Wie immer erwache ich zu früh – mal schauen, ob sich das auf dieser Reise noch einspielt. Aber die frühen Sonnenaufgänge haben das halt so an sich – von daher schwören ja viele Reisende bei Nordlandreisen im Sommer auf Innenkabinen – die sind halt immer dunkel.

Nun, meins ist das nicht … dann schon lieber einmal kurz wach werden, wieder umdrehen und dann weiterschlafen. Zumindest so bis gegen 7 Uhr. Aber das passt dann ja auch genau zum Frühstück – mal schauen, ob das heute besser klappt.

Zugegeben – es klappt besser. An die Latte kann man sich noch erinnern (die kommt praktisch automatisch) und auch nach Eierspeisen, Steak und Obstsalat fragt jemand. Und als die Latte dem Ende zugeht, kümmern sich drei Kellner um den Nachschub. Von daher gibt es heute die volle Punktzahl.

Und während ich mich nach dem Frühstück wieder mit meiner Zeitung beschäftige, legen wir auf den Shetland Inseln an – am Holmsgarth-Kai, etwa zwanzig Minuten zu Fuß von der Innenstadt entfernt. Und wer nicht laufen will, kann einen kostenlosen Shuttlebus benutzen.

Und genau das mache ich jetzt – zwar nicht, weil ich nicht laufen will, sondern weil ich nicht so genau weiß, wie ich mit der Zeit hinkomme. Immerhin legen wir um 16.00 Uhr schon wieder ab – und somit ist um 15.30 Uhr schon „Alle Mann an Bord“. Das sind also gerade mal fünf Stunden – und da ich noch gar nicht so genau weiß, was ich hier mache, bin ich da halt erst mal ein bisschen vorsichtig.

Beim Einsteigen in den Bus erhalten wir übrigens eine kleine Willkommensbroschüre mit Stadtplan (auf Deutsch) – also so eine Art „Hafeninfos“. Nette Idee und sehr gastfreundlich. OK, vielleicht aber auch einfach geschäftstüchtig.

Wobei das ja erst mal egal ist – wir fahren knapp zehn Minuten mit dem Bus bis zum „Town Centre“. Und natürlich auf der falschen Straßenseite. Wie ein Mitreisender auch gleich bemerkt. Und es dem Busfahrer (scherzhaft) sagt: „You drive on the wrong road side.“ (ich hoffe, ich habe das jetzt genau so aufgeschrieben wie er es gesagt hat). Aber er hat es verstanden – kontert er doch mit: „Oh, that’s not a problem at all – as all the others do so, too.“

So, und was macht nun hier in Lerwick? Man weiß es nicht so genau. In den Foren wird immer wieder empfohlen, sich einen Mietwagen zu nehmen und dann einfach mal über die Insel zu fahren – da würde man überall etwas sehen. Das ist mir jetzt aber ehrlich gesagt zu aufwändig – insbesondere, da ich ja eigentlich kein konkretes Ziel habe.

Denkbar wäre auch noch ein Ausflug gewesen, bei dem man Shetland Ponys sehen kann. OK, liegt auf den Shetland Inseln natürlich nahe. Aber mal ganz im Ernst: Shetland Ponys haben wir doch jetzt irgendwie alle schon mal gesehen – und anders sehen die hier ja auch nicht aus.

Von daher entscheide ich mich für einen Spaziergang zu „The Knab“, einem Aussichtspunkt etwa dreißig Minuten von der Innenstadt entfernt. Mit etwas Glück sieht man unterwegs wohl Seevögel und Robben. OK, ohne Glück sieht man zumindest Möwen. Und davon nicht zu wenige … vor allem ist das Kreischen der Vögel unser ständiger Begleiter – und das bleibt den Tag über auch so.

Nach einer knappen Stunde bin ich wieder zurück in der Innenstadt. Bevor ich aber einen Bummel über die Commercial Street, in der sich viele kleine Geschäfte aneinander reihen, mache, schaue ich noch mal am Fort Charlotte vorbei. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf den Hafen und versteht – angesichts der Kanonen – auch, warum es früher eher nicht so gesund war, über den Hafen anreisen zu wollen.

