Und genau so kommt es dann auch – pünktlich zum Sonnenaufgang um kurz nach drei wache ich auf. Die innere Uhr scheint also wieder gestellt zu sein. Und das ist gut so – zeigt der Blick aus dem Fenster doch, dass es sich lohnt, mal kurz in T-Shirt und Short zu schlüpfen und vor die Tür zu gehen. Kombinieren sich doch Wolken und Sonne gerade zu einem schönen Fotomotiv. Aber zugegebenermaßen nur kurz – so richtig warm ist es aktuell ja noch nicht da draußen …

Also zurück ins Bett und noch ein paar Stündchen geschlafen, bis wir so gegen 8.00 Uhr in Gravdal auf den Lofoten ankommen. Eigentlich sollten wir hier vor Anker gehen und auf Reede liegen – warum auch immer steuern wir aktuell aber auf die Pier zu und legen parallel zur Le Boréal, einer Kreuzfahrtyacht (so nenne ich das 250-Personen-Schiff einfach mal) der französischen Reederei Ponant an. Kein Zweifel – heute wird nicht getendert.

Aber des Rätsels Lösung kommt umgehend: ich höre, dass unser Kapitän uns mit einer Durchsage begrüßt, schalte den Fernseher schnell auf Kanal 14 (da dort die Durchsagen übertragen werden, die man ansonsten auf der Kabine nicht hört) und bekomme gerade noch mit, dass wir heute – im Gegensatz zu den vergangenen Reisen – nicht tendern würden, da die See ruhig genug wäre, so dass wir direkt an die Pier fahren konnten.

Da scheinen wir mit unserem Reisetermin ja echt Glück gehabt zu haben. Bislang sind wir von jedwedem Seegang mehr oder weniger verschont geblieben, während die Passagiere auf unserer Vorgängertour den Berichten der Besatzung zufolge wohl kaum einen Tag ohne solchen verbracht haben und froh um jeden noch so kurzen Hafenaufenthalt waren, da das für einige wohl die einzige Möglichkeit der Nahrungsaufnahme war. OK, ist sicherlich ein bisschen übertrieben und mit Seemannsgarn vermischt – aber so ein bisschen Wahrheit muss, auch den Berichten in einschlägigen Foren folgend, durchaus dran sein.

Aber wie auch immer – gegen 9.00 Uhr haben wir an der Pier festgemacht und das Schiff wird zum Landgang freigegeben. Wobei mir ein kurzer Blick von Deck 6 schon zeigt, dass das in der Tat maximal ein kurzer LandGANG wird – denn in der Tat gibt es hier offensichtlich nichts. Ein kleiner Hügel neben der Pier bietet evtl. ein bisschen Aussicht auf die Natur – und das ist es dann auch gewesen. So etwas wie eine Stadt gibt es hier nicht – lediglich ein kleines Souvenirlädchen ist zu finden.

Und natürlich das Personal der Autovermietungen, die die Fahrzeuge für diejenigen anliefern, die sich im Vorfeld im Internet einen Mietwagen bestellt haben. Und das ist – wie sich später im Gespräch bestätigen wird – wohl eine sehr gute Alternative zu den AIDA-Ausflügen. Die Lofoten haben landschaftlich so viel zu bieten, dass Gravdal maximal der Ausgangspunkt für weitergehende Erkundungen sein kann. Und von daher kann der Tipp für nachfolgende Reisende nur sein, entweder einen der AIDA-Ausflüge zu buchen (und zwar am besten schon zu Hause über MyAIDA, da auf dem Schiff die wenigen Restplätze – wenn es denn überhaupt welche gibt – sehr schnell weg sind) oder sich alternativ einen Mietwagen zu ordern, der dann die notwendige Mobilität herstellt.

Die einzige Möglichkeit hier vor Ort wäre jetzt nur ein Shuttlebus, der alle 30 Minuten für 10 € nach Laknes fährt – dort gibt es dann wohl noch zwei, drei Geschäfte mehr … aber auch das hilft ja nicht wirklich weiter. Und so kann die Entscheidung für mich nur sein, in der Tat heute einen weiteren „Seetag“ einzulegen – und mich für das nächste Mal besser vorzubereiten. Der Plan, nach der Ausflugspräsentation eine Entscheidung zu treffen, ist hier definitiv der falsche gewesen.

