeder Millimeter an einer Sitzlehne gespart wird (vielleicht geht ja noch eine Reihe mehr rein), Billigflieger darüber nachdenken, eine „Toilettenbenutzungsgebühr“ zu berechnen und von Sitz- auf Stehplätze umzurüsten, scheint man hier nach wie vor nicht zu vergessen, dass hierbei immer mit Menschen umgegangen wird … da läuft bei uns vielleicht auch nicht alles richtig. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass man in Eco eigentlich nur noch erträglich ohne Thromboserisiko fliegen kann, wenn man nicht größer als 1,75 m ist und der Körperumfang deutlich unter dem Durchschnitt der Bevölkerung liegt?

Aber ich schweife schon wieder ab … wir sind inzwischen auf direktem Weg zum Corcovado, dem Berg, auf dem die Christusstatue steht. Die vorher geplante Stadtrundfahrt stellen wir hinten an, um möglichst früh bei Christo zu sein und dem Gedränge aus dem Weg zu gehen … eine gute Entscheidung.

Wir sind etwa ½ Stunde unterwegs als wir die Talstation der Zahnradbahn erreichen, die uns auf den Berg bringt. Und die braucht es auch – der Berg ist so steil, dass alle anderen Fortbewegungsmittel (zumindest die nicht-tierischen) wohl scheitern würden. Dabei führt uns die Fahrt durch den Tijuca, den „Stadt-Regenwald“ Rios, eine etwa 40 km² große Waldfläche mitten in der Stadt.

Das ist schon beeindruckend – ohne Machete käme man da keine fünf Meter rein. Und ich weiß auch nicht, ob man da unbedingt rein muss … ab und zu hört man nämlich tierische Laute aus dem Wald, die ich zwar nicht zuordnen kann, die ich aber auch nicht zuordnen will – zumindest nicht Auge in Auge.

Während wir an einer Ausweichstelle auf die abwärts fahrende Bahn warten (nur hier ist es möglich, aneinander vorbei zu fahren, da die Strecke nur einspurig ist), fällt mein Blick auf ein Spinnennetz zwischen zwei Büschen … Obwohl die zugehörige Spinne aktuell nicht da ist, habe ich eine ungefähre Vorstellung von deren Größe … und – ich bin froh, dass sie nicht da ist! Nein, das ist nichts für den Harald …

Wenige Minuten später sind wir da … jetzt sind es nur noch 220 Treppenstufen bis zum Sohn von Maria – oder eine wenige Sekunden dauernde Aufzugsfahrt, der sich zwei Rolltreppen anschließen. Ich entscheide mich für die Treppe, die rollt, und mache mich auf den Weg nach oben. Der Himmel ist stahlblau, in der Ferne wird es leicht diesig – die Sicht ist dennoch phänomenal. Inzwischen haben wir 36°C, in zwei Stunden ist halt Sommeranfang (hier auf der Südhalbkugel) Schöne Vorstellung, insbesondere wenn man täglich neue Berichte über das Schneechaos zu Hause erhält. 😉

39 m hoch und eine Spannweite zwischen den Fingerspitzen von 28 m … wow, das ist schon beeindruckend, wie Christo seine Hände zum Schutz über Rio ausbreitet … ich glaube, das ist für mich mit das Beeindruckendste, was ich bislang so gesehen habe.

Und damit kann ich auch die Frage beantworten, die ich mir selbst bei der Ausflugsplanung gestellt habe: fährt man eher auf den Zuckerhut oder eher zur Christusstatue? Die Antwort ist simpel, beides … den Zuckerhut am besten abends zum Sonnenuntergang, Christo am besten früh morgens. Ich habe Glück gehabt – beides hat optimal gepasst, Wetter und Sicht waren super. Meine Vorgänger bei der letzten Reise haben am Fuße des Christo gestanden und seinen Kopf vor lauter Wolken nicht sehen können …

Der Weg zurück ist schnell erklärt – es geht mit Rolltreppe, Aufzug und Zahnradbahn bergab 😉 Wir schließen dann noch eine kurze Stadtrundfahrt vorbei an den wesentlichen Gebäuden Rios an und schieben eine Stippvisite (Fotostopp) an den berühmten Stränden Ipanema und der Copacabana an … da könnte man auch länger bleiben und sich in die Fluten stürzen – vielleicht so bis Ende März? 😉

Das ist jetzt übrigens die richtige Gelegenheit, ein paar Worte über die Kriminalität in Rio zu verlieren. Es gibt da ja durchaus abenteuerliche Stories zu lesen – und haben auch ihre Berechtigung. Rio ist nicht ungefährlich. Das ist allerdings keine Großstadt dieser Welt – und wenn man ein paar Hinweise beherzigt, wird es meistens auch gut gehen.

