Jo, was soll ich sagen … mir geht’s gut. Die geplante Heilungsfrist von 48 Stunden scheint ausgereicht zu haben, zumindest hatte ich heute Nacht keinerlei Probleme. Damit steht die Entscheidung: der Ausflug nach Jerusalem wird gemacht.

Zuvor stehen allerdings noch das Frühstück und der „Face-Check“ der israelischen Behörden auf der Agenda. Der Face-Check ist nach Decks aufgeteilt; der für Deck 8 ist um 8.50 Uhr angesetzt. Bleibt also noch genug Zeit, ein bisschen „ARD Morgenmagazin“ zu gucken … dummerweise ist die dort eingeblendete Uhr aber auf deutsche Zeit eingestellt – was mir allerdings erst gegen 8.20 Uhr unserer Zeit auffällt.


Mist, das wirft die Planung ziemlich über den Haufen. Also rasch durchs Bad gesprungen (und trotzdem alles gemacht, was man da so macht) und dann raus aus der Kabine. Genau in dem Moment (es ist jetzt 8.40 Uhr) höre ich die Durchsage, dass Deck 8 zum „Face-Check“ gebeten wird – das ist just in time … 🙂

Ich mache mich also auf den Weg zur AIDA-Bar, in der das Prozedere generalstabsmäßig organisiert durchgezogen wird. Am Eingang wird geprüft, ob jeder seinen Reisepass und die Landgangskarte dabei hat, und dann geht es im Einbahnverkehr rechts durch die AIDA-Bar in die AIDA-Lounge. Dort werden wir bereits von etwa zehn Grenzbeamtinnen an Bistrotischen erwartet (es ist lediglich ein männlicher Beamter dabei und der sitzt in der Ecke an einem Tisch und trinkt Tee). Schnell verteilen sich die Passagiere an die Tische … meine zuständige Beamtin vergleicht das Foto (das immerhin auch schon sieben Jahre alt ist) mit meinem Gesicht, scheint eine angemessene Ähnlichkeit zu erkennen, blättert durch den Pass (und sieht dabei natürlich die vielen arabischen Stempel) und drückt ihren Einreisestempel auf die Landgangskarte – das war’s. Das war ja in der Tat einfach – und so wie es aussieht, wird auch im Reisepass kein Stempel landen … dann muss ich den vielleicht doch noch nicht nach dem Urlaub erneuern. Naja, muss ich nächste Woche mal schauen, wie viele freie Seiten er noch hat und ob das für die Ostsee (inklusive Russland) im Sommer ausreicht.

Da unser Ausflug nach Jerusalem sich erst um 9.45 Uhr im Theatrium trifft, bleibt noch genügend Zeit für das Frühstück. Gerade hat auch das Bella Vista aufgemacht, so dass es dort vermutlich noch recht leer sein wird – ich mache mich also auf den Weg nach oben. Und siehe da, richtig vermutet. Während ich auf meinem Weg durch das Weite-Welt-Restaurant Menschenmassen begegne, ist oben nur vereinzelt ein Passagier zu sehen. Ich packe also meinen Teller voll und verschwinde mit einer Tasse Pfefferminztee (Kaffee will ich mir heute noch nicht antun) in den Außenbereich. Auch wenn es heute nur 23°C werden soll, ist es hier in der Sonne schon mollig warm – zusammen mit dem nur von leichten Wölkchen durchzogenen Himmel eine gute Basis für die Fahrt nach Jerusalem.

Nach ausgiebigem Frühstück gehe ich noch mal auf meine Kabine … ich muss da noch was ausprobieren. Um das leidige (und vor allem teure) Thema „Internet im Ausland“ zu lösen, habe ich mich mal bei abroadband.com, einer Tochtergesellschaft der Telekom Austria angemeldet. Diese bietet eine (Mikro)-SIM-Karte ohne Grundgebühr an, mit der man in rund fünfzig Ländern weltweit Datendienste im Internet nutzen kann – und zwar für 0,59 € je MB. Das scheint mir verlockend, weil das insbesondere auch da funktioniert, wo ich mit den Websessions von Vodafone nicht weiterkomme und es zeitlich nicht begrenzt ist … also so etwas wie Chatten damit erstmals im Ausland möglich wird (hier kommen nämlich lange Verbindungszeiten und sehr wenig Datentraffic zusammen). Und auch der schnelle Check der E-Mails am Morgen ist damit günstig erledigt.