Wenige Schritte später bin ich dann auf der „Haupteinkaufsstraße“, der Commercial Street – und wer auf der Suche nach einem Pulli aus Shetlandwolle ist, findet hier natürlich auch einen. Und wer keinen sucht, kann zumindest einen Teller kaufen, auf dem „Shetland Islands“ steht.

Und nachdem das auch erledigt und das eine oder andere Foto im Kasten ist, mache ich mich auf den Weg zurück zur Cara. Dieses Mal zu Fuß – ist es doch erst 12.00 Uhr. Soviel Zeit braucht es hier dann wohl doch nicht – zumindest, wenn man nur mal ein bisschen durch die Gegend schlendern will.

Knapp zwanzig Minuten dauert der Weg zurück zum Schiff – verlaufen kann man sich eigentlich nicht. Man muss halt nur aufpassen, wenn man über die Straße geht (und das ist ernst gemeint) – denn die fahren hier nun mal tatsächlich auf der falschen Seite. Und wenn man seit fast fünfzig Jahren eingebläut bekommt, dass man erst nach links und dann nach rechts gucken soll, kann das hier auch schon mal schief gehen.

Inzwischen sehe ich auch schon die Cara – sie lächelt mich an … 😉 Und knapp zehn Minuten später bin ich auch schon wieder an Bord. Und während es heute Vormittag ziemlich bewölkt war, reißt jetzt so langsam der Himmel auf und die Sonne kommt durch. Im Schatten beglückt sie uns mit 14 Grad (geht gerade so, da es relativ windstill ist), in der Sonne selbst sind es 23 Grad (und das ist eine klare Indikation fürs Sonnendeck).

Ich ziehe mich also um und mache mich auf den Weg aufs FKK-Deck. Vorher mache ich noch einen schnellen Saunagang zum Aufwärmen – und dann geht’s in die Sonne. Ich bin hier zwar der erste (und einzige), aber schau’n mer mal – die Erfahrung zeigt ja, dass da immer nur mal einer den Anfang machen muss bevor andere nachziehen.

Und genau so ist es: kaum habe ich das Paket mit den Liegen aufgeschnürt und mich in die Sonne gelegt, kommen die nächsten. Und zehn Minuten später liegen schon weitere fünf neben mir. Und so kommt es heute zu einer interessanten Zweiteilung: die einen liegen mit Jacke und Decke im Schatten, die anderen mit nichts in der Sonne. Fragt sich jetzt nur, wer da jetzt wen für bekloppt hält … 😉

Übrigens sind wir hier oben nicht allein. Mindestens zehn Möwen haben sich dazu entschieden, ihre Flugpause auf der Cara zu verbringen. Auf der Reling, auf den Tischen im Außenbereich des Calypso oder einfach nur so an Deck. Und ich gebe zu, wenn die von da oben nach da unten stürzen, bist Du nicht so wirklich sicher, ob das eine gute Idee ist, da mittendrin zu liegen. Die Schnäbel sehen ja nun doch schon irgendwie bedrohlich aus – und dann kommt mir auch noch dauernd der Film „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock in den Kopf. Hoffentlich geht das mal gut …

Aber wie auch immer – zurück zum Wetter. So kann das von mir aus bleiben (Ja, ich weiß, das bleibt so nicht. Aber hoffen kann man doch mal.) Wobei es sich gegen 16.00 Uhr schon ändert – die Sonne scheint zwar noch, aber spätestens nach dem Ablegen verhindert der Fahrtwind weitere Aktivitäten in der Sonne.

Und so entscheide ich mich spontan, das ausgefallene Mittagessen durch einen Muffin im Calypso zu ersetzen. Und dabei teste ich auch gleich mal das neue Mobiliar im neu geschaffenen Pizzabereich – hohe Bartische für jeweils vier Personen erwarten uns hier. Sieht zwar nett aus – ich finde sie aber ein bisschen unbequem. Insbesondere weil die Tische meiner Meinung nach zu hoch sind für die Bänke – kann aber auch sein, dass mein Körperbau dazu einfach nicht kompatibel ist.