Also beginne ich den Tag zunächst mal mit einem gemütlichen Frühstück. Und heute mal wieder im Rossini – ich bin ja nicht wirklich im Stress. Wobei ich bei direkter Abwägung für mich mehr und mehr zu dem Schluss komme, dass das Frühstück im Marktrestaurant mehr als eine Alternative darstellt. OK, die Bedienung am Tisch fehlt ebenso wie eine Latte – dafür ist die Auswahl natürlich bedeutend größer. Von daher bin ich froh, dass mir die Alternative des Frühstücks im Rossini zur Verfügung steht – es aber zum Glück kein „Muss“ ist.

Nach dem Frühstück ist es dann Zeit für den Landgang … ich gehe also mal kurz vom Schiff und werde gleich mit einem mit Maschinenpistole (oder ist es ein Maschinengewehr? Keine Ahnung.) bewaffneten Polizisten konfrontiert. Hoppla, auf was passt der denn auf? Hier gibt’s doch nicht nur nichts sondern eher gar nichts … Hm, muss ich nachher auf dem Schiff mal hinterfragen. Obwohl, passt ja eigentlich zu den Hinweisen in der AIDA Heute, dass in Norwegen aktuell mit terroristischen Anschlägen zu rechnen wäre – anscheinend ist da was in der Weltpolitik an mir vorbei gegangen …

Trotz allem verlasse ich das Hafengelände und erklimme den Hügel nebenan. Und habe von hier immerhin einen Blick auf die umliegende Landschaft, die ich dann auch fotografisch festhalte. Aber auch die erhöhte Aussicht ergibt keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Möglichkeiten. Lediglich der Himmel gibt Anlass zur Hoffnung – immer mehr verziehen sich die Wolken und lassen blaue Farbtupfer durchschimmern. Von daher wird das dann ja zumindest noch der erwartete Sonnentag.

Ich gehe also zurück an Bord und schaue mal bei der Rezeption vorbei. Mal sehen, ob hier einer mehr weiß zum Thema „Anschlagsgefahr in Norwegen“. Und siehe da – man weiß mehr. Allerdings nicht das gleiche … Während die eine Rezeptionistin das Ganze auf den seinerzeitigen Amoklauf auf der Insel mit dem Feriendorf zurückführt („Seit dem sind die Norweger extrem vorsichtig.“) weiß ihre Kollegin, dass es aktuell wohl zur Abweisung syrischer Flüchtlinge gekommen ist und man danach entsprechende Terrordrohungen erhalten habe.

Ah, jetzt ja. Oder – wie auch immer. Mit AIDA werden die sicher nicht anreisen … von daher entspanne ich mich (War ich eigentlich angespannt? Oder ist das inzwischen nicht – leider – schon Routine überall auf der Welt?) und gehe in die AIDA Bar. Hier nehme ich meinen Stammplatz ein, trinke einen Cappu und nutze die Gelegenheit, dass ich mal wieder das norwegische Internet nutzen kann.

Wobei das nur von kurzer Dauer ist. Relativ schnell ist meine Verbindung unterbrochen. Oder anders: die Verbindung ist noch da, nur der Datentransfer ist unterbrochen. Das ist jetzt natürlich ärgerlich … gerade heute kann ich das ja nun gar nicht gebrauchen.

Ich nutze also die Alternativverbindung über einen DayPass der Telekom, um den 24/7-Support meines Providers KeepGo zu nutzen. Die bieten u.a. einen Onlinechat an, was natürlich die billigste und schnellste Lösung sein dürfte, um mein Problem zu schildern und – hoffentlich – abstellen zu lassen.

Und das klappt sogar richtig gut … nach den anfänglichen (wohl nicht zu vermeidenden Tests), ob ich meine Hardware richtig konfiguriert habe, mein Browser aktuell ist und ähnlicher (in meinem Fall überflüssiger) Tests mehr kommen wir zum Punkt – es muss am norwegischen Roamingpartner liegen. Und siehe da – daran liegt es auch. Mein Tageslimit von 500 MB wäre verbraucht. Was nach wenigen Minuten selbst mit HSDPA eher unwahrscheinlich ist.

Und doch scheint es so zu sein: mein Router hat wohl, da er eingeschaltet an der Steckdose hing, seit heute morgen um kurz nach 4.00 Uhr im Sekundentakt Verbindungen ins Internet auf- und wieder abgebaut – und die wurden jeweils mit einem halben Megabyte berechnet. Und so sind die 500 MB – praktisch ohne wirklichen Datentransfer – nach 1.000 dieser Pseudoverbindungen verbraucht gewesen. Gut zu wissen … und Notiz für mich selbst: Router nur bei Bedarf, guter Netzabdeckung und wirklicher Nutzung einschalten.