Also wechsele ich die Vodafone-SIM meines iPad gegen die von abroadband.com, stelle den Regler auf „Daten-Roaming“ und siehe da: ich bin drin. Drin im 3G-Netz von „Orange Israel“, einem der Partner von abroadband.com. Ich rufe meine Mails ab, beantworte die eine oder andere, schaue mal schnell in Facebook vorbei und date mich noch kurz über die Situation beim OFC ab. Etwa 15 Minuten bin ich online und verbraucht habe ich (den Online-Check habe ich auch noch gemacht) noch nicht einmal 2 MB – also noch nicht mal einen Euro. Sehr sauber! Dafür wird es jetzt aber Zeit … Zeit für meinen Ausflug. Ich schließe meine Technik im Kabinensafe ein und mache mich auf den Weg ins Theatrium – so wie mehr als tausend andere Passagiere auch. Vor dem Bus warten insgesamt 35 Busse auf Ausflugsgäste, davon weit mehr als zwanzig für „HAI 01 – Jerusalem“. Von daher wird heute auch auf die Anwesenheitskontrolle verzichtet, so dass die Ausflugsgäste in Etappen zum Ausgang auf Deck 3 geleitet werden können. Unterwegs staut sich das natürlich noch etwas, da zum einen am Ausgang stichprobenartig das Handgepäck kontrolliert wird und zum anderen nochmals eine Passkontrolle erfolgt (geht auch das passende Gesicht zum Reisepass nach draußen?).

Nichtsdestotrotz lande ich kurz darauf in Bus 6, wo wir kurz darauf von Dario, unserem israelischen Reiseleiter begrüßt werden. Dario spricht praktisch akzentfrei Deutsch, da er zweisprachig aufgewachsen ist. Seine Eltern, deutsche Juden, mussten 1933 bzw. 1939 vor dem Holocaust aus Deutschland nach Israel fliehen, wo sie sich später kennengerlernt haben. Während unserer gut zweistündigen Fahrt über Tel Aviv nach Jerusalem erfahren wir von Dario viel über die Geschichte Israels, aber noch mehr über das heutige Leben hier. Und wir sind überrascht: bei dem Blick aus dem Fenster offenbart sich Israel als modernes Land mit viel Grün – zumindest in dem von uns besuchten Teil ist nicht viel von Wüstenlandschaft zu sehen.

Unser erstes Ziel in Israel ist der Ölberg. Da unser Ausflug den Untertitel „Das Land der drei Religionen“ trägt, ist natürlich der gesamte Tag von biblischen Orten geprägt – aber etwas anderes würde man in Jerusalem auch nicht erwarten. Auch wenn hier ein ziemliches Gedrängel herrscht (und neben den tausend AIDA-Touristen gibt es ja auch noch andere Touristen), haben wir einen tollen Ausblick auf die Stadt, angereichert mit ausführlichen Erläuterungen durch Dario. Besonderes Schmankerl: er hat von allen wesentlichen Punkten Fotos dabei, wie sich das heute darstellt und – mit bunten Folien überdeckt – wie man sich das vor 2.000 Jahren hätte vorstellen müssen – das hilft in der Tat beim Verständnis.

Inzwischen ist es Mittag geworden, so dass wir zu einer Art Restaurant fahren. Im Gegensatz zum Steigenberger Hotel in Luxor passen hier aber höchstens 200 Personen rein, so dass die Anfahrt in eine Stadtrundfahrt eingebettet ist und die Ankunft am Restaurant je nach Bus zu verschiedenen Zeiten erfolgt. Damit ist sichergestellt, dass nie mehr als vier Busse gleichzeitig im Restaurant sind – sehr pfiffig. Und: „zufällig“ gibt es genau auf der Straßenseite gegenüber einen Souvenirshop, der entsprechend frequentiert wird – zumal der Hinweis im Bus nicht fehlte, dass dies die einzige Gelegenheit für den Souvenireinkauf sei, da später in der Altstadt die Zeit hierfür nicht ausreiche (was rückblickend dann allerdings auch gestimmt hat).