Die Armut in Brasilien ist sehr hoch – etwa 40% der Menschen leben in den Favelas, den Slums von Rio -, was aber nicht heißt, dass man es dort nur mit Kriminellen zu tun hat. Aber natürlich ist die Kriminalitätsrate hier höher als in anderen Bereichen der Stadt. Man sollte die Favelas also entweder meiden oder nur mit ortskundiger Führung und idealerweise in größeren Gruppen unterwegs sein – hier allein mit Rolex und teurer Kameraausrüstung unterwegs zu sein, könnte in der Tat etwas gewagt sein, da die Gegenseite meist die besseren Argumente (Waffen) hat.

Viel größer ist allerdings das Risiko, in größeren Menschenansammlungen Opfer eines Taschendiebstahls zu werden (wie eine der Scouts auch gleich aus eigener Erfahrung von der letzten Reise berichten konnte: „Ich dachte, ich merke, wenn mir einer an den Hintern geht …“). Rucksäcke werden also immer vorne getragen, Handtaschen am besten gar nicht – wenn aber doch, dann zumindest nicht zur Straße hin, Schmuck, Uhren und sonstige Wertsachen bleiben am besten im Kabinensafe, Geld verteilt man am besten in mehrere Taschen (dann hat man auch gleich ein bisschen was parat, wenn die Argumente der Gegenseite doch besser sind), Kreditkarten lässt man zu Hause (ist meistens auch wirtschaftlich eine interessante Alternative) oder trägt sie zumindest körpernah. Ja, und dann sollte das eigentlich alles gut gehen …

Zurück auf dem Schiff, fordert die Sonne ihren Tribut – das Hemd ist durchgeschwitzt und bedarf dringend einer Auswechslung bevor es zum Lunch geht. Wie immer beschränke ich mich auf einige Antipasti und ein bisschen Käse – zumal heute Abend mein Lieblingsthema auf der Karte steht: „Alpenländische Genüsse“.

Ich ziehe mich anschließend auf eine Latte in die AIDA-Bar zurück, um dann – nach einem kurzen Sonnenbad im inzwischen durch leichte Bewölkung verursachten Schatten – die beiden Aufgüsse des Tages mitzumachen. Und die hatten es in sich … die Sauna hat eh schon 95°C gehabt – und dann noch massig Wasser und Eis auf den Ofen … das war kurz vor den Brandblasen.

Aber dagegen hilft ja eiskaltes Wasser … da kommt dann zumindest der Kreislauf in Schwung 😉 Und hungrig wird man auch (ich zumindest). Also ab ins Marktrestaurant, ins „Alpenländle“. Und was soll ich sagen, es ist einfach wieder mal nur köstlich. Eine Allgäuer Käsesuppe zum Einstieg, dann Schweizer Wurstsalat, Bündnerfleisch, Südtiroler Speck und sonstige Kleinigkeiten, bevor es mit Weißwurst, Käsekrainern und Wiener Schnitzel zum Apfelstrudel mit Vanillesauce geht – satt. Ich springe daher noch vorm ersten Bingoabend in die AIDA-Bar zum Verdauen.

Und dann ist es soweit … das traditionelle Aktiv-Bingo hat Premiere. In der Anytime Bar treffe ich dann auch gleich auf gute Bekannte von der Südostasien- und der Transasien-Tour … es wird ein lustiger Abend, wenn auch der einzige Gewinn aus einem Schnapszahl-Sekt besteht … aber besser als nichts – und für die „Kohle“ bleiben ja noch ein paar Tage.

Anschließend geht’s dann noch ins Theater zur Vorstellung der Offiziere und des Kapitäns – es ist (wieder mal) Lutz Leitzsch. Und auch er bestätigt, dass die Entscheidung, zur jetzigen Zeit mit der AIDAcara in Südamerika unterwegs zu sein, die richtige war. Na dann … 😉

Während die Welcome Show im Theater läuft, bringe ich den heutigen Tag auf Papier (besser gesagt ins iPad) und lasse den Abend in der AIDA Bar entspannt bei einem Hefeweizen ausklingen – morgen geht es ja wieder früh raus zum Ausflug in Armação dos Búzios.