Und noch etwas ist gut: KeepGo hat meinen Zugang – trotz erreichtem Limit – wieder freischalten lassen, so dass ich jetzt da weitermachen kann, wo ich vorhin aufgehört habe. Das nenne ich mal einen tollen Service!

Das zeitlich inzwischen anstehende Mittagessen lasse ich auch heute wieder ausfallen sondern nutze stattdessen die freie Zeit jetzt in der Tat lieber für das erhoffte Sonnenbad. Der Himmel ist jetzt fast durchgängig blau, die Sonne scheint ungehindert mit rund 17°C und bei nur leichtem Wind kann man sich heute erstmals auf dieser Reise auch für längere Zeit auf das FKK-Deck legen. Und das auch, ohne von frierenden Mitreisenden schief angeguckt zu werden … 😉

Und auch heute bin ich nicht allein hier oben sondern teile die Fläche mit mehreren Mitreisenden – scheint also von daher nicht nur mir so zu gehen, dass heute der Sommer ausgerufen wird.

Ab 15.30 Uhr gesellen sich dann übrigens noch deutlich mehr Lebewesen zu uns: die umherfliegenden Möwen haben offensichtlich entdeckt, dass auf dem Deck unter uns die Kaffee- und Kuchenzeit begonnen hat – und das führt wie seinerzeit schon in Lerwick zu regem Flug-, Gleit- und Landebetrieb auf Deck 9 und 10. Und da kommt sie dann auch gleich wieder auf – die Erinnerung an „Die Vögel“ von Hitchcock.

Und obwohl ich mich hier oben normalerweise mit meiner Kamera zurückhalte, muss ich das rege Treiben dann heute doch mal im Bild festhalten. Glücklicherweise haben die um mich herum Liegenden nichts dagegen und so entsteht das eine oder andere nette Bild der überhaupt nicht scheuen Tiere.

Gegen 17.00 Uhr ziehen dann die ersten vorwitzigen Wolken vor die Sonne – und abrupt wird es auch deutlich frischer. Von daher passt es zeitlich gut, in den 5-nach-5-Aufguss zu wechseln, danach noch mal kurz die Abkühlung zu suchen und sich dann auf den Weg in Richtung des Abendessens zu machen.

Hier gibt es heute (erneut) „Bella Italia“ – da Italien ja aber nicht nur Pasta kennt, lassen sich durchaus noch andere leckere Alternativen finden. Und mit dem richtigen Pep Knoblauch schmeckt dann sogar eine Spinatsuppe richtig gut. Wobei – so ganz ohne Nudeln geht es dann doch nicht: so ein paar „Spaghetti aglio e olio“ müssen es dann doch sein. Zumal die mit etwas Chili aufgewertet werden – und damit so machen Mitreisenden vor eine echte Herausforderung stellen.

Und nachdem ich beim Abendessen heute mal wieder mit richtig netten Leuten zusammensitze, zieht sich das Ganze dann auch bis kurz vor den heutigen Theatertermin – den zweiten Auftritt unseres Gastkünstlers Thomas Nicolei. Und da er während des Essens mit seiner Familie am Nebentisch gesessen hat, haben wir ihm natürlich auch gleich versprochen, zu seiner Show zu kommen – was wir jetzt dann auch gern tun.

Und die heute gefällt mir richtig gut. Während bei der letzten ja der eine oder andere Witz aus dem letzten Jahrtausend dabei war, ist das Ganze heute frischer und aktueller. Und beinhaltet viele Parodien anderer Künstler … und die sind richtig gut. Von daher bin ich froh, hier gewesen zu sein – und mich erst danach wieder in der Kabine meinem Buch zu widmen.

Gegen Mitternacht ist dann heute erstmals seit einer guten Woche auch mal wieder so etwas wie Dunkelheit zu erkennen – naja, zumindest merkt man, dass die Sonne hinter dem Horizont tatsächlich verschwunden ist. Und auch erst gegen 4.00 Uhr wieder zum Vorschein kommen wird …

Mit dieser Erkenntnis verschwinde ich dann auch unter meiner Bettdecke – und schaue mal, wann ich wieder zum Vorschein kommen werde …

Weiter mit Tag 15: Seetag – auf dem Weg nach Bergen