Ich kombiniere also das Mittagessen (etwas zurückhaltend) am kalt-warmen Buffet mit dem obligatorischen Tellerkauf im Souvenirshop bevor es dann weiter geht in Richtung der Jerusalemer Altstadt. Am Jaffa Tor werden wir ausgeladen, verbunden mit dem Hinweis, dass wir uns hier um 16.00 Uhr wieder treffen, falls wir uns verlieren sollten.

Von hier aus geht es nun zu Fuß durch die Altstadt. Unser Reiseleiter legt ein ziemliches Tempo vor – und so sollte es auch bleiben. Wir rennen praktisch von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit (was insbesondere den älteren Herrschaften, von denen wir nicht wenige dabei haben) durchaus zu schaffen macht (insbesondere wenn man das mit den bequemen Schuhen bei den Ausflugshinweisen mal wieder nicht ernst genommen hat). Hilft aber nichts – Jerusalem in drei Stunden ist nun mal anders nicht zu schaffen. Zumal sich Dario Mühe gibt, uns an allen wichtigen Orten mit vielen Informationen zu versorgen und alle Fragen zu beantworten.

Und auch für mich, der nur eingeschränkt bibelfest ist und auch sonst mit Religion, Kirche und Glauben eher wenig zu tun hat, ist das ein absolut spannender und erlebnisreicher Tag. Neben den vielen biblischen und historischen Stätten, die wir zu sehen bekommen (Leidensweg Via Dolores, Grabeskirche, Klagemauer, …) bin ich überrascht und begeistert, wie verschiedene Religionen hier auf engstem Raum problemlos zusammenleben. Egal ob Juden, Christen oder Moslems – hier scheint das keine Probleme zu machen. Hier stehen Kirchen direkt neben Moscheen und Synagogen … wenn ich da sehe, was bei uns los ist, wenn irgendwo eine Moschee gebaut werden soll – das ist für mich nicht verständlich, zumal das eine das andere ja nicht ausschließen muss. Ich habe Dario mal gefragt: in Jerusalem gibt es mehr als 1.000 Syna¬gogen, zwischen 160 und 180 Kirchen und über 70 Moscheen …

Und dann ist es doch passiert: bei unserem Stopp an der Klagemauer haben wir wohl zwei Paare verloren. Nach umfangreicher Mobilfunkkommunikation (die Paare haben sich auf dem Schiff gemeldet, von dort hat man über die Scouts die Gruppe und die Handynummer von Dario ausfindig gemacht) haben wir uns dann an der Grabeskirche wieder gefunden – die Handyrechnung möchte ich nicht haben (die Nummer des Schiffs beginnt immerhin mit 00870 …) 😉

Unser Weg führt uns durch die verschiedenen Viertel Jerusalems zur Klagemauer, durch einen arabischen Basar, die Via Dolores (ein Stück des Leidenswegs entlang) bis zur Grabeskirche – wobei wir zwischendurch immer wieder Erläuterungen zum Gesehenen erhalten.

Den Abschluss findet der Tag dann wieder am Jaffa Tor (allerdings ist es dann doch 17.15 Uhr geworden), wo unser Bus auf uns wartet. Zuvor gibt es aber noch die Möglichkeit für einen Toilettenbesuch – und der überrascht mich dann auch noch mal. Obwohl es sich um eine öffentliche Toilette handelt, ist diese blitzblank. Die Toiletten sind sauber, es gibt Toilettenpapier, warmes Wasser, Seife, Händetrockner und Papierhandtücher. Und gleiches habe ich heute Morgen am Ölberg (Ihr erinnert Euch – das ist da, wo tausende von Touristen aus den Bussen steigen und als erstes die Toiletten besuchen) bereits erlebt. Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit – zumal die Benutzung noch nicht einmal Geld kostet. Ich habe daraufhin Dario angesprochen und ihn gefragt, wie das möglich ist. Seine Antwort war kurz – aber vielsagend: „Das ist ja wohl das Mindeste, dass man seinen Gästen saubere Toiletten anbietet.“ Vielleicht sollten wir in Deutschland das Kapitel „Gastfreundschaft“ dann auch noch mal überdenken …