Aber was soll’s – für Kaffee und Muffin reicht es ja. Und mehr passiert jetzt ja hier eh nicht. Zum Mittag- oder Abendessen würde ich mich da jetzt aber eher nicht hinsetzen.

Dafür sitze ich jetzt an der AIDA Bar. Oder besser gesagt an einem der beiden hohen Tische, die neben dem Ausgang in Richtung Theater an der Wand stehen – das ist nämlich mein Lieblingsplatz zum Schreiben. Hinter mir die Wand (das ist der alte „Säbelzahntigerinstinkt“ – Männer mögen es eher ja nicht, wenn sie nicht wissen, was hinter ihnen passiert), vor mir die AIDA Bar und der Weg von vorn nach hinten im Schiff. Da gibt es immer viel zu sehen …

Und während ich so schreibe und dabei meinen ersten Cocktailgutschein einlöse („Choco Banana Colada“), sehe ich so nach und nach alle 1.200 Passagiere vorbeilaufen – zumindest gefühlt. Und da sind schon lustige Typen dabei. Bei einem habe ich mich gleich umgeschaut, ob eine RTL2-Kamera hinterherläuft – für eine neue Doku oder so. Kann aber auch sein, dass er ein „Walking Act“ ist, also ein Gastkünstler, der witzige Sachen macht. Vielleicht sieht er aber auch wirklich so aus … 😉

Im Übrigen scheint jemand, der mit einem Rechner in der AIDA Bar sitzt, auch irgendwie dafür prädestiniert zu sein, Ahnung von Netzwerktechnik zu haben. Zumindest bringe ich im Laufe dieser zwei Stunden fünf Mitreisende ins Internet. Dabei ist das doch eigentlich gar nicht so schwer: mit dem Schiffs-WLAN verbinden (macht der in der Regel eh automatisch), dann den Browser öffnen, „Internet-Zugang“ auswählen, Nachname, Kabinennummer und PIN aus den Reiseunterlagen eingeben – und fertig: „Bin ich schon drin?“ – „Ja!“

Parallel läuft auch noch eine Schiffsrally vom Kids-Club. Und da jemand, der mit einem Rechner in der AIDA Bar sitzt, … die Geschichte wiederholt sich. „Können Sie uns vielleicht bei ein paar Fragen helfen?“ Und so wissen wir jetzt, wie lang die AIDAcara ist (193,34 m), wie viele Kabinen sie hat (590), wie der Kapitän mit Vornamen heißt (Erik) und vieles mehr. Übrigens interessant, dass nur die Mädchengruppen gefragt haben – und das setzt sich dann ja auch im späteren Leben so fort … oder hat schon mal jemand gesehen, dass ein Mann nach dem Weg fragt? Never ever …

Inzwischen ist es übrigens wieder mal Essenszeit. Und da heute im Marktrestaurant „Alpenländer Küche“ angesagt ist, stehe ich dort auch um kurz nach 18.00 Uhr auf der Matte. Und neben „Griechenland“ ist das ja auch mein Lieblingsthema … Zunächst eine Brez’n mit Obatzda, dann zwei Weißwürstchen, danach einen Schweizer Wurstsalat und zum Hauptgang dann eine Scheibe Krustenbraten mit Semmelknödel und ein kleines Wiener Schnitzel. Der Apfelstrudel zum Dessert geht dann schon nur noch mit viel Mühe rein – ist aber saugut.

Und eins nehme ich mir fest vor: morgen nutze ich den Seetag und gehe zum Sport. Versprochen.

Jetzt schleppe ich mich aber erst mal in die AIDA Bar und röchele etwas von Ramazotti. Bekomme ich dann auch – und mit ein bisschen Glück hilft der … Bis es soweit ist, kann ich ja noch ein bisschen über das Abendessen schreiben.

Zum Beispiel über das Paar an meinem Tisch. Die haben das mit den Achtertischen komplett falsch verstanden. Die Idee dahinter ist ja, dass man mit einander ins Gespräch kommt. Soviel zur Theorie. Hier die Praxis: „Und – haben Sie heute einen Ausflug gemacht?“ – „Nein.“ OK, neuer Versuch: „Sind sie schon öfter mit AIDA gefahren?“ – „Ja.“ Und weder bei dem „Ja“ noch bei dem „Nein“ hat einer von beiden aufgeguckt.

Das ist dann einer der Abende, wo man das Dessert dann doch eher an einem anderen Tisch isst …

Immer wieder interessant sind dann auch die „Museumsbesucher“. So nenne ich die, die am Buffet immer „erst mal gucken“ wollen. Dagegen ist ja gar nichts zu sagen – wenn die da nur nicht immer im Weg stehen würden. Und dann mittendrin feststellen, dass ihnen das, was sie da sehen, gefällt. Dann stehen sie erst mittendrin im Weg, müssen sich dann einen Teller besorgen (konnte man ja auch nicht ahnen, dass man einen gebrauchen könnte) und drängeln sich danach wieder an die Stelle, wo sie zuletzt geguckt haben. Oh Mann … am besten sollten die Restaurants zukünftig fünf Minuten früher öffnen – nur zum Gucken …

Es ist jetzt kurz vor Acht und es wird voll in der AIDA Bar. Oder anders gesagt: es gibt keinen freien Platz mehr. Hab‘ ich was verpasst? Also mal schnell in die AIDA Heute geguckt – und siehe da, von 20.00 Uhr bis 21.00 Uhr ist die Happy Hour. Zwei Cocktails zum Preis von einem. Und da fährt der Deutsche ja drauf ab: da kann man was sparen – und so werden jetzt überall die Doppelpacks ausgeliefert (ich bekomme auch gerade zwei Splash hingestellt) 😉

Besser ist dann nur noch das „Premium Alles Inklusive“ auf Mein Schiff – da ist immer Happy Hour, nur dass ich da noch nicht mal den ersten Cocktail bezahlen muss. Und während ich da anfangs ja Bedenken hatte, dass der eine oder andere Gast damit nicht klar kommt (im Sinne von mehr trinkt als der Körper verträgt), kann ich nach der Woche an Bord nur sagen, dass das einfach nur entspannend ist. Ich hatte nicht den Eindruck, dass da mehr getrunken wurde als hier – es war einfach nur entspannender, da man nicht ständig die Bordkarte zücken muss … Klar, das ist ein anderes Konzept als auf AIDA – aber gut finden, darf ich das ja wohl trotzdem …

Und dann ergibt sich auch noch ein Kontakt zu einer Mitreisenden – sie hat mein MacBook gesehen und Hoffnung geschöpft. Sie hat nämlich ihr Ladekabel zu Hause vergessen – und damit jetzt ein Problem. Aber das lässt sich ja lösen – ich habe ein Ersatzkabel dabei (für alle Fälle, man weiß ja nie, was so passiert) – und von daher hat sie in einer Stunde wieder Strom im Akku …

Von daher: die gute Tat ist vollbracht, die Splash sind getrunken, die Happy Hour ist vorbei und der Tag soweit im MacBook. Zeit für einen Ortswechsel – in die Kabine. Die Soul-Solodarbietung im Theater ist nicht ganz so mein Fall und auch Karaoke in der Lambada Bar will ich niemandem antun – und so gibt es heute nochmal einen gemütlichen Leseabend …

Natürlich nicht, ohne vor dem Einschlafen die Uhr erneut eine Stunde zurück gestellt zu haben – sonst bin ich morgen zu früh beim Frühstück. Und da wir morgen ja erneut einen Seetag haben, gibt es dafür ja nun gar keinen Grund … stehen danach doch drei Tage Island am Stück an – das wird dann anstrengend genug, zumal ich an allen Tagen Ganztagesausflüge gebucht habe. Da tut morgen ein Tag Ausspannen noch mal richtig gut.

Und so wünsche ich jetzt erst mal eine gute Nacht …

Weiter mit Tag 4: Seetag – auf dem Weg nach Island