Hierzu passt übrigens auch, dass wir von den Einheimischen sowohl in Ägypten als auch hier in Israel immer sehr freundlich aufgenommen wurden. Egal ob wir mit dem Bus unterwegs sind oder mit der Diva durch den Suezkanal an Soldaten vorbeigefahren sind: immer wurde gewunken, gelächelt … man hat einfach gespürt, dass man sich freut, uns zu sehen. So richtig weiß ich eigentlich gar nicht, womit wir das verdient haben … Ich stelle mir dabei immer vor, wenn ein Bus voller Japaner durch die Frankfurter Innenstadt fährt … ich habe da noch nie gewunken (und auch sonst keinen gesehen, der das gemacht hat) – vielleicht sollte ich einfach mal damit anfangen …

Aber zurück zu unserem Ausflug: wir haben jetzt noch rund zwei Stunden Busfahrt vor uns bis wir die Diva wieder erreichen. Und da der Tag anstrengend genug gewesen ist, stöpsele ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und übertöne die israelischen Schlager, die Dario über die Buslautsprecher zu Gehör bringt, mit meiner eigenen Musik.

Zwischendurch fahren wir mit unserem Bus auch an verschiedenen besetzten Gebieten vorbei – das hat dann noch mal ein bisschen was von „DDR-Feeling“: Mauern, Zäune, Stacheldraht, Wachtürme und Fahrzeugkontrollen … aber auch das gehört wohl zu Israel.

Am Schiff werden wir schon zurück erwartet: unser Bus ist der letzte, so dass nur noch wir am Auslaufen hindern. Aber trotz allem klappt alles wie am Schnürchen, so dass wir pünktlich um 20.00 Uhr Haifa verlassen können. Ich sitze derweil im Marktrestaurant beim Abendessen – so langsam macht sich der Hunger bemerkbar.

Die Idee haben die anderen Ausflügler allerdings auch – und heute ist es daher richtig voll … selbst die notorischen „Zu-zweit-einen-Vierertisch-Besetzer“ („Tut uns leid, da ist besetzt“), haben heute keine Chance und müssen mit anderen Menschen gemeinsam dinieren – dem einen oder anderen sieht man das Leiden richtig an … 😉 Die meisten mögen das ja aber sowieso – und von daher ist das alles halb so schlimm …

Ich genehmige mir anschließend noch einen Ramazotti an der Ocean Bar und blicke auf die beleuchtete Kulisse von Haifa zurück … das ist ein toller Tag gewesen und ich freue mich schon nächstes Jahr auf Eilat bei meiner Rundreise im Roten Meer. Ich bin gespannt, was der Süden Israels zu bieten hat …

Den Abend schließe ich dann im Theatrium mit der dritten Show unseres Gastkünstlers Don Clarke ab. Hier treffe ich auch auf Paulo und seine Familie, die mich in den vergangenen Tagen bereits vermisst hatte – naja, wenn man sich sonst mindestens zwei Mal am Tag in der Sauna trifft … 😉

Zurück auf der Kabine finde ich dann (erwartungsgemäß) den finalen Hinweis – es geht wieder nach Hause. 🙁 An der Kabinentür hängen die Abreiseinformationen. Mein Transferbus geht um 7.45 Uhr – wird also eine kurze Nacht übermorgen. Aber immer noch besser als den ganzen Tag noch hierzubleiben und dann erst spät abends in Stuttgart anzukommen … dann lieber um 13.30 Uhr in Frankfurt landen.

Ich packe daher noch schnell meinen Wäschebeutel zusammen und bringe den an die Rezeption – da bin ich durchaus etwas faul und lasse Hosen und Hemden hier noch für 15 € waschen und bügeln … zu Hause kommen die Sachen dann gerade wieder in den Schrank und das war’s dann …

Tja, und damit geht ein ereignisreicher Tag zu Ende … und ich kann nur sagen: Israel ist eine Reise wert – oder auch zwei oder